23 Gründe gegen ein erneutes Debakel

Von Florian Regelmann/Alexander Mey
Sebastian Bayer und Ariane Friedrich wollen das Olympiastadion in Berlin zum Kochen bringen
© Getty
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Die Medaillenhoffnungen:

Sebastian Bayer (Weitsprung)

Bayer hat am 8. März die Leichtathletik-Welt und wohl auch sich selbst geschockt, als er in der Halle 8,71 Meter weit gesprungen ist. Weiter ist in der Halle nur ein gewisser Carl Lewis einmal gesprungen. Lange danach hatte Bayer Probleme, diese Leistung zu bestätigen. Erst bei den deutschen Meisterschaften unterstrich er mit 8,49 Metern seine Medaillenambitionen. "Vor vier, fünf Jahren wäre ich damit  wohl Weltranglisten-Erster gewesen", sagt Bayer im SPOX-Interview. Ist er diesmal aber nicht, denn das Niveau im Weitsprung ist enorm. Dwight Phillips (im SPOX-Interview) ist mit 8,74 Metern Weltjahresbester, und auch Irving Saladino (8,63 m) und Godfrey Mokoena (8,50 m) sind 2009 im Freien schon weiter gesprungen als Bayer. Aber wenn Bayer seine Nerven im Griff hat und den Druck beim Heimspiel aushält, ist auf jeden Fall Edelmetall drin.

Entscheidung: Samstag, 22. August, 18.05 Uhr

Ralf Bartels (Kugelstoßen)

Zugegeben, es wird verdammt schwer für Bartels, eine Medaille zu holen, denn die Konkurrenz scheint übermächtig. Der Deutsche ist mit 21,11 Metern 2009 nur die Nummer sechs der Welt, der Pole Tomasz Majewski (21,95 m) sowie die drei US-Amerikaner Reese Hoffa (21,89 m), Christian Cantwell (21,82 m) und Daniel Taylor (21,78 m) sind von ihren Bestweiten her Bartels meilenweit voraus. Aber beim Kugelstoßen der Männer gibt es fast immer Favoriten, die straucheln - und dann ist Bartels der Erste, der solch eine Schwäche dank seiner großen Erfahrung ausnutzen kann.

Entscheidung: Samstag, 15. August, 20.15 Uhr

Robert Harting (Diskuswurf):

Wo soll Harting eine Medaille gewinnen, wenn nicht in seinem Heimstadion in Berlin? Der Marzahner hofft, "dass mir noch zwei, drei Adern mehr wachsen und ich noch weiter werfe." Weit geworfen hat der Vize-Weltmeister von 2007 in diesem Jahr schon. 68,10 Meter bedeuten Platz fünf in der Weltrangliste. Damit ist ab Silber alles drin. Einzig unschlagbar scheint der Este Gerd Kanter zu sein. Acht der zehn weitesten Würfe des Jahres kamen von ihm. Seine Jahresbestweite steht bei unglaublichen 71,64 Metern. Für Harting geht es gegen Altstar Virgilijus Alekna, Piotr Malachowski und Casey Malone.

Entscheidung: Mittwoch, 19. August, 20.10 Uhr

Markus Esser (Hammerwurf)

Platz neun in der Bestenliste des Jahres spricht nicht unbedingt für eine Medaillenchance, aber in kaum einer Disziplin liegt die Weltspitze so dicht zusammen wie im Hammerwurf. Esser hat 2009 79,43 Meter geschafft. Verbessert er sich in Berlin nur um einen Meter, ist er schon Dritter der Welt. Dennoch ist klar: Die Medaillenfavoriten sind andere. Vor allem der Ungar Krisztian Pars mit einer Jahresbestweite von 81,43 Metern. Zum Vergleich: Essers persönliche Bestleistung liegt bei 81,10 Metern.

Entscheidung: Montag, 17. August, 18.05 Uhr

Andre Höhne (Gehen)

Höhne wird in Berlin zwei Stadtrundgänge durch seine Heimat machen. Wie Harting kommt er aus der Hauptstadt, doch während für den Diskuswerfer ein Ring wie der andere ist, kann Höhne in den Straßen Berlins von echter Ortskenntnis profitieren. Außerdem werden all seine Freunde und Verwandten an der Strecke stehen und ihn anfeuern. Schon 2007 in Osaka stand Höhne kurz vor einer WM-Medaille, bis ihm die Kampfrichter vor dem Stadion den falschen Weg wiesen. Demoralisiert und erschöpft brach Höhne wenig später im Stadion bewusstlos zusammen. Das soll ihm nicht noch einmal passieren, denn rund um das Olympiastadion in Berlin kennt er sich aus.

