"Die Berichterstattung war traurig"

Johannes Voigtmann übernahm in der EM-Qualifikation Verantwortung für das DBB-Team
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Als Topscorer warf Johannes Voigtmann das DBB-Team zur EuroBasket, auf Vereinsebene wagt er den großen Schritt von den Frankfurt Skyliners zu Euroleague-Klub Saski Baskonia. Im Interview spricht der wurfstarke Center über die Ablösesumme, die harte EM-Qualifikation, die neue Herausforderung und den Start gegen die Creme da le Creme aus Spanien in der Supercopa.

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SPOX: Johannes, Sie haben sich mit dem deutschen Team nur mit Müh und Not für die EuroBasket 2017 qualifiziert - und viele Zuschauer rechneten schon mit einer Blamage. Wie erging es Ihnen selbst?

Johannes Voigtmann: Wir hätten es auch gern anders gelöst, aber in den beiden Spielen, die wir verloren haben, war nicht mehr drin. Am Ende haben wir uns mit zwei deutlichen Siegen qualifiziert und damit unsere Aufgabe erfüllt. Aber geglänzt haben wir wirklich nicht.

SPOX: Hat solch eine Erfahrung auch Vorteile gegenüber einer Qualifikation, die ohne Probleme und ohne Niederlage klappt?

Voigtmann: So eine Drucksituation gemeistert zu haben, kann sicherlich gut für die persönliche Entwicklung sein. Aber man muss schon sagen: Für den deutschen Basketball war das schlecht. Gerade die Berichterstattung war traurig und sehr negativ. Das hätten wir uns gern erspart.

SPOX: Wie oft haben Sie an Dennis Schröder und Tibor Pleiß gedacht, die ja nicht mitgespielt bzw. das Team verlassen haben?

Voigtmann: Gar nicht. Nach dem Dänemark-Spiel, das wir in Triple-Overtime verloren haben, waren wir alle ein bisschen niedergeschlagen und ich war wirklich pessimistisch. Aber ich habe nie daran gedacht, ob die Situation jetzt anders wäre, wenn wir noch andere Spieler dabei gehabt hätten.

SPOX: Gerade Sie haben in den letzten, wichtigen Partien Ihre Leistung abgerufen und starke Spiele gezeigt. Am Ende waren Sie mit 13 Punkten im Schnitt sogar Topscorer des Teams. Was hat sich von der EM 2015 bis heute verändert?

Voigtmann: Einerseits ist natürlich meine Rolle größer geworden, andererseits habe ich mich auch individuell weiterentwickelt. Wir haben jetzt kein Überangebot an Scorern in der Mannschaft, daher bin ich da auch ein wenig mehr in Erscheinung getreten. Coach Chris Fleming hat uns auch in schwierigen Phasen vertraut, das hat mir auch noch einmal einen Push gegeben.

SPOX: Die EM 2015 war damals Ihr erstes Turnier für Deutschland. Was sind aus Berlin für Erinnerungen geblieben?

Voigtmann: Das erste Treffen mit Dirk Nowitzki zum Beispiel. Das war ein Erlebnis, das ich wohl nicht vergessen werde. Da war ich vorher schon ganz gut aufgeregt. Der gesamte Sommer war relativ gut für mich persönlich. Ich konnte Erfahrung sammeln und habe gegen viele großartige Spieler gespielt. Das hat natürlich geholfen, um besser zu werden. Und auch deshalb bin ich froh, dass wir uns wieder qualifiziert haben. Denn diese Möglichkeit würde es sonst 2017 nicht geben.

SPOX: Wie schon mit Frankfurt im FIBA Europe Cup haben Sie dem mit dem DBB-Team in der Quali gegen teilweise wenig bekannte Gegner antreten müssen. Dänemark war so ein Fall. Hat es das besonders schwer gemacht?

Voigtmann: Solche Gegner haben manchmal einfach einen komplett anderen Stil und haben dadurch einen kleinen Vorteil. Was die Dänen gespielt haben, das kannten wir aus Deutschland nicht. Aber man muss auch lernen, damit klarzukommen. Das war in Frankfurt damals mit den gegnerischen Teams auch so, zum Beispiel denen aus dem Nahen Osten.

SPOX: Apropos Frankfurt: Die Entwicklung der Skyliners ist eng mit dem Namen Johannes Voigtmann verknüpft. Jetzt wechseln Sie nach Spanien zu Saski Baskonia - haben Sie da nicht das Gefühl, den Verein im Stich zu lassen?

Voigtmann: Es ist im Profi-Sport nun einmal der Gang der Dinge, dass man nach einer Station versucht, die nächste zu finden und einen Schritt nach vorne zu machen. Natürlich weiß ich, was ich in Frankfurt hatte. Es ging mir da sehr gut und der Klub war stark an meiner Entwicklung beteiligt. Aber die nächsten Talente wie zum Beispiel Niklas Kiel stehen schon in den Startlöchern. Die warten nur auf ihre Einsatzzeit und Frankfurt wird auch weiter erfolgreichen Basketball spielen.

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SPOX: Im Basketball ist es sehr ungewöhnlich, dass Ablösesummen gezahlt werden. Saski Baskonia hat sich Ihre Dienste sogar einen hohen fünfstelligen Betrag kosten lassen. Macht Sie das stolz?

Voigtmann: Auf jeden Fall. Ich bin natürlich stolz, dass ich so begehrt bin, dass ein Klub für mich Geld auf den Tisch legt. Und ich finde es auch gut, dass Frankfurt davon profitiert. Eigentlich bin ich ja eher jemand, der ungern etwas verändert. Aber wenn man sich zu lange in seiner Wohlfühlzone aufhält, stagniert die Entwicklung. Daraus will ich ausbrechen. Ich hätte auch innerhalb der BBL wechseln können, aber ich wollte mich unabhängig vom Basketball auch persönlich weiterentwickeln. Wer weiß, ob so eine Gelegenheit noch einmal wieder kommt.

SPOX: Tibor Pleiß hat vor einigen Jahren auch bei Baskonia gespielt. Ist er vielleicht auch so ein bisschen das Vorbild für den Gang nach Spanien?

Voigtmann: Ich habe natürlich mit Tibor gesprochen und er hat viel Positives über Baskonia erzählt. Ich nehme mir aber ungern jemanden zum Vorbild und versuche eher, mein eigenes Ding zu machen. Doch es kann nützlich sein, wenn jemand mit seinen Erfahrungen helfen kann. In diesem Fall hatte ich einfach das Gefühl, dass das jetzt der richtige Schritt für mich ist.

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