Ullrich: "Timo ist voll auf die DTM fokussiert"

SID
Timo Scheider sicherte sich 2008 den Titel in der DTM
© Getty

Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich zieht vor dem Saisonfinale eine positive Bilanz und glaubt, dass der DTM-Führende Timo Scheider in die Fußstapfen von Bernd Schneider treten kann.

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Audi kann beim Saisonfinale der DTM am Wochenende auf dem Hockenheimring Geschichte schreiben und als erstes Team überhaupt den Titel-Hattrick perfekt machen. Im Interview mit dem SID (Sport-Informations-Dienst) äußert sich Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich vor dem entscheidenden Rennen über die Risiken am Sonntag und das Erfolgsgeheimnis der Ingolstädter.

Frage: Timo Scheider führt die DTM-Wertung mit sieben Punkten Vorsprung vor dem Saisonfinale am Sonntag in Hockenheim an. Was kann da noch schief gehen?

Wolfgang Ullrich: Eine ganze Menge - und genau das macht ja den Reiz der DTM aus. Das fängt schon mit dem Qualifying an: Ein kleines Problem, schon bleibt man hängen. Was in einem Rennen alles passieren kann, wissen wir nicht erst seit den Reifenschäden von Dijon. Und natürlich müssen beide Boxenstopps klappen, und die Strategie muss stimmen. Sieben Punkte sind zwar ein schönes Polster, aber auf dem kann man nicht relaxen.

Frage: Was zeichnet Timo Scheider aus? Und hat er das Zeug dazu, in der DTM in die Fußstapfen von Bernd Schneider oder Klaus Ludwig zu treten?

Ullrich: Timo hat schon im vergangenen Jahr bewiesen, dass er nicht nur in der Lage ist, mit Audi DTM-Rennen zu gewinnen, sondern auch eine Meisterschaft einzufahren. Dass er in diesem Jahr wieder unsere Speerspitze ist und die Chance hat, den Titel erfolgreich zu verteidigen, spricht ganz klar für ihn. Timo ist voll auf die DTM fokussiert, hat einen enormen Grundspeed, arbeitet sehr gut mit seinem Renningenieur zusammen und ist im Team sehr gut vernetzt und beliebt. Das alles zeichnet einen wahren Champion aus. Deshalb hat er sicherlich das Zeug, in die Fußstapfen eines Bernd Schneider oder Klaus Ludwig zu treten. Dahin ist es zwar noch ein langer Weg, aber schließlich ist er gerade mal 30 Jahre alt.

Frage: Ärgert es Sie, dass Ralf Schumacher viel mehr im Blickpunkt steht als Timo Scheider, obwohl er hinterherfährt?

Ullrich: Überhaupt nicht. Stars wie Ralf Schumacher sind gut für die DTM. Sie sorgen für zusätzliches Interesse und locken Fans an. Natürlich wäre es noch besser, Ralf würde um Rennsiege mitkämpfen können. Wir sind mit der Resonanz, die Audi über die DTM und unsere Fahrer bekommt, sehr zufrieden.

Frage: Für Audi wäre es der dritte Fahrer-Titel in Folge. Das hat zuvor noch kein Hersteller geschafft. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Ullrich: Noch haben wir den dritten Titel in Folge nicht geschafft - deshalb wäre es verfrüht, von einem Erfolgsgeheimnis zu sprechen. Nur eines: Prinzipiell ist alles, was wir in der DTM oder auch in anderen Motorsport-Kategorien erreichen das Ergebnis harter Arbeit einer tollen Mannschaft.

Frage: Wie fällt Ihre Saisonbilanz aus? Was hat Sie enttäuscht und was positiv überrascht?

Ullrich: Unser Saisonziel war es, erneut um die Meisterschaft zu kämpfen - das haben wir geschafft. Deshalb fällt die Bilanz durchaus positiv aus. Wir haben bei neun Rennen siebenmal die Pole Position geholt. Das zeigt, dass der Audi A4 DTM das schnellste DTM-Auto ist. Leider haben wir in den Rennen nicht immer das Maximum herausgeholt und hatten auch etwas Pech - ganz besonders Mattias Ekström mit seinen beiden Reifenschäden in Hockenheim und Dijon, die ihn zwei sicher geglaubte Siege gekostet haben.

Frage: Mercedes wirft Ihnen vor, die Titel durch Teamorder und Fouls auf der Strecke gewonnen zu haben. Ähnliches wird es sicher auch am Sonntag zu hören geben, wenn die Rivalen aus Stuttgart wieder leer ausgehen sollten. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Ullrich: Nach den letzten Jahren mit sehr enger Titelentscheidung gibt es bei nur zwei Herstellern immer wieder unterschiedliche Sichtweisen vieler Rennsituationen. Die Sportbehörde legt am Ende die Gangart in einer Meisterschaft fest, und das ist auch richtig und gut so. Jedes Team blickt durch seine besondere Brille, das wird immer so sein, die Kommunikation dabei ist wieder eine sehr spezifische Problematik.

Frage: Haben Sie Angst davor, dass Mercedes wegen der Finanzkrise aus der DTM aussteigen könnte und sich künftig ganz auf die Formel 1 konzentriert?

Ullrich: Natürlich steht in diesen wirtschaftlich schwierigeren Zeiten jedes Motorsport-Engagement auf dem Prüfstand. Die DTM kostet im Vergleich zur Formel 1 aber nur einen Bruchteil und bietet ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Durch das Einfrieren der Technik werden die Budgets für 2010 noch einmal deutlich entlastet.

Frage: Ist ein Ausstieg auch für Audi denkbar?

Ullrich: Wir arbeiten aktiv an der Zukunft der DTM, weil wir weiter dabei sein möchten. Unser Vorstand hat ein mehrjähriges Programm verabschiedet, zu dem auch die DTM 2010 zählt.

Frage: Mercedes-Sportchef Norbert Haug hat gesagt, dass es auch 2010 keinen weiteren Hersteller in der DTM geben wird. Stimmt das? Ist die Lage wirklich derart hoffnungslos?

Ullrich: Das wurde in den Medien etwas missverständlich und verkürzt dargestellt. Es war immer klar, dass sich die Bemühungen, weitere Hersteller für die DTM zu gewinnen, auf das Jahr 2011 konzentrieren, wenn das neue Reglement vorliegt. Es entwickelt ja niemand ein Auto für nur ein Jahr. Für 2011 und danach werden die Weichen gerade richtig gestellt.

Frage: Was müsste sich in der DTM ändern, um die Serie noch attraktiver zu machen?

Ullrich: Daran wird intensiv hinter verschlossenen Türen gearbeitet. Für das neue Reglement, das 2011 in Kraft treten soll, gibt es drei Prämissen: Der Sport soll noch spannender werden, die Kosten sollen weiter runter und der ohnehin schon hohe Sicherheitsstandard noch weiter verbessert werden.

Die DTM im Überblick