Phelps schwächelt, Biedermann zuckt

SID
Paul Biedermann gewann das Halbfinale über 200 Meter Freistil
© Getty

Als Michael Phelps eine Sekunde nach ihm angeschlagen hatte, machte sich Paul Biedermann ein wenig Sorgen um den Schwimm-Superstar. "Ich glaube schon, dass er noch taktiert hat", sagte der Titelverteidiger nach dem WM-Halbfinale über 200 m Freistil und fügte an: "Ich hoffe es jedenfalls."

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Der Rekord-Olympiasieger aus den USA machte im Schwimmstadion "Krone" von Shanghai nicht den Eindruck, als könne er sich im Endlauf am Dienstag (12.00 Uhr MESZ) das vor zwei Jahren geraubte WM-Gold von Biedermann zurückholen. 98 Hundertselsekunden nach seinem deutschen Rivalen kam der 26-Jährige erst an - Platz fünf insgesamt. Die große Revanche für Rom scheint zu platzen.

"Ich muss mal sehen, ob ich noch einen Schritt nach vorn und hinten raus noch was draufpacken kann. Die letzten 50 m ging's ziemlich runter", sagte Phelps und schien von der Stärke der Konkurrenz überrascht: "Einige da vorne haben richtig Tempo, auch am Ende noch."

Zu viel Tempo für den achtfachen Olympiasieger von Peking. Biedermann schwamm nicht nur ihm davon, sondern fing am Ende in 1:45,93 Minuten auch noch den zweiten US-Star Ryan Lochte ab, der allerdings nicht voll durchzog. "Ich wollte schon vor ihm sein", sagte der 24-Jährige.

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Von der Besetzung ein Olympia-Finale

Einen Tag nachdem er seinen Titel über 400 m verloren, aber Bronze gewonnen hatte, wollte der deutsche Schwimm-Star aber noch nicht von einer weiteren WM-Medaille reden. "Von der Besetzung ist es das Olympia-Finale", sagte Biedermann, der nur langsamer als der französische 400-m-Europameister Yannick Agnel war.

"Es hat noch keiner gezuckt, um irgendwas zu zeigen", meinte er: "Ich habe ein bisschen gezuckt, aber auch noch nicht alles gezeigt."

Phelps, der sich nach Motivationsproblemen im vergangenen Jahr in Shanghai eigentlich mit neuem Schwung auf den Weg nach London zu Olympia 2012 machen wollte, ist längst noch nicht wieder der Alte. Nicht nur Biedermann und Lochte, auch Agnel und 400-m-Weltmeister Park Tae Hwan wirkten stärker als der Superstar.

Sauer war Phelps schon nach seinem verpatzten WM-Auftakt mit der Staffel gewesen. "Das stinkt mir", sagte er, nachdem dem Abonnementsieger über 4x100 m Freistil am Sonntagabend hinter Australien und Frankreich nur Bronze übrig geblieben war, "es ist hart, so die WM zu beginnen." Phelps hatte bei den letzten drei Weltmeisterschaften und bei Olympia 2008 mit der Sprintstaffel Gold gewonnen.

Phelps denkt an Karriereende

Der Weg zurück zu alter Stärke, den er in Shanghai beginnen wollte, scheint schwieriger als erwartet. "Ich habe so viele großartige Erinnerungen an China", hatte er mit Blick auf seine acht Triumphe in Peking gesagt, "ich hoffe, es kommen noch einige dazu." Sein Trainer Bob Bowman hatte die WM zum "Start für London" ausgerufen - den krönenden Abschluss einer einzigartigen Karriere.

"Es ist ein verrückter Gedanke, dass ich bald die Badehose an den Nagel hänge", sagte Phelps, "es fällt schwer, darüber nachzudenken. Aber ich habe ja noch ein Jahr." Aber wohl auch noch viel Arbeit.

Biedermann tröstet Steffen

Biedermann indes gab sich am Tag nach seinem Bronze-Rennen gut gelaunt. Im WM-Stadion fühlte er sich wie zu Hause. "Der DJ spielt ja Deutschland von den Prinzen, der mag uns wohl", meinte er nach dem Vorlauf grinsend.

Am Vorabend hatte er seiner Freundin Britta Steffen noch Trost spenden müssen. "Sie war dolle enttäuscht", sagte er, "aber das gehört auch mal dazu." Die Doppel-Olympiasiegerin war trotz Bronze mit der Freistil-Staffel sichtbar geschockt von ihrer schwachen Zeit von 54,51 Sekunden.

"Wir schauen jetzt auf ihre Einzelstarts", sagte Biedermann. Die Doppel-Titelverteidigung für die 27-Jährige beginnt am Donnerstag über 100 und am Samstag über 50 m.

Meeuw im Finale - Deibler nur Sechster

Vorher ist neben Biedermann noch Helge Meeuw dran. Er steht als Fünfter im Finale über 100 Meter Rücken. Sarah Poewe verpasste dagegen den Finaleinzug über 100 Meter Brust.

Steffen Deibler ist an einer Medaille vorbeigeschwommen. Der Hamburger kam im Finale über 50 m Schmetterling in 23,55 Sekunden auf den sechsten Platz. Den Titel gewann der umstrittene 50-m-Freistil-Olympiasieger Cesar Cielo (23,10), der mit einer theatralischen Tränenshow danach das Publikum verärgerte. Der Brasilianer durfte trotz Dopingbefunds starten. Silber und Bronze gingen an die Australier Matthew Targett (23,28) und Geoff Huegill (23,35).

Gold für Vollmer, Ye und Dale Oen

Die Amerikanerin Dana Vollmer hat Gold über 100 m Schmetterling gewonnen. Die Staffel-Olympiasiegerin von Athen siegte im Finale in 56,87 Sekunden vor der Australierin Alicia Coutts (56,94) und der Chinesin Lu Ying (57,06). Titelverteidigerin und Weltrekordlerin Sarah Sjöström (Schweden) verfehlte als Vierte das Podest. Die deutsche Meisterin Sina Sutter war im Vorlauf ausgeschieden.

Das erste Schwimmgold hat die 15-Jährige Ye Shiwen Gastgeber China beschert. Die Kurzbahn-Vizeweltmeisterin siegte über 200 m Lagen in 2:08,90 Minuten vor der Australierin Alicia Coutts (2:09,00), die kurz zuvor bereits Silber über 100 m Schmetterling gewonnen hatte, und Titelverteidigerin Ariana Kukors aus den USA (2:09,12).

Europameister Alexander Dale Oen hat sich die Goldmedaille über 100 m Brust geschnappt. Der Norweger ließ in 58,71 Sekunden den Italiener Fabio Scozzoli und den 50-m-Weltmeister Cameron van der Burgh hinter sich. Der Essener Hendrik Feldwehr war im Halbfinale, der deutsche Meister Christian vom Lehn (Wuppertal) bereits im Vorlauf ausgeschieden.

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