Kittel gewinnt siebte Etappe im Foto-Finish

SID
Marcel Kittel musste nach dem Zieleinlauf noch auf die offizielle Bestätigung warten
© getty

Nach bangen Minuten zeigte Marcel Kittel mit einem strahlenden Lächeln drei Finger in die Kamera und durfte sich wieder gebührend feiern lassen. "Schon drei Siege, ich bin so glücklich", sagte der Thüringer nach seiner erneuten Sprint-Show bei der 104. Tour de France. Diesmal brauchte Kittel einen Tigersprung, um in einer Millimeterentscheidung den Norweger Edvald Boasson Hagen auf der Ziellinie noch abzufangen.

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"Das war bisher definitiv mein knappster Sieg. Wow, sechs Millimeter machen den Unterschied zwischen großer Freude und enormer Enttäuschung", sagte Kittel, der nebenbei ein Stück deutsche Tour-Geschichte schrieb: Am 47. Geburtstag von Erik Zabel stellte Kittel dessen deutsche Bestmarke mit seinem insgesamt zwölften Tour-Tageserfolg ein. "Ich bin sehr stolz darauf, ich bin einfach in toller Form", betonte der blonde Hüne.

Kittel, das wurde auch auf der siebten Etappe nach 213,5 km in Nuits-Saint-Georges deutlich, sprintet bei der Großen Schleife in einer eigenen Liga. Der 29-Jährige schien noch gut 100 Meter vor dem Zielstrich chancenlos, beschleunigte aber wieder auf über 70 km/h und schob sich aus dem Windschatten noch vorbei. Erst nach minutenlanger Auswertung der Zielfotos stand Kittels erneuter Triumph fest. Mit dem bloßen Auge war der Abstand auf Hagen nicht zu erkennen.

Die 7. Etappe in der Übersicht

Die ersten ganz schweren Bergprüfungen am Wochenende kann der Quick-Step-Profi nun relativ gelassen angehen. Er ist schon längst über dem Soll und trägt seit Freitag auch das Grüne Trikot, nachdem Konkurrent Arnaud Démare nur Elfter wurde. "Erst am zweiten Ruhetag kann man sagen, ob die Chance auf Grün realistisch ist", meinte Kittel jedoch vorsichtig.

Degenkold, Selig und Greipel mit starken Leistungen

Das starke deutsche Tagesergebnis rundeten John Degenkolb auf Platz fünf, Rüdiger Selig als Siebter, André Greipel auf Rang neun und Rick Zabel am Ehrentag seines Vaters als Zwölfter ab. Greipel war allerdings bedient, nachdem er erneut unter seinen Möglichkeiten geblieben war. "Ich war zu weit hinten, aus der Position kann man nicht gewinnen", sagte der Rostocker schmallippig, "aber wir haben erst sieben von 21 Etappen, ich bin weiter zuversichtlich."

Die Flachetappe hatte bis ins Finale das altbekannte Format. Einige Ausreißer durften sich im Fernsehen zeigen, wurden aber unter Kontrolle gehalten. Wie in den Vortagen sparte Kittel dann wertvolle Kräfte beim Zwischensprint. Das Gelbe Trikot des Gesamtführenden behauptete der Brite Christopher Froome problemlos, er wird am Wochenende gefordert sein.

Die Konkurrenten hatten bereits nach dem zweiten Streich Kittels Überlegenheit anerkannt - ohne jedoch aufzugeben. "Derzeit ist Kittel der Schnellste", sagte etwa der Norweger Alexander Kristoff aus dem Team Katjuscha-Alpecin: "Wir müssen uns etwas Besonderes einfallen lassen oder auf einen Fehler hoffen, um ihn zu schlagen." Das gelang erneut nicht.

Kittel kämpfte sich von Seuchenjahr zurück

Um auf das aktuelle Niveau zu kommen, hat Kittel lange geschuftet. Nach seinem Seuchenjahr 2015 war er zwar schon im vergangenen Sommer wieder auf einem hohen Level, aber keineswegs derart dominant. "Es war ein harter Weg zurück", sagte Kittel. Es war auch ein Weg der Suche nach innerer Balance.

Die Viruserkrankung und in der Folge die Tour-Ausbootung hatten ihn vor zwei Jahren an vielen Dingen zweifeln lassen. Gerade weil Kittel 2013 und 2014 bei der Tour zum weltbesten Sprinter aufgestiegen war. "In einer Karriere gibt es immer Hochs und Tiefs. Aber am Ende zählt, dass ich dieses Level und diese Siege wieder erreicht habe", betonte der Wahl-Schweizer.

Am Wochenende treten die Sprinter um Kittel aus dem Rampenlicht. Es wird bergig bei der Großen Schleife, der Abschnitt am Samstag zur Station des Rousses im Jura darf als Ouvertüre angesehen werden. Am Sonntag müssen die Favoriten ihre Karten auf den Tisch legen.

Das Teilstück zwischen Nantua und Chambéry betrachten viele Experten bereits als die Königsetappe der 104. Tour. Sieben kategorisierte Anstiege stellen sich den Radprofis auf 181,5 km in den Weg, darunter drei der Sonderkategorie. Hier werden sich unter Froome und Co. die wahren Kräfteverhältnisse offenbaren.

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