Tennis: Novak Djokovic positiv auf COVID-19 getestet

SID
Der Tennis-Weltranglistenerste Novak Djokovic ist positiv auf das Corona-Virus getestet worden.
© imago images / Marko Dimic

Nach den verstörenden Bildern von der Adria-Tour ist es keine Überraschung mehr: Auch Novak Djokovic ist positiv auf das Coronavirus getestet worden.

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Die schriftliche Stellungnahme kam spät, und sie klang kleinlaut. Ganz und gar anders als die bunten Botschaften der Tage zuvor, die Novak Djokovic und seine Mitspieler von ihrer rauschenden Tennisparty um die Welt geschickt hatten. Doch der neuen Wirklichkeit kann auch der Branchenprimus aus Serbien nicht entfliehen, auch sein Coronatest fiel positiv aus. Dabei hatte sich Djokovic lange unangreifbar gefühlt.

Am Dienstagnachmittag verbreitete er eine Erkenntnis, die für viele staunende Beobachter der Adria-Tour wenig Neues beinhaltete. "Leider ist das Virus noch immer da. Das ist die neue Realität, wir lernen noch, sie zu bewältigen und mit ihr zu leben." Djokovic schrieb, ihm tue "jeder einzelne Fall extrem leid", er hoffe, dass keine Komplikationen auftreten "und alle gesund werden".

In einer verlängerten Botschaft in den Sozialen Medien am Dienstagabend fügte er an: "Es tut mir sehr leid, dass unser Turnier Schaden angerichtet hat. Wir lagen falsch, es war zu früh." Er habe in dem Glauben gehandelt, alle Gesundheitsprotokolle beachtet zu haben, die Lage in der Region sei stabil gewesen. Weiter kündigte Djokovic kurzfristige Unterstützung des Gesundheitssystems in Belgrad und Zadar an. Die Turnierserie werde nicht fortgesetzt.

Djokovic an Corona erkrankt: Kritik von Navratilova und Kyrgios

Der 17-malige Grand-Slam-Champion, der bis zum Abbruch der Tour im März kein einziges Match in dieser Saison verloren hatte, ist nach Grigor Dimitrow (Bulgarien), Borna Coric (Kroatien) und Viktor Troicki (Serbien) der vierte Spieler, der sich bei der Tingelei über den Balkan mit dem Coronavirus angesteckt hat. Zudem sind auch seine Frau Jelena, Troickis schwangere Frau Aleksandra und zwei Trainer infiziert. Die Liste könnte leicht länger werden.

Die neunmalige Wimbledon-Siegerin Martina Navratilova zeigte sich über den positiven Coronatest des Weltranglistenersten Djokovic bestürzt und stellte die Wiederaufnahme der Saison auf der Profitour nach diesem öffentlichkeitswirksamen Rückschlag infrage. "Igitt. Das ist nicht gut, und es ist ein Muster", twitterte die 63 Jahre alte Tennislegende: "Ich hoffe natürlich, dass Novak wieder gesund wird! Aber was nun, US Open? Roland Garros? Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns."

Der Australier Nick Kyrgios, ohnehin kein Freund des Djokers, schrieb auf Twitter: "Idiotische Entscheidung, diese 'Schaukämpfe' durchzuführen. Ich wünsche euch eine schnelle Genesung, Leute, aber sowas passiert, wenn man alle Richtlinien missachtet. DAS IST KEIN WITZ." Weiterhin schrieb er: "Kommt mir nicht mit Dingen, die ich getan habe und die 'verantwortungslos' oder 'dumm' waren - das schießt den Vogel ab."

Unterstützung für die Nummer eins gab es vom Franzosen Richard Gasquet. "Es ist nicht seine Schuld", sagte der Veteran am Montag zu L'Equipe: "Er hat den Leuten keine Waffe an den Kopf gehalten und 5.000 Zuschauer gefordert. Die Regierung hat diese 5.000 Menschen an einem Ort willkommen geheißen." Aber auch er musste zugeben: "Das war verrückt. Nirgendwo sonst auf der Welt hat es so viele Zuschauer gegeben."

Der frühere Wimbledon-Sieger Goran Ivanisevc, derzeit im Trainerteam des Djokers und Direktor des Events in Kroatien, sagte: "Im Nachhinein ist es immer einfach. Jetzt wissen es alle besser und attackieren Novak. Er wollte eine gute, humanitäre Sache auf die Beine stellen." Man habe sich in Serbien und Kroatien an die Empfehlungen der Regierungen gehalten.

Keine Rücksicht auf Corona: Djokovic, Zverev und Co. lassen Vorbildfunktion vermissen

In Belgrad und Zadar/Kroatien traten die Hauptdarsteller auf, als mache das Virus an den Landesgrenzen Halt. Beim Fußball, beim Basketball, auf den Rängen oder beim Striptease in einem stickigen Klub: Abstand hielt hier niemand, auch nicht zu den zahlreichen jugendlichen Fans. Das wurde bestens dokumentiert. Als würde Djokovic der Welt beweisen wollen, wie harmlos dieses Virus doch sei - und überhaupt: Wir haben alle Maßgaben der Regierungen befolgt, behauptete der 33-Jährige bei Eurosport.

Seiner Vorbildfunktion nicht mehr ganz so sicher war bereits Alexander Zverev, der nach seiner Rückkehr aus Zadar und einem negativen Test etwas zerknirscht mitteilte: "Ich möchte mich zutiefst bei allen entschuldigen, die ich möglicherweise einem Risiko ausgesetzt habe durch das Spielen dieser Tour." Woher diese plötzliche Einsicht kam, nachdem auch Zverev die Nähe unter den hochbezahlten Tennisstars genossen hatte, sagte er nicht.

Der Tennis-Weltranglistenerste Novak Djokovic ist positiv auf das Corona-Virus getestet worden.
© imago images / Marko Dimic
Der Tennis-Weltranglistenerste Novak Djokovic ist positiv auf das Corona-Virus getestet worden.

Verliert Djokovic seine Präsidentschaft im Spielerrat?

Womöglich waren es die prominenten Fälle um ihn herum, vielleicht war es auch die Kritik, die auf alle Teilnehmer einprasselte. Doppelspieler Bruno Soares, unter Präsident Djokovic Mitglied im Spielerrat, sprach bei GloboEsporte von einer "Horror-Show". Der Brasilianer warf der Truppe hochbezahlter Superstars vor, "enorm unverantwortlich und höchst unreif" gehandelt zu haben. Laut Jon Wertheim von Sports Illustrated könnte die misslungene Adria Tour Djokovic sogar seine Rolle als Präsident im Spielerrat der ATP kosten.

ATP-Präsident Andrea Gaudenzi verglich Djokovic, Zverev und Co. sogar mit sturen Bengeln. "Es ist ein bisschen so, als würde man seinen Kindern beibringen, immer mit Helm Fahrrad zu fahren. Zuerst sagen sie nein, nein, nein. Erst wenn sie vom Fahrrad fallen, tragen sie den Helm", sagte der Italiener der New York Times. Doch es ist anders als in diesem Bild: Die Tennisspieler, die Djokovic auf seiner Showreise um sich geschart hatte, pfiffen auf Regeln und Sicherheit, sie gefährdeten damit viele.

In Kroatien hinterlässt Djokovic nun zahlreiche Coronafälle und noch mehr Menschen, die in den kommenden Tagen sorgenvoll in Quarantäne ausharren müssen. Seine "philanthropische Idee" fiel durch den Realitätscheck. Djokovic selbst kündigte an, für 14 Tage in Isolation zu gehen.

 

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