Entscheidungen: 20 km, Sa., 15. August, 13 Uhr; 50 km, Fr., 21. August, 9.10 Uhr

Malte Mohr/Björn Otto/Alexander Straub (Stabhochsprung)

Beim deutschen Trio gilt die Devise: Hauptsache, einer kommt durch. Denn durch Konstanz hat in diesem Jahr noch kein DLV-Athlet bestochen. Die beiden Jungen Mohr und Straub haben vielleicht mehr Potenzial, aber der 31-Jährige Otto könnte dank seiner Erfahrung die besten Nerven haben. Sicher ist: Über 5,80 Meter wird einer von ihnen springen müssen, wenn er eine Medaillenchance haben will. Und dann muss noch ein Favorit patzen, damit eine deutsche Medaille herausspringt. Renaud Lavillenie (6,01 m), Steven Hooker (5,95 m) und Romain Mesnil (5,82 m) waren 2009 zu gut und zu konstant.

Entscheidung: Samstag, 22. August, 18.15 Uhr

Betty Heidler (Hammerwurf)

Wenn Speerwerferin Christina Obergföll eine Wundertüte ist, ist Betty Heidler ein ganzer Wunderkarton. Bei ihr ist von WM-Titel bis Aus im Vorkampf alles drin. Als Nummer fünf der Welt fehlen ihr mit 75,83 m nicht einmal eineinhalb Meter auf die Weltjahresbeste Anita Wlodarczyk aus Polen. Neben Wlodarczyk ist aber auch die wegen Dopings gesperrte Tatjana Lysenko zurück, was es für Heidler nicht einfacher macht, ihren WM-Titel aus Osaka 2007 zu verteidigen. Sie sagt zwar selbstbewusst: "Mein Ziel ist die Titelverteidigung." Aber bei Olympia 2008 war ihr Ziel sicher auch nicht, den Hammer ins Fangnetz zu schleudern und als Neunte im Vorkampf rauszufliegen. Hol eine Medaille Betty, dann sind wir alle happy.

Entscheidung: Samstag, 22. August, 19.30 Uhr

Steffi Nerius (Speerwurf)

Und noch ein Vergleich mit Goldhoffnung Obergföll. Während die eine wenig konstant ist, dafür aber immer mal einen Kracher raus haut, ist die andere, Nerius, ein Muster an Beständigkeit. Die 37-Jährige wird auf jeden Fall zwischen 63 und 65 Metern werfen, darauf kann man bei ihr Geld setzen. Eine solche Weite kann zumindest für Bronze reichen. Aber: Nerius ist sich in diesem Jahr nicht immer treu geblieben. Einmal ist ihr der Speer ausgerutscht und 66,82 Meter weit geflogen. Passiert ihr so ein "Missgeschick" noch einmal, ist vielleicht sogar mehr drin als Bronze. Es wäre ihr bei ihrer letzten WM zu gönnen.

Entscheidung: Dienstag, 18. August, 19.25 Uhr

Nadine Kleinert (Kugelstoßen)

Gut, dass sie sich nach Olympia 2008 doch nicht für einen Wechsel zum Boxen entschieden hat. Nadine Kleinert ist im zarten Alter von 33 Jahren nämlich noch einmal ganz gut drauf. Mit 19,80 Metern ist sie Weltranglisten-Sechste und durchaus eine Kandidatin für eine Wiederholung ihre Bronzemedaille von Osaka 2007. Gold wird allerdings nur über die Neuseeländerin Valerie Vili gehen. Sie schaffte die sieben weitesten Stöße des Jahres. Ihre Bestweite: 20,69 Meter.

Entscheidung: Sonntag, 16. August, 20.20 Uhr

Jennifer Oeser/Lilli Schwarzkopf/Julia Mächtig (Siebenkampf)

Gleiches Motto wie bei den Stabhochspringern: Eine muss durchkommen. Die besten Karten hat Jennifer Oeser. Sie schaffte in Ratingen 6442 Punkte, Platz vier in der Welt mit nur drei Punkten Rückstand auf die Dritte Hanna Melnychenko. Da beim Siebenkampf aber immer alles schief gehen oder auch alles klappen kann, sind Lilli Schwarzkopf (6355 Punkte) und Julia Mächtig (6320 Punkte) auf keinen Fall chancenlos. Wer weiß, ob die beiden Weltjahresbesten Jessica Ennis (6587 Punkte) und Nataliya Dobrynska (6558 Punke) ohne Patzer durch die sieben Disziplinen kommen...

Entscheidung: Samstag, 15. August und Sonntag, 16. August

4x100m-Staffel der Frauen

Sprint? Deutschland? Medaillenchance? Ja, so etwas gibt es wirklich! Unsere Sprint-Mädels Verena Sailer, Anne Möllinger, Cathleen Tschirch und Marion Wagner haben das tatsächlich drauf. Okay, gegen die USA und Jamaika ist kein Kraut gewachsen, wenn sie den Stab nicht verlieren, aber mit einer Zeit von 43,12 Sekunden ist das DLV-Quartett Europas Nummer eins. Und dass eine deutsche Staffel den Stab verliert, kommt so gut wie nie vor.

Entscheidung: Samstag, 22. August, 20 Uhr

Von Spiegelburg bis Storl: 10 Athleten im Fokus