Betriebsausflug an den Bosporus

SID
Eine der Medaillen-Hoffnung des deutschen Leichtathletik-Teams: Silke Spiegelburg
© Getty

Als am Mittwoch die deutsche Mannschaft zur Hallen-Weltmeisterschaft nach Istanbul flog, waren an Bord der Maschinen auch die "üblichen Verdächtigen". So bezeichnet Günther Lohre, der Vizepräsident Leistungssport des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), die Handvoll Medaillenkandidaten unter den 17 deutschen WM-Teilnehmern.

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Die Stabhochspringer Björn Otto, Malte Mohr und Silke Spiegelburg sowie die Kugelstoßer David Storl und Nadine Kleinert. Den Verdacht bestätigen müssen sie bei den Titelkämpfen vom 9. bis 11. März in der nagelneuen Ataköy-Arena nicht. "Es gibt keine Zielvorgaben", sagt Lohre im Gespräch mit der dapd.

Selten ist ein deutsches Team unter einem ähnlich geringen Erwartungsdruck zu einem sportlichen Großereignis aufgebrochen wie diese. "Wir wollen nur, dass die Athleten gut vorbereitet antreten", sagt Lohre. DLV-Präsident Clemens Prokop assistiert: "Die Hallen-WM ist eine erste internationale Standortbestimmung, mehr aber auch nicht. Man darf sie nicht überbewerten." Ein Betriebsausflugs, also.

USA mit größtem Team

2012 haben die globalen Titelkämpfe unterm Dach für den DLV keinen großen Stellenwert. "In diesem Jahr stört die Hallen-WM ein wenig", sagt Lohre vor dem Hintergrund, dass eine Teilnahme die Vorbereitung auf die beiden Höhepunkte im Sommer mit EM und Olympischen Spielen beeinträchtigt. Vor allem in den Laufdisziplinen verzichten einige Athleten mit erfüllter WM-Norm auf einen Start im Istanbul.

Nicht allen Nationen kommt die Hallen-WM offenbar so ungelegen wie dem deutschen oder auch dem französischen Verband. Olympiagastgeber Großbritannien entsendet 39 Athleten nach Istanbul, nimmt dafür aber die fünf Wochen vor Olympia in London angesetzte EM nicht ernsthaft wahr.

Die USA stellt mit 51 Männern und Frauen das größte Team- 682 Athleten gehen an den Start, darunter zehn Titelverteidiger von der Hallen-WM in Doha 2010 und elf Freiluft-Weltmeister von Daegu 2011.

Türkei will mit WM für Olympiabewerbung punkten

172 Nationen haben für die Veranstaltung gemeldet, mit der Istanbul seine Kandidatur für Olympia 2020 befeuern will: Teilnehmerrekord. 25 Millionen Euro lassen sich die Türken die WM kosten, zwei Drittel der Summe hat der Bau der Halle für 6000 Zuschauer gekostet.

Auch wenn Stars wie Usain Bolt oder Hochsprung-Diva Blanka Vlasic fehlen, wartet Istanbul mit Weltklassefeldern auf. Im Hürdenlauf der Männer hat Titelverteidiger und Weltrekordler Dayron Robles aus Kuba wohl aufgrund einer Beinverletzung das Gigantenduell mit dem chinesischen Volkshelden Liu Xiang absagen müssen.

Im Stabhochsprung und Kugelstoßen tritt bei Männern wie Frauen aber an, was Rang und Namen hat. Und deutsche Athleten mischen aussichtsreich mit.

"Mein Ziel ist eine Medaille", sagen unisono Kugelstoß-Weltmeister David Storl, der mit der drittbesten Leistung des Jahres nach Istanbul kommt (21,40 Meter), und die in der Weltrangliste auf den Plätzen zwei und vier geführten Stabhochspringer Björn Otto (5,92 Meter) und Malte Mohr (5,87). "Um die Plätze eins, zwei und drei wird es schon gehen", kündigt Otto selbstbewusst an. Auch Mohr, der vor 2010 in Doha Silber gewann, erwartet von sich einen Podiumsplatz: "Ich glaube, ein bisschen mehr ist noch möglich."

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