Zerkaute Nägel und ein Mittelfinger

Von Andreas Lehner
Ronnie O'Sullivan holte sich 2001, 2004 und 2008 den Weltmeistertitel
© Getty

Was für ein Auftakt in die Snooker-WM! Ronnie O'Sullivan verschenkt ein Maximum und sorgt für einen Eklat, Steve Davis schreibt trotz einer Augenmigräne mal wieder Geschichte und Stephen Hendry dachte in seinem Auftaktmatch schon an sein Karriereende. Die heißesten Partien der 1. Runde.

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John Higgins - Barry Hawkins 10-6

Ehre, wem Ehre gebührt. Den Anfang macht natürlich der Titelverteidiger Higgins. Der Schotte war bei seiner Rückkehr ins Crucible Theatre zu Beginn sehr nervös und hatte mit dem Druck des Champions zu kämpfen. Hawkins machte ihm mit guten Safteys das Leben schwer und Higgins kam nicht richtig in die Breaks. Am Ende der ersten Session führte der Herausforderer mit 5-4. 

Aber in der zweiten Session steigerte sich Higgins und zog mit starkem Lochspiel und hohen Breaks auf 8-5 davon. Am Ende gab der Wizard of Wishaw nur noch einen Frame ab und zog souverän in die nächste Runde ein. Higgins darf damit weiter von der ersten Titelverteidigung seit 1996 träumen. Damals gelang dieses Kunststück Stephen Hendry.

Mark King - Steve Davis 9-10

Was für ein Krimi und Nägelkauen, Teil 1! Nach einem Match mit ständigen Auf und Abs entschied das Endspiel auf die Farben den letzten Frame. Als nur noch Schwarz und Pink auf dem Tisch lagen, brauchte King Snooker. Er lochte aber Pink und war somit ausgeschieden. Zuvor hatte des Publikum in einer fast fünfstündigen zweiten Session ein Match mit etlichen Wendungen erlebt.

Davis war zwischenzeitlich auf 8-6 davongezogen, aber King glich aus. Auch beim Stand vom 9-8 für Davis behielt King die Nerven und erzwang den Entscheidungsframe. Als Davis eine schwierige Rote lochte und King Snooker brauchte, feierte dies der sonst so besonnene Davis mit einem Urschrei.

Am Ende gab es Standing Ovations für den 52-Jährigen, der während des Spiels mit einer Augenmigräne zu kämpfen hatte und die Bälle zum Teil verschwommen sah. "Ich wurde zweimal großartig empfangen. Wenn es nicht so ernst und ich so fokussiert gewesen wäre, hätte ich einen Kloß im Hals gehabt." Davis steht damit als erster Spieler über 50 seit Eddie Charlton 1989 im Achtelfinale der Weltmeisterschaft.

Ding Junhui - Stuart Pettman 10-1

Der Chinese machte kurzen Prozess und untermauerte seinen Status als Favorit auf den WM-Titel. Den Grundstein für seinen Erfolg legte er in der ersten Session, die er mit 8-1 für sich entschied. Die zweite dauerte nicht mal mehr 30 Minuten. "Ich war das ganze Spiel über geschockt und bin total enttäuscht über meine Leistung", sagte Pettman.

Ding war dagegen überrascht über seinen klaren Erfolg: "Es war viel einfacher als ich gedacht habe. Er hat viel verschossen und mir leichte Einsteiger hingelegt. Das war wie im Training." Als der Chinese das Crucible betrat wurde er mit wohlwollendem Applaus empfangen, auf die Einlaufmusik wurde wegen des Erdbebens im chinesischen Yushu verzichtet.

Hendry - Zhang 10-9

Nägelkauen, Teil 2! Der Rekordweltmeister ist dem frühen Aus gerade noch von der Schippe gesprungen. Und hat damit Schlimmeres verhindert. "Als ich 7-9 hinten lag, hatte ich die Rede zu meinem Karriereende für die Presse schon im Kopf", sagte Hendry hinterher. "Ich habe nur gedacht, dass das Aus in der ersten Runde im Crucible eine schwache Saison passend zusammenfasst und abrundet."

Aber Hendry spielte in den letzten Frames seine Erfahrung gegenüber dem 18-Jährigen aus, nutzte seine Chancen und schaffte doch noch die Wende. "Es ist mein 25. Auftritt im Crucible und es ist erstaunlich, wie oft ich solche Leistungen gebracht haben, wenn ich sie gebraucht habe." In der nächsten Runde gegen Selby wird er dieses Niveau von Beginn an brauchen.

Ronnie O'Sullivan - Liang Wenbo 10-7

O'Sullivan wie er leibt und lebt. The Rocket gewann die ersten vier Frames und lag nach der ersten Session mit 7-2 in Führung. Im neunten Frame vergab er die Chance auf ein Maximum, weil er zu schnell weiterspielte und die Schwarze noch nicht wieder aufgesetzt war. Das Break endete bei 56 Punkten.

Aber für den ersten Aufreger sorgte er schon im siebten Frame, als er einer Roten, die partout nicht in die Tasche fallen wollte, den Mittelfinger zeigte und vom Schiedsrichter dafür verwarnt wurde.

O'Sullivan zeigte sich zunächst einsichtig, sagte der Presse aber hinterher: "Die Verwarnung stört mich überhaupt nicht. Heutzutage bekommt man für alles eine Verwarnung. Du kannst nicht mal mehr furzen."

In der zweiten Session verlor O'Sullivan etwas die Konzentration und Liang kam noch mal auf 9-7 heran. Mit einem 73er Break machte O'Sullivan das Match dann aber zu. In der nächsten Runde trifft er auf Mark Williams. "Das ist eine sehr schwere Auslosung. Es hätte nicht härter kommen können als mit Mark jetzt. Er kommt wieder in Form und ist mit John Higgins der Favorit auf den Titel. Ich glaube, er ist der Einzige, der John schlagen kann", sagte O'Sullivan.