"Müssen uns vor dem NBA-Einfluss schützen"

Marko Pesic warnt vor den Entwicklungen in Europa und den USA
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Marko Pesic hat im Sommer beim FC Bayern Basketball einen großen Umbruch eingeleitet. In Teil zwei des großen Interviews spricht der FCB-Geschäftsführer über die bisherige Saison, den Werdegang von Paul Zipser und die gefährlichen Entwicklungen im europäischen Basketball. Außerdem: Warum die NBA eine noch größere Bedrohung darstellt.

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SPOX: Herr Pesic, bisher haben wir über die Rückkehr von Uli Hoeneß und die wirtschaftliche Entwicklung des FC Bayern Basketball gesprochen. Lassen Sie uns nun über das Sportliche sprechen - wie zufrieden sind Sie bisher mit der Entwicklung der Mannschaft?

Marko Pesic: Sehr zufrieden. Sie wissen ja, dass der Sommer bei uns sehr ereignisreich war, wir viele neue Spieler geholt haben und nicht zuletzt auch einen neuen Coach haben. Gemessen daran läuft es meiner Meinung nach schon sehr gut.

SPOX: Der neue Coach Sasa Djordjevic kam aufgrund der Olympischen Spiele erst relativ spät zur Mannschaft. Wie weit ist er schon damit, ihr seine Philosophie einzuimpfen?

Pesic: In jeder Saison durchläuft jedes Team einen Prozess, und dabei ist es nicht einmal entscheidend, ob ein Trainer neu ist oder ob zwei oder fünf Spieler ausgetauscht wurden. Werfen Sie einen Blick auf die BBL: Dort gibt es auch gut eingespielte Teams, die schwer in die Saison gekommen sind. Jedes Team durchläuft da mehrere Phasen und das tun auch wir. Mir fällt auf, dass Sasa sehr gut an die Mannschaft kommunizieren kann, was er sehen will und dass die Mannschaft dies auch versteht. Im Oktober beispielsweise haben wir auch schon fast durchweg guten Basketball gespielt. Nun war es so, dass uns in einigen Spielen etwas die Leichtigkeit abhandengekommen ist, aber das ist normal. Zuletzt in Murcia haben wir aber wieder einen starken Charakter gezeigt. Wichtig ist, dass wir dadurch das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Wir wollen das Team nicht auf ein Liga-Spiel gegen Hagen im November vorbereiten, sondern darauf, dass wir im März, April, Mai und Juni bereit sind, wenn überall die Entscheidungen fallen. Zu diesem Weg gehören sowohl Siege als auch Niederlagen. Auch wenn jeder Trainer und jeder Spieler natürlich immer sofort alles will. (lacht)

SPOX: Hat sich kulturell und atmosphärisch unter ihm etwas verändert, nachdem Ihr Vater zuvor lange Jahre der Coach war? Gerade in der vergangenen Saison machte das Team zum Ende hin einen sehr unglücklichen Eindruck.

Pesic: Ich glaube, dass wir in der letzten Saison ein klassisches Beispiel für ein Team waren, das nicht genug mentale Kraft hatte. Das ging schon lange vor den Playoffs los. Wir hatten in der EuroLeague, im Pokal und wo auch immer regelmäßig bis zum Ende gut gespielt - und dann häufig doch noch verloren. Das erlebten wir gegen Real Madrid, gegen Belgrad, gegen Alba Berlin im Pokal. Dabei schien sich ein bisschen was aufgestaut zu haben. Die Playoff-Serie gegen Bamberg war dann natürlich der negative Höhepunkt.

SPOX: Und in dieser Saison?

Pesic: Auf mich macht bisher alles einen besseren Eindruck. Es scheint, als hätte das Team seine Emotionen besser im Griff. Ich bin nicht bei jeder Trainingseinheit oder jedem Gespräch dabei, aber es wirkt, als würde sich das Team untereinander gut verstehen und den nötigen Hunger mitbringen. Und so spielen wir ja bisher auch.

SPOX: Was für eine Rolle spielt Svetislav Pesic? Ist er wieder gesund?

