Am Ruhetag hatte er es den Journalisten in die Notizblöcke notiert - und er hielt Wort. "In den Alpen werden ich angreifen", sagte Alberto Contador am vergangenen Montag.
Wie schon am Dienstag nutzte Contador den letzten Berg des Tages, um seine Konkurrenten zu distanzieren. Diesmal waren die Schleck-Brüder allerdings vorgewarnt und hellwach, als der Spanier aus dem Sattel ging.Spanische Allianz im Flachstück
Erst in der tückischen Abfahrt, die Contador mit enorm viel Risiko anging, riss er ein Loch und setzte sich ab. Sogar Abfahrtsspezialist Sammy Sanchez konnte phasenweise dem Tempo seines Landsmannes nicht folgen.
Im Tal angekommen, fuhr Sanchez zu Contador auf - die spanische Allianz im Paarzeitfahren war geschlossen.
Doch auf dem Flachstück ins Ziel kämpften die Schleck-Brüder diesmal erfolgreich und stellten weniger Meter vor dem Ende den Kontakt wieder her. An ihrer Seite befanden sich auch Cadel Evans und Damiano Cunego.
Starke Attacke, aber kein Ertrag
Während in Gap der Punktsieg an Contador ging, trennten sich die Rivalen in Pinerolo mit einem Remis. Trotz der starken Aktion erntete Contador keine Früchte.
Die Schlecks hielten dagegen, auch wenn sie dem Spanier in der Abfahrt erneut nicht folgen konnten und einige Sekunden hinter ihm im Tal ankamen.
Eines ist jedoch klar: Contadors Rückstand im Klassement und der daraus resultierende Zwang zum Angriff sorgt für eine tolle Belebung der Tour.
Schlecks kritisieren Tour-Organisation
Andy Schleck, der am Dienstag der große Verlierer war, hatte bereits am Ruhetag große Bedenken vor der Abfahrt nach Pinerolo geäußert. "Ich kann die Tour-Organisation nicht verstehen, dass sie solch eine Zielankunft einbaut", sagte der 26-Jährige. "Das ist praktisch ein Fahrradweg in einem Waldgebiet."
Und er sollte recht behalten. Schmale, steil abfallende Straßen und verwirrende Schattenspiele machten den Fahrern das Leben schwer.
"Contador ist sehr schnell gefahren. Ich wollte nicht zu viel riskieren, denn es kommen noch wichtigere Tage. Ich bin froh, heil unten angekommen zu sein", so Schleck.
Auch sein Bruder Fränk nahm die tückische Anfahrt zum Anlass, den Organisatoren ins Gewissen zu reden: "Ich würde jetzt gerne gegen Alexander Winokurow und Jürgen van den Broeck fahren. Es geht nicht um gute oder schlechte Form, wir brechen uns hier die Knochen. Das ist falsch."
Voeckler ein Opfer der Abfahrt
Ein Opfer der schwierigen Abfahrt war Thomas Voeckler. Der Franzose riskierte viel, versteuerte sich mehrfach und buchte einen unbeabsichtigten Ausflug in eine Terrasse eines Wohnhauses am Streckenrand.
Der Mann in Gelb stürzte zwar nicht und kam mit dem Schrecken davon, verlor aber 27 Sekunden auf die Fahrer, die im Klassement unmittelbar hinter ihm rangieren.
Gesamtwertung: Voecklers Vorsprung schrumpft
Paradoxe Entwicklungen bei der Tour
Neben Voeckler muss sich auch Ivan Basso zu den Verlierern des Tages zählen. Der Italiener kam gemeinsam mit dem Franzosen ins Ziel und musste im internen Duell der Italiener Cunego an sich vorbeiziehen lassen.
Damit bilden sich Mitte der letzten Tourwoche zwei Paradoxons heraus: Auf Abfahrten wird mehr Zeit gewonnen als in den Anstiegen. Und auf den normalen Gebirgsetappen wird mehr angegriffen als bei einer Bergankunft.
Norwegische Festspiele gehen weiter
Derweil gehen die norwegischen Festspiele in Frankreich mit dem Tageserfolg von Edvald Boasson Hagen weiter. Der Sky-Profi gewann Pinerolo nach einer Solofahrt überlegen, nachdem er sich an der Cote de Pramartino aus einer Spitzengruppe abgesetzt hatte.
Für ihn war es der zweite Tagessieg bei der Tour 2011 und mit den zwei Erfolgen von Weltmeister Thor Hushovd der bereits vierte norwegische Etappensieg.
Franzosen bislang glücklos
Von einer solchen Ausbeute der beiden einzigen Norweger im Peloton kann Gastgeber Frankreich nur träumen. Auf der Habenseite der Grande Nation steht bis dato noch eine fette Null.
Sylvain Chavanel versuchte es am Schlussanstieg mit einem Angriff, der jedoch verpuffte. So blieben für Frankreich in den Top Ten nur die Plätze drei, vier, fünf und neun.
Rote Laterne wechselt
Losgelöst von Angriffen der Favoriten kämpfen auch die Fahrer am Ende des Klassements um jeden Platz.
Andrey Amador aus Costa Rica belegte einen starken elften Rang und gab damit die Rote Laterne des Letzten in der Gesamtwertung an Fabio Sabatini ab, der nun 2:06 Minuten hinter dem Movistar-Fahrer liegt.
Auch diese Geschichten schreibt die Tour de France.
Die Trikotträger nach der heutigen Etappe:
Gesamtwertung: Thomas Voeckler (EUC)
Sprinter: Mark Cavendish (THR)
Bergtrikot: Jelle Vanendert (OLO)
Bester Jungprofi: Rigoberto Uran (SKY)