Wo Messi und Co. zu Weltstars wurden

Von Daniel Börlein
Einst schufteten sie in La Masia, 2009 holten sie den CL-Pokal: Puyol, Xavi, Messi und Iniesta (v.l.)
© Imago

Nicht klotzen, sondern kleckern. Nach diesem Motto stellt Florentino Perez eine Weltelf für Real Madrid zusammen. Für Kaka und Cristiano Ronaldo hat der neue Vereinsboss mal eben 150 Millionen Euro locker gemacht. Die beste Mannschaft der Welt ist derzeit aber ausgerechnet Reals größter Rivale: der FC Barcelona. Der Champions