Lindsey Vonn holt erstes Gold

SID
Lindsey Vonn holte sich ihre erste Olympische Goldmedaille
© Getty

Debakel für Maria Riesch, Triumph für Lindsey Vonn: Während die Topfavoritin dem Druck trotz einer schmerzhaften Schienbeinverletzung standhielt und sich in der Abfahrt als erste Amerikanerin die Krone ihres Sports aufsetzte, versagten der deutschen Medaillenkandidatin bei ihrer Olympia-Premiere die Nerven.

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Riesch war über zwei Sekunden langsamer als Vonn und fuhr nur auf den enttäuschenden achten Rang. Nach ihrem Sieg bei der Generalprobe in St. Moritz hatte Riesch zum engsten Kreis der Favoritinnen gehört, doch sie verpasste das erste Edelmetall in der Abfahrt für den Deutschen Skiverband seit dem Olympiasieg von Katja Seizinger 1998 in Nagano klar.

Die deutschen Alpinen warten nun seit 17 olympischen Wettbewerben auf eine Medaille - seit Martina Ertl 2002 Kombi-Bronze gewann. Vonns Teamkollegin Julia Mancuso, vor vier Jahren in Turin noch Olympia-Siegerin im Riesenslalom, hatte eine starke Zeit vorgelegt, die nur von der Doppelweltmeisterin überboten wurde.

1: 44,19 Minuten dauerte Vonns Fahrt zu Gold, Mancuso hatte 0,56 Sekunden Rückstand. Dritte wurde die Österreicherin Elisabeth Görgl (1,46), Riesch lag nach einer fehlerbehafteten Fahrt 2,07 Sekunden zurück.

Rennen geprägt von Stürzen

"Es war ein harter Kampf, ich musste mich die Piste förmlich nach unten arbeiten. Die Sprünge gingen höher und weiter, als ich das erwartet hatte. Aber ich habe es es trotzdem geschafft. Das ist ein super gutes Gefühl", sagte Vonn.

Das Rennen war geprägt von einigen spektakulären Stürzen, die ersten Diagnosen zufolge aber ohne schwerere Verletzungen abliefen. Auch Vonn hatte zu kämpfen und rettete sich nur mit Mühe ins Ziel, wo sie laut jubelnd vor Freude zusammenbrach.

Nach ihr folgten noch die Mitfavoritinnen Anja Pärson (Schweden) und Riesch, doch keine kam mehr an die Traumfahrt der 25 Jahre alten Doppel-Weltmeisterin ran. Pärson war vor ihrem Sturz auf dem besten Wege, auf das Siegertreppchen zu fahren.

Sturz war 60 Meter lang

Als die Zuschauer im Ziel noch nach Luft rangen, maß das kanadische Fernsehen CTV nach: Bei rund 60 Metern war der unfreiwillige Flug von Pärson zu Ende - zum Vergleich: Bei Olympia 1988 in Calgary landete der britische Skispringer Eddie The Eagle Edwards bei seinem Sprung von der Großschanze nach 59 Metern.

Die schwedische Slalom-Olympiasiegerin von 2006 und Dreifach-Weltmeisterin von 2007 konnte sich aus eigener Kraft aufrichten, begab sich aber sofort ins Krankenhaus. "Das war das Schlimmste, was ich jemals erlebt habe", sagte Pärson, die von Siegerin Vonn nach ihrer Ankunft im Zielraum tröstend in den Arm genommen wurde.

"Anjas Körper grün und blau"

Schwedens Cheftrainer Ulf Emilsson berichtete nach der ersten Untersuchung: "Anjas ganzer Körper ist grün und blau, sie hat große Schmerzen, aber es ist nichts gebrochen. Sie ist froh, dass sie noch gehen kann." Er sagte aber auch: "Ob sie nochmal starten kann, ist fraglich."

"Wenn man Anjas Crash sieht, ist es ein Wunder, dass sie überhaupt noch laufen kann. Sie ist glücklich, dass sie überlebt hat", sagte Emilsson. Nur Glück, Geschick und Routine habe Pärson vor Schlimmerem bewahrt, sagte der behandelnde Arzt Per Liljeholm.

Auch die Schweizerin Dominique Gisin, die ebenfalls beim Hot Air zu Fall kam, blieb unverletzt. "Mir geht es gut", sagte sie in Tränen aufgelöst. Größeres Pech hatte die Rumänin Edith Miklos, die weiter oben stürzte und sich schwer am Knie verletzte. Dabei hatte die Rennleitung um Atle Skaardal vor dem Rennen auf die Kritik einiger Trainer reagiert und den Zielsprung abgetragen.

DSV-Coach wollte Sprung entschärfen

Der deutsche Frauen-Cheftrainer Mathias Berthold hatte zuvor vergeblich die Entschärfung des Sprunges gefordert ("Der Zielsprung ist zu mächtig. Da müssen wir nochmal reden, da gehen die Sprünge zu weit").

Die Slapstick-Einlage des Tages beruhte jedoch auf Eigenverschulden: Die Französin Marion Rolland kippte nach wenigen Metern einfach um.

Vonn, die mit Schmerzmitteln fuhr, profitierte auch von den wetterbedingten Verschiebungen der letzten Tage, die ihr Ruhe für ihr Bein verschafften. Eigentlich sollte mit der Super-Kombination bereits am Sonntag der erste Wettbewerb stattfinden, der alpine Zweikampf wird jetzt aber erst am Donnerstag (18.30 Ortszeit/21.30 Uhr MEZ) gefahren.

Riesch hat dort dann die Chance zur Revanche. Aufgrund des widrigen Wetters konnten die Frauen im Vorfeld auch nur ein Training absolvieren, das zudem getrennt in zwei Teilen gefahren wurde. "Das war das bestmögliche Szenario, das ich mir für mein Schienbein vorstellen konnte", sagte Vonn dazu.

Riesch nach Platz 8 enttäuscht

Riesch fand es "sehr schade", dass sie das Gelände nicht genauer studieren durfte. Deshalb orakelte sie: "Lindsey ist und bleibt die Topfavoritin.´ Schon im einzigen Training hatte Vonn die Bestzeit vorgelegt, obwohl sie danach klagte: "Das ist die unruhigste Strecke, die ich je gefahren bin. Das ist nicht gut für mein Bein."

Zum Rennen hin präsentierte sich der Franz´s Run in etwas besserer Verfassung, und auch die Sonne kam endlich raus."Es ist für alle gleich, aber eine spezielle Situation wegen des komischen Trainings. Ich bin trotzdem locker, weil ich weiß, dass ich Lindsey auch schlagen kann", sagte Riesch vor der Abfahrt. Sie täuschte sich - zumindest diesmal. Bereits bei den olympischen Testwettbewerben 2008 hatte Riesch die Abfahrt verpatzt, damals schied sie aus. Zwei Tage später kam sie jedoch mit dem Sieg in der Super-Kombination zurück.

Riesch und Co. kämpfen mit Piste