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Super Bowl LVII: Wie die Philadelphia Eagles ihren Erfolgskader zusammengestellt haben

Super Bowl LVII, Philadelphia Eagles, Howie Roseman, Kader, Jalen Hurts, Haason Reddick, A.J. Brown, DeVonta Smith, Brandon Graham
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Die Philadelphia Eagles stehen nach 2017 wieder im Super Bowl, obwohl sich der Kader auf einigen wichtigen Positionen merklich verändert hat. Doch wie genau sehen die Änderungen aus und wie wurde das Team überhaupt zusammengestellt?

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Die Eagles stellten in der am Sonntag zu Ende gehenden Saison einen der stärksten Kader der NFL und stehen deshalb nicht wirklich überraschend im Super Bowl.

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Die Zusammenstellung dieser Truppe war dabei eine Mischung aus weiser Voraussicht, langem Atem, einer ordentlichen Portion Glück und dem Unvermögen einiger anderer Teams dieser Liga.

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Der Macher: Howie Roseman

Wenn man über den Kader der Philadelphia Eagles spricht, muss man zwangsläufig auch den Mann erwähnen, der seit dem Jahr 2000 Teil des Front Offices und seit einigen Jahren schon Hauptverantwortlicher für den Kader ist.

Roseman, der die University of Florida und später die Fordham University School of Law besuchte, bewarb sich schon zu High-School-Zeiten bei NFL-Teams für Front-Office-Stellen. 2000 dann wurde er als Praktikant von den Eagles eingestellt und arbeitete sich im Laufe der Zeit nach oben. Zunächst war er im Salary-Cap-Bereich tätig, dann im Football-Administration-Bereich, ehe er 2010 zum General Manager befördert wurde.

Seit 2015 ist er Executive Vice President of Football Operations und seit 2019 trägt er auch den Zusatztitel GM wieder. Er ist derjenige, der sich um den Footballbereich kümmert, den Kader zusammenstellt und auch in Sachen Coach-Verpflichtungen mitredet.

Und er zeigte in jüngerer Vergangenheit ein sehr gutes Händchen, was die Spielerwahl angeht, aber ebenso, was Verhandlungen mit der Konkurrenz betrifft. Die Eagles wären ohne ihn heute nicht da, wo sie sind - im Super Bowl.

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Offensive Line

Beginnen wir mit der Offense, die laut Football Outsiders die dritteffizienteste der aktuellen Saison ist. Eine Grundlage für diese Unit ist seit jeher die imposante Offensive Line, die zur Crème de la Crème der NFL zählt. Das Besondere: Sie besteht ausschließlich aus eigenen Draftpicks!

Hier wurde langfristig sehr gute Arbeit geleistet. Der Dienstälteste ist Center Jason Kelce, der 2011 in Runde 6 gezogen wurde - er war ein echter Steal und war von vielen Scouts als zu klein angesehen worden. In diesem Jahr wurde er zum fünften Mal zum All-Pro gewählt.

Right Tackle Lane Johnson ist der Star der Line. Er gilt als einer der besten Offensive Tackles der gesamten Liga und war ein Erstrundenpick 2013. Beide waren auch schon beim Erfolg in Super Bowl LII gegen die Patriots Starter. Die übrigen drei Stammleute sind neu.

Right Guard Isaac Seumalo war immerhin damals schon im Kader als Drittrundenpick 2016, Left Guard Landon Dickerson wiederum war ein Zweitrundenpick der Saison 2021.

Die bemerkenswerteste Personalie ist allerdings Left Tackle: Jordan Mailata war nicht nur ein 2018er Siebtrundenpick, er spielt auch erst seit ein paar Jahren Football. Der Australier ist neben dem Deutschen Moritz Böhringer der einzige Spieler, der ohne vorherige High-School- oder College-Erfahrung gedraftet wurde - er hatte vor der NFL nicht mal Football gespielt! Er spielte in seiner Heimat lediglich Rugby. Nun ist er schon einer der besseren Left Tackles der NFL.

Und auch über die Grenzen des Footballs erfreut er sich durchaus größerer Beliebtheit in den USA - er nahm an der TV-Show "The Masked Singer" als "Thingamabob" teil, wurde am Ende aber nur Zwölfter von 15 Teilnehmern.

Abgesehen davon übertrumpfte er im internen Wettbewerb den 2019er Erstrundenpick Andre Dillard, den man derzeit schon als einen Draft Bust bezeichnen kann. Die weiteren Backups sind Cam Jurgens und Jack Driscoll - ein Zweitrundenpick 2022 und ein Viertrundenpick 2020. Ersterer gilt als langfristiger Nachfolger von Kelce.

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Quarterback

Der Kader der Eagles wurde mit sehr viel Weitsicht zusammengestellt. Wie könnte man dies besser unterstreichen als mit einem Verweis auf die Quarterback-Position?

Hier zogen sich die Eagles im Draft 2020 den Unmut der Fans zu, weil sie trotz des Daseins von Carson Wentz in Runde 2 plötzlich mit Jalen Hurts einen weiteren QB zogen. Ja, warum das denn? Gab es keine größeren Baustellen? Wo bleiben die Waffen für Wentz?

Die Begründung damals war, dass man gerne auf Quarterback abgesichert wäre, schließlich war es durchaus großes Glück, dass 2017 nach Wentz' Kreuzbandriss Backup Nick Foles einen bis heute unerklärlichen Run hingelegt hat, der sogar bis zum Titel geführt hat.

Entsprechend zog man Hurts, in der Hoffnung, mindestens einen vielversprechenden Backup für die kommenden Jahre zu haben - schlimmstenfalls hätte man ihn irgendwann vielleicht sogar für einen Extrapick traden können.

Am Ende kam alles ganz anders, da Wentz seine schleichende Implosion fortsetzte und schließlich derjenige war, der getradet wurde. Hurts übernahm 2021 als Vollzeit-Starter und blühte unter Head Coach Nick Sirianni spätestens 2022 richtig auf. Die Eagles gewannen 16 seiner 17 Starts inklusive Playoffs und er selbst brachte sich mit 37 Total Touchdowns in die MVP-Diskussion.

Weitsicht zahlt sich eben manchmal tatsächlich aus in der NFL.

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Receiving Corps

Ist Roseman in der vergangenen Offseason vielleicht der Trade des Jahres gelungen? Jedenfalls sammelte er mit seinem Move während des Drafts gute Argumente dafür.

Die Eagles schickten ihren 18. Pick, den sie wiederum von den Saints erhalten hatten, nach Tennessee und sicherten sich dafür Wide Receiver A.J. Brown. Und Brown wiederum legte - nach erfolgreicher Vertragsverlängerung - seine bislang beste Saison in der NFL hin. Mehr noch: Er wurde zu Hurts' Go-To-Receiver in den ganz wichtigen Situationen und ist der beste Big-Play-Receiver des Teams. Er hat das Niveau dieser Offense mit seiner puren Anwesenheit deutlich erhöht.

Damit ist Brown aber nicht der einzige gute Draft-Day-Trade von Roseman. Ein Jahr zuvor nämlich tradete er mit den Cowboys hoch, um den zehnten Pick zu ergattern. Damit holte er Wide Receiver DeVonta Smith, den Heisman-Gewinner aus Alabama.

Und auch wenn er nun nur die Nummer 2 im Receiving Corps der Eagles ist, ist auch er eine echte Waffe und ebenfalls einer, dem Hurts blind vertraut.

Neben diesen zwei Stars erweisen sich aber auch die Ergänzungsspieler Quez Watkins (6. Runde 2020) und Free Agent Zach Pascal als zuverlässig, wenn sie gebraucht werden.

Ein weiterer Go-To-Guy für Hurts ist zudem Tight End Dallas Goedert, der 2018 als Zweitrundenpick zum Team stieß, also im Jahr nach dem Super-Bowl-Erfolg, in dem gerade die Tight Ends groß aufspielten. Das hielt Roseman aber nicht davon ab, trotz Zach Ertz - mittlerweile in Arizona - nochmal nachzulegen auf dieser Position - Weitsicht eben!

Erwähnen muss man an dieser Stelle aber auch, dass nicht alle Picks der Eagles in den vergangenen Jahren Glücksgriffe waren. Dillard 2019 haben wir bereits erwähnt, doch da wäre auch noch ein massiver Fehlgriff im Draft 2020.

Man entschied sich unglaublicherweise für TCU-Receiver Jalen Reagor an Position 21, genau einen Pick, bevor die Vikings den späteren Superstar Justin Jefferson (LSU) gezogen haben. Reagor wurde letztlich zur laufenden Saison nach Minnesota getradet und blieb auch dort eine Randnotiz.

Man kann argumentieren, dass Roseman mit Smith und Brown diesen Fehler wieder ausgemerzt hat, doch diese Entscheidung schmerzt im Nachgang gewaltig.

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Running Backs

Ein Fehler, den Teams auch heute noch machen, ist zu viele Ressourcen für die Running-Back-Position aufzuwenden - Hallo Jerry Jones!

Die Eagles dagegen machen es schon seit Jahren richtig. Sie wissen, dass - gerade für ihr Spiel - das Run Game wichtig ist und daher gute Running Backs erforderlich sind. Sie wissen aber auch, dass man hier keine absoluten Stars braucht, die schnell teuer werden.

Schaut man auf das Super-Bowl-Team von 2017, waren LeGarrette Blount und Jay Ajayi die Backs im großen Spiel. Zudem stand mit Corey Clement ein weiterer verlässlicher Mann im Kader.

Heute sieht das Backfield ganz anders aus. Miles Sanders ist in aller Regel der Lead Back und war ein Zweitrundenpick 2019, wird also in Kürze Free Agent. Dahinter wusste der 2021er Fünftrundenpick Kenneth Gainwell genauso zu überzeugen wie Boston Scott, den man 2018 als Free Agent holte und teilweise noch in der Practice Squad parkte. Trey Sermon war zudem ein Waiver-Claim von den 49ers, die den Spieler erst 2021 in der dritten Runde gedraftet hatten. Er war aufgrund des Überangebots im Niners-Backfield irgendwann über, könnte den Eagles aber noch längere Zeit helfen, da er erst 2025 Free Agent wird.

Sermon und Gainwell sind die einzigen beiden, die über den Super Bowl hinaus unter Vertrag stehen, das Backfield der Eagles könnte also 2023 schon wieder ganz anders aussehen - ohne zwingend an Qualität zu verlieren.

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Defensive Line

Während die Offense ein Sammelsurium an Eigengewächsen ist, hat man die Defense deutlich diverser aufgestellt. Doch auch hier glt, dass gerade an der Front dann doch vordergründig über den Draft aufgebaut wurde.

Der Dienstälteste ist Brandon Graham, der ein Erstrundenpick des Teams 2010 war, also noch aus der Zeit von Andy Reid stammt. Er legte 2022 mit 11 Sacks seine produktivste Saison hin und das, nachdem er sich Anfang der Saison 2021 noch die Achillessehne gerissen hatte.

Zwei Jahre nach Graham, der im Übrigen mit seinem Strip-Sack in den Schlussminuten gegen Tom Brady zum Helden von Super Bowl LII wurde, zogen die Eagles dann Defensive Tackle Fletcher Cox, der es sechsmal in den Pro Bowl schaffte. Er ist seit Jahren eine Stütze dieser Line und kam nach einer Entlassung in der vergangenen Offseason mit einem teamfreundlicheren Vertrag doch nochmal zurück.

Gegenüber von Graham startet mittlerweile Edge Rusher Josh Sweat, der 2018 in Runde 4 gezogen wurde und den verletzten Derek Barnett ersetzt - der war wiederum ein Erstrundenpick 2017 und fällt bereits seit Woche 1 aus.

Abgerundet wird die Defensive Line von Defensive Tackle Javon Hargrave, den man 2020 als Free Agent von den Steelers verpflichtet hat. Auch er brachte es auf 11 Sacks und ist eine Macht durch die Mitte.

Im Draft 2022 kam mit Jordan Davis der designierte Nachfolger von Cox dazu. Für ihn tradete man mit den Texans hoch an Position 13. Dazu bestand aufgrund des vorhandenen Personals erneut keine dringende Notwendigkeit.

Und da man letztlich aufgrund von Verletzungen doch etwas dünn besetzt war an der Front, besserten die Eagles im Laufe der Saison noch mehrmals nach. Ndamukong Suh und Linval Joseph kamen als Free Agents, Edge-Verteidiger Robert Quinn per Trade von den Bears.

Allesamt mögen sie nur Ergänzungsspieler sein, doch stünden sie mit viel Erfahrung für den Notfall parat.

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Linebacker

Was A.J. Brown für die Offense ist, mag Edge Rusher Haason Reddick für die Defense sein - der beste Neuzugang, der das Gesamtniveau erhöht hat.

Reddick war einer der begehrtesten Free Agents auf dem Markt im vergangenen Frühjahr und spielte eine herausragende Saison. Er führte das Team mit 16 Sacks und 41 Pressures an und spielte somit seine beste Saison im fünften Jahr in der NFL. Ein wahrer Glücksgriff.

Allerdings bleibt die Linebacker-Position, zu der Reddick zumindest nominell zählt, insgesamt die schwächste Positionsgruppe der Eagles. T.J. Edwards war ein UDFA 2019, Kyzir White wiederum kam in dieser Saison als Free Agent von den Chargers.

Dahinter versucht man nun, etwas langfristig stabiles aufzubauen, wozu Nakobe Dean im Draft 2022 als Drittrundenpick geholt wurde. Noch allerdings kam er über die Rolle des Special-Teamers kaum hinaus.

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Secondary

Eine große Schwachstelle war vor nicht allzu langer Zeit noch die Secondary. Das allerdings änderte sich schlagartig mit der Ankunft von Cornerback Darius Slay, der seit 2020 nach einem Trade mit den Lions nach Philly kam. Er war so etwas wie die Initialzündung für die Wende auf dieser Position.

Zudem fiel den Eagles in dieser Saison James Bradberry in den Schoß, nachdem ihn die Giants nach jahrelangem Cap-Mismanagements gehen ließen. Er bekam einen Prove-it-Vertrag und hat definitiv bewiesen, dass er einen großen Deal wert ist - wo auch immer.

Auch Slays damalige Verfügbarkeit war einem schlechten Regime geschuldet. Der damalige Head Coach Matt Patricia hatte ihm damals gesagt, dass er "nicht auf dem allerhöchsten Level" sei, wie Slay kürzlich erzählte. Mittlerweile ist Slay fünfmaliger Pro-Bowler

Abgerundet wird die Cornerback-Position von Slot-Corner Avonte Maddox, der der einzige eigene Draftpick unter den Startern dieser Unit ist. Er war ein 2018er Viertrundenpick.

Die Safety-Position ist ebenfalls das Ergebnis eines längeren Prozesses. Und auch hier halfen die Probleme der anderen. Marcus Epps war ein Sechstrundenpick 2019 der Vikings, die ihn noch im selben Jahr entließen. Die Eagles holten ihn von der Waiver Wire und bauten ihn nach und nach auf. Seit 2022 ist er Vollzeit-Starter.

Nebenmann C.J. Gardner-Johnson, der die Liga mit 6 Interceptions anführte in dieser Saison, kam per Trade von den Saints. Und warum? Cap-Probleme in erster Linie ...

Zudem erwies sich UDFA Reed Blankenship ebenfalls als guter Griff, der zuletzt als Safety einsprang, wenn Gardner-Johnson den verletzten Maddox im Slot ersetzte.

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