Pesic: Er kämpft noch mit seinem Körper. Jeder Mensch muss ja nach einer Operation erstmal eine Reha-Phase durchlaufen, aber er ist eben jemand, der sich ständig bewegen will und es auch nicht anders kennt. Er ist nicht einverstanden damit, dass sein Knie das so noch nicht wieder mitmacht, aber realistischerweise wird das leider schon noch länger dauern. Was seine Rolle angeht: Einen formellen Posten hat er nicht. Aber er versteht sich sehr gut mit Sasa, den er ja auch schon als Jugendspieler trainiert hat. Die beiden sprechen viel miteinander. Ich sehe ihn momentan aber nicht so oft, wenn man mal von unseren Heimspielen absieht, bei denen er häufig zu Gast ist. Es ist generell immer gut, jemanden wie ihn zu haben, von dessen Erfahrung man profitieren kann.

SPOX: Wenn er im Audi Dome zu Gast ist, rennt er an der Seitenlinie immer noch auf und ab wie eh und je, sobald er mit irgendetwas nicht einverstanden ist ...

Pesic (lacht): Er muss halt sein Knie in Bewegung halten und kann einfach nicht aus seiner Haut. Er hat so lange als Trainer gearbeitet, da wirst du diesen Modus nicht mehr so einfach los.

SPOX: Nach dem Aus letztes Jahr im Playoff-Halbfinale spielen Sie 2016/17 erstmals seit vier Jahren nicht in der EuroLeague. Hat das Ihren Sommer als Sportdirektor eigentlich erschwert?

Pesic: Nein, also mir hat jedenfalls niemand abgesagt, weil er lieber EuroLeague spielen wollte. Und die Situation war jetzt auch keine neue, weil wir ja auch schon eine Saison hatten, in der wir überhaupt nicht international spielten. Wir haben recht eindeutige Vorstellungen davon, was wir hier aufbauen wollen, und das spricht gewisse Spieler an - EuroLeague hin oder her. Wir hatten auch in diesem Sommer Leute, die unbedingt hierher wollten. Natürlich wollen wir in Zukunft auch wieder in die EuroLeague, aber in unserer aktuellen Situation mit dem Umbruch ist der stark besetzte Eurocup meines Erachtens nach ein sehr guter Wettbewerb für uns.

SPOX: Wenn man das Team in dieser Saison beobachtet, fällt vor allem auf, wie viel athletischer der Kader ist. War das die Hauptpriorität für Sie im Sommer?

Pesic: Gewissermaßen war es ein Nebeneffekt. Wir haben uns auf junge, verbesserungswillige, hungrige Spieler konzentriert und da ist ein Plus an Athletik oft automatisch dabei. Wobei das ein Punkt war, den wir so oder so angehen wollten. Wir wollten unser Spiel bewusst athletischer, schneller und damit auch aufregender machen.

SPOX: Dazu passt auch die Verpflichtung von Nick Johnson, der erst vor kurzem geholt wurde. Können Sie ihn ein wenig beschreiben?

Pesic: Er bringt alle Voraussetzungen mit, um ein sehr guter Spieler in Europa zu werden. Er ist körperlich stark und enorm athletisch. Aber er ist nicht einer dieser Guards, die sich ausschließlich auf ihre Athletik verlassen und das Spiel ansonsten nicht wirklich verstehen. Nick versteht es sehr gut und bringt einfach insgesamt eine gute Kombination mit. Jetzt geht es darum, dass er sich noch etwas besser mit seinen neuen Mitspielern einspielt.

SPOX: Bereits im Trainingslager hieß es überall: "Guter Kader, aber da fehlt noch ein Point Guard." Wie kam es, dass sich diese Personalie so lange hinzog?

Pesic: Wir haben explizit auf ihn gewartet. Wir hatten schon sehr früh Kontakt, da Sasa etwas in ihm sah, das ihm gefallen und mich ebenfalls überzeugt hat. Danach standen wir ständig in Kontakt zu ihm und auch zu den Orlando Magic, bei denen er in der Preseason ja noch um einen Kaderplatz gekämpft hat. Als es dann dort nicht klappte, meldeten wir uns sofort wieder und er wusste wohl zu schätzen, dass wir auf ihn gewartet hatten. Das war eine gute Kombination: Wir hatten keine Not, irgendwelche Schnellschüsse zu machen und hatten daher noch Platz für einen Spieler, der uns wirklich weiterhelfen kann.