DHB vs. Spanien - das Panel zur Handball-EM: "Prokops Kopf zu fordern, ist völliger Blödsinn"

Für Christian Prokop ist es das erste Turnier als Bundestrainer
© getty

Nach dem Triumph der Tschechen gegen Mazedonien hat das DHB-Team sein Endspiel ums Halbfinale gegen Spanien (20.30 Uhr im LIVETICKER) sicher. Was ist der Schlüssel zum Sieg? Wird Christian Prokop fair behandelt? Vertrauen die Spieler dem Bundestrainer? Und wer sind eigentlich die Typen in der deutschen Mannschaft?

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Vor dem Showdown diskutiert SPOX-Redakteur Felix Götz im Panel zur Handball-EM 2018 in Kroatien mit Olaf Bruchmann (Chefredakteur Handballwoche), Christoph Dach (Tagesspiegel) und Sascha Staat (Kreis Ab - der Podcast).

Prokop hat bisher in der Öffentlichkeit keine faire Chance bekommen!

Olaf Bruchmann: Christian Prokop hat bei manchen Nominierungen etwas unglücklich agiert, aber er ist der Bundestrainer, hat deshalb die Entscheidungsgewalt und seine Entscheidungen müssen respektiert werden. Man muss ihm die Chance geben, zu beweisen, dass das, was er sich taktisch zurechtgelegt hat, funktioniert. Deshalb ist eure These auch berechtigt. Es kann sein, dass man ein bisschen unfair mit ihm umgeht und ihn zu schnell verurteilt. Er hat eben kein Standing. Vielleicht wäre es auch ganz gut gewesen, ihm noch zwei, drei Jahre in der Bundesliga zu geben, um sich zu entwickeln. Dagur Sigurdsson hatte bereits vor seinem Amtsantritt eine andere Reputation - auch auf internationaler Ebene. Er hat Österreich trainiert, was jetzt natürlich nicht die ganz große Handball-Macht ist. Dennoch wusste er, wie es bei einer EM zugeht. Prokop ist ein sehr unerfahrener Trainer, was nicht heißt, dass er ein schlechter Trainer ist.

Christoph Dach: Das sehe ich anders. Bob Hanning meinte zwar, dass die Kritik teilweise persönlich geworden sei, aber diesen Eindruck kann ich nicht teilen. Es geht doch niemandem darum, den Menschen Christian Prokop zu diskreditieren. Es geht um eine Beurteilung der sportlichen Leistung, die muss er sich gefallen lassen. In den ersten Spielen hat es ziemlich gehakt und vieles war wackelig, daran hatte der Bundestrainer einen großen Anteil. Die Nichtnominierung von Lemke war sein Kardinalfehler. Damit hat er eine Baustelle aufgemacht, die es nicht gebraucht hätte. Selbst Leute, die nur einmal im Jahr Handball schauen, werden sich erinnern, dass Lemke zusammen mit Andreas Wolff in den vergangenen Jahren der Kopf dieses Teams war. Prokop hat meiner Meinung nach auch ein wenig die Wucht des Amtes unterschätzt.

Sascha Staat: Bei der These, dass Prokop keine echte Chance bekommen hat, stimme ich zu. Die Leute sind bislang sehr hart mit ihm ins Gericht gegangen. Man muss die Kirche im Dorf lassen. Er hat Entscheidungen getroffen, die nicht populär waren. Aber ich finde, er hat diese Entscheidungen fachlich nachvollziehbar begründet. Mir geht es mit der Kritik am Bundestrainer zu schnell. Es ist sein erstes Turnier und die Aufgabe als Titelverteidiger ist aufgrund der Erwartungshaltung sehr schwierig.

Felix Götz: Wie Christoph kann auch ich nicht verstehen, warum sich der Bundestrainer mit der Nichtnominierung von Finn Lemke völlig unnötig angreifbar gemacht hat. Bastian Roscheck war nun wirklich sehr weit davon entfernt, eine wichtige Rolle einnehmen zu können. Prokop wirkt während der EM teilweise nervös, seine vielen Wechsel fand ich mitunter etwas wild. Dass er grundsätzlich aber ein sehr guter Coach ist, steht außer Frage. Wenn man sich ansieht, was in den sozialen Medien passiert, ist das schon schräg. Prokop hat überhaupt kein Standing. Es kommt der Eindruck auf, er wäre für jeden technischen Fehler, für jeden nicht gehaltenen Ball, für jede schlechte Leistung alleine verantwortlich. So nach dem Motto: Alles was Dagur Sigurdsson gemacht hat, war goldrichtig. Alles was Prokop macht, ist grundsätzlich falsch. Das ist natürlich absoluter Unsinn. Und nicht vergessen, Freunde: Prokop und sein Team sind nur einen Sieg gegen Spanien vom Erreichen ihrer Turnierziele entfernt.