Contador: Offenbar weitere belastende Indizien

SID
Alberto Contador hat die Tour de France 2007, 2009 und 2010 gewonnen
© Getty

Im Dopingfall Alberto Contador liegen womöglich weitere belastende Indizien gegen den dreimaligen Toursieger vor. Die spanischen Radsport-Fans aber glauben weiterhin an eine Unschlud Contadors.

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Wie die französische Sporttageszeitung "L'Equipe" berichtet, sollen die Wissenschaftler in Köln bei der Analyse von Contadors Dopingprobe auch Spuren von kunststoffähnlichen Resten gefunden haben, wie sie nach Bluttransfusionen häufig zu finden. Diese Rückstände, auch Weichmacher oder Diethylhexylphthalat genannt, könnten demnach aus einem Plastikbeutel mit Eigenblut stammen.

Dies wäre eine mögliche Erklärung für Contadors positiven Dopingbefund. Dem Spanier könnte demnach kurz vor der Dopingprobe Eigenblut reinfundiert worden sein, in dem sich noch geringe Spuren von Clenbuterol befanden.

Nachweisverfahren noch nicht zugelassen

Contador hatte am Donnerstag den positiven Dopingtest, der vom zweiten Ruhetag (21. Juli) der Tour de France in Pau stammt, mit verunreinigtem Fleisch zu erklären verursucht.

Er habe ein Stück Kalbsfilet gegessen, das ein Bekannter des Teamkochs aus dem spanischen Irun mitgebracht habe. Dieses sei mit dem Kälbermastmittel Clenbuterol verunreinigt gewesen.

Das Nachweisverfahren auf die sogenannten Weichmacher sei einst vom Anti-Doping-Labor in Barcelona entwickelt worden, was von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) aber noch nicht zugelassen ist.

Derweil kritisierte der von Contador beauftragte Wissenschaftler Dr. Douwe de Boer das Kölner WADA-Labor wegen seiner Analysemethoden. Der Niederländer bemängelte in seiner Expertise das viel zu empfindliche Testverfahren, da der bei Contador festgestellte Wert von 50 Pikogramm an Clenbuterol 180-mal unter dem Wert liege, der erst eine Leistungssteigerung ermögliche. De Boer zeigte dabei eine lange Liste von Beispielen auf, in denen Lebensmittel mit Clenbuterol kontaminiert sind.

De Boer: "Wissenschaftlich gesehen ist das Unsinn"

In dem Report von de Boer werden ferner die Werte von Contador vor und nach der positiven Probe dargestellt. So waren beim Madrilenen am 19. und 20. Juli keine Spuren von Clenbuterol zu finden, am besagten 21. Juli dann 50 Pikogramm, einen Tag später nur noch 20 und danach gar nichts mehr.

"Die Kenntnis von kontaminierten Lebensmitteln in Spanien und die Tatsache, dass heutzutage Clenbuterol in äußerst geringen Mengen nachgewiesen werden kann, macht offensichtlich, dass in diesem besonderen Fall das Szenario einer versehentlichen Einnahme von Clenbuterol durch den Verzehr von Fleisch sehr wahrscheinlich ist", heißt es in dem Bericht.

In der niederländischen Zeitung "NRC Handelsblad" sagte de Boer ergänzend, dass ein Sportler der Gelackmeierte sei, wenn er nur ein Molekül Clenbuterol in seinem Körper habe. "Wir haben eine Phase erreicht, in der wir wissen, dass das wissenschaftlich gesehen Unsinn ist", sagte de Biochemiker, der für das niederländische Radteam Vacansoleil als Antidopingberater tätig ist.

Die spanischen Radsport-Fans stehen trotz der positiven Dopingprobe weiter hinter dem dreimaligen Toursieger Alberto Contador. In einer Internet-Umfrage der spanischen Sporttageszeitung "Marca" halten 78,5 Prozent der rund 30.000 Befragten den Madrilenen für unschuldig.

Franke attackiert UCI

Chefankläger Werner Franke hat im Dopingfall Alberto Contador die Verteidigungsstrategie des Spaniers mit Belustigung verfolgt und den Radsport-Weltverband UCI scharf attackiert. "

Das ist ja fast schon eine Komödie", sagte der Heidelberger Molekularbiologe . Franke hält es aber ohnehin schon für einen großen Skandal, dass der dreimalige Toursieger nicht schon im Zuge der Operacion Puerto um den spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes aus dem Verkehr gezogen wurde.

"Die Unterlagen aus der Operacion Puerto liegen mir vor. Auf Blatt Nummer 32 steht alles drauf, was Alberto Contador genommen hat. Das waren hauptsächlich Insulin- und Wachstumspräparate", sagte er.

Franke: UCI muss die Unterlagen haben

Deswegen glaube er der UCI auch kein Wort mehr. "Dass die UCI sagt, sie hat die Unterlagen nicht, ist eine glatte Lüge. Ich habe die Sachen nämlich aus einem Rechtsstreit, an dem die UCI beteiligt war. Sie muss die Unterlagen also haben", sagt der 70-Jährige und stellt die Frage, warum der Fall erst jetzt an die Öffentlichkeit gelangt.

Die Möglichkeit, dass das bei Contador festgestellte Kälbermastmittel Clenbuterol aus einer alten Blutabnahme stammt, die dann während der Tour reinfundiert wurde, sei laut Franke durchaus gegeben.

"Das hat es früher schon bei chinesischen Langstreckenschwimmern gegeben. Das Zeug bleibt im Blut drin und wenn es zugeführt wird, ist es auch nachweisbar", sagte Franke. Ohnehin mache die Einnahme von Clenbuterol durchaus Sinn. Viele Bodybuilder würden die Substanz etwa zum Muskelaufbau nehmen.

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