Ausgeglichen war gestern

Von Martin Jahns
Düsseldorf ist mit Rekordpunktzahl Herbstmeister, der Vorsprung auf die Verfolger ist dennoch gering
© Getty

Die Hinrunde der 2. Liga ist zu Ende. Im Aufstiegskampf haben sich fünf Teams aussichtsreich positioniert, im Tabellenkeller ist der FC Ingolstadt selbst mit mageren zehn Punkten nicht weit vom rettenden Ufer entfernt. SPOX zieht Zwischwenbilanz nach einer erstaunlich unausgeglichenen ersten Saisonhälfte: Wer hat überrascht, wer enttäuscht? Haben die Trainerwechsel etwas gebracht und was war neben dem Platz das bestimmende Thema?

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Die Überraschungen

Fortuna Düsseldorf

Nach einem vierten und einem siebenten Platz in den letzten beiden Jahren geht Fortuna Düsseldorf mit einer noch nie dagewesenen Punktausbeute als Tabellenführer und Topfavorit auf den Aufstieg in die zweite Saisonhälfte.

17 Spiele ohne Niederlage und acht Siege in acht Heimspielen stehen zu Buche. Saisonübergreifend sind die Düsseldorfer seit 24 Ligaspielen ungeschlagen. Im DFB-Pokal steht man im Achtelfinale und spielt dort gegen den deutschen Meister Borussia Dortmund. Es läuft bei der Fortuna.

Als große Stärke der Düsseldorfer erweist sich die verblüffende Ausgeglichenheit des Kaders: Selbst einen Ausfall des 34-jährigen Toptorjägers Sascha Rösler, der mit zehn Toren seinen dritten Frühling erlebt, kann der Tabellenführer wie beim 2:1 gegen die Fürther am 16. Spieltag kompensieren. Nicht umsonst stehen drei Düsseldorfer in den Top Ten der Torschützenliste.

In der Hinrunde überzeugte die Fortuna mit ansehnlichem, in den entscheidenden Momenten zudem effizientem Fußball. Trainer Norbert Meier, der bereits 2004/2005 mit dem MSV Duisburg eine Herbstmeisterschaft und darauf folgend den Aufstieg feiern konnte, warnt dennoch vor Großspurigkeit. Auf die Frage, was Düsseldorf von der Konkurrenz unterscheide, entgegnete er: "Drei Punkte".

Denn trotz der fulminanten Hinrunde haben die Düsseldorfer kein dickes Punktepolster auf die Verfolger. Auf den Tabellenvierten aus St. Pauli beträgt der Vorsprung nur fünf Punkte. Ein Vorteil für die Rheinländer: In der Hinrunde spielten sie gegen die direkten Konkurrenten Paderborn, Eintracht Frankfurt und FC St. Pauli auswärts. Von den Topteams hat nur Fürth in der Rückrunde gegen die Fortuna Heimrecht.

SC Paderborn 07

Als der SC Paderborn die letzte Saison als Zwölfter abschloss, galt dies als das Maximum, was aus Kader und Vereinsumfeld herauszuholen sei. Spätestens nach dem Abschied von Erfolgstrainer Andre Schubert zum FC St. Pauli war für die Westfalen im bekanntlich schweren zweiten Jahr nach dem Aufstieg Schlimmes zu befürchten.

Doch Schuberts Nachfolger Roger Schmidt - zuvor beim Delbrücker SC und in der Regionalliga bei Preußen Münster auf der Trainerbank - formte aus einer Mannschaft voller Nobodys einen der unangenehmsten Gegner der Liga. Seit dem 4. Spieltag ist der SC Paderborn inzwischen ungeschlagen und belegt damit mit drei Punkten Rückstand auf den dritten Platz und beruhigendem Vorsprung auf die Abstiegsregion Rang fünf.

Symbolisch für den Aufschwung der Paderborner steht Stürmer Nick Proschwitz, der ablösefrei vom FC Luzern kam und in Deutschland zuvor durch die Reservemannschaften von Bundesligisten gereicht wurde. Inzwischen führt er mit zehn Toren die Torjägerliste der 2. Liga an und hat damit einen gewaltigen Anteil am Aufschwung seines Vereins.

Doch das Prunkstück der Ostwestfalen ist die Defensive: Mit 13 Gegentoren kassierte Paderborn die wenigsten Tore der Liga. Keines der sonst so torhungrigen Teams unter den ersten vier erzielte mehr als ein Tor gegen den Tabellenfünften.

Der SC Paderborn hat den Fußball in der Hinrunde wahrlich nicht revolutioniert, doch er hat mit taktischer Disziplin und gelungenen Transfers trotz des zweitkleinsten Liga-Etats dafür gesorgt, dass so etwas wie Euphorie im sportlich so gebeutelten Ostwestfalen aufkeimt: Erstmals in dieser Saison war gegen St. Pauli am 17. Spieltag ein Heimspiel in Paderborn ausverkauft. Inzwischen hat Paderborn bei den Zuschauerzahlen sogar den Lokalrivalen Arminia Bielefeld überholt.

Die Enttäuschungen

Alemannia Aachen

Sportchef Erik Meijer fand die richtigen Worte für den Saisonstart der Aachener: "Lachnummer der Liga" nannte er sein Team, das zwölf Spieltage auf seinen ersten Saisonsieg warten musste. Niedliche drei Tore erzielten die Aachener bis dahin, und fanden sich damit trotz akzeptabler Defensivwerte - vom fünften bis zum achten Spieltag spielte man immerhin vier Mal zu null - auf dem letzten Tabellenplatz wieder.

Der Kurs, mit dem unerfahrenen, aber bei den Fans beliebten Trainer Peter Hyballa eine junge Truppe aufzubauen, ist gescheitert. Erst durch einen Trainerwechsel konnte sich die Alemannia mit Siegen gegen die ebenfalls abstiegsbedrohten Ingolstädter und Karlsruher auf Rang 15 retten. Der Trend bei der Alemannia unter dem neuen Coach Friedhelm Funkel zeigt nach oben.

Grund zu Euphorie besteht jedoch nicht, denn es blieben die bisher einzigen Saisonsiege. Auch unter Funkel war die Punktausbeute bisher nur mittelmäßig. Der Trainer selbst zweifelte zuletzt an der Qualität des Kaders und verbannte unter anderem die Neuzugänge Jonas Strifler und Fabian Becker zu den Amateuren in die NRW-Liga.

In der Tat kann das Ziel in dieser Saison nur noch Klassenerhalt heißen. Dass der mit 13 Punkten aus der Hinrunde in greifbarer Nähe ist, haben die Aachener der Schwäche der Konkurrenten zu verdanken.

MSV Duisburg:

Es sollte der große Angriff der Zebras auf die Aufstiegsplätze werden. Im Sommer verbreiteten die Verpflichtungen von Florian Fromlowitz, Emil Jula und Jiayi Shao noch Aufbruchsstimmung. Doch nach dem katastrophalen Saisonstart mit fünf sieglosen Spielen in Serie ist man beim MSV Duisburg am Ende der Hinrunde schon froh, den Anschluss an das untere Mittelfeld gefunden zu haben.

Vor allem der Ausfall von Srdjan Baljak (Kreuzbandriss) machte den Duisburgern zu schaffen. Dass mit Branimir Bajic ein Abwehrspieler mit vier Toren vor Mittelfeldmann Daniel Brosinski bester Torschütze des MSV ist, deckt die Sturmmisere gnadenlos auf.

Nach dem peinlichen Zweitrundenaus im DFB-Pokal bei Regionalligist Holstein Kiel zog der Vorstand die Reißleine und entließ Trainer Milan Sasic. Unter Nachfolger Oliver Reck zeichnet sich nun trotz der Niederlage am 17. Spieltag gegen Tabellenführer Düsseldorf Besserung ab. Den Aufstieg muss der MSV Duisburg angesichts der überraschend unausgeglichenen Tabelle wohl dennoch abhaken.

Seite 2: Die Trainerwechsel, der Star, die Aufreger und die Zahlen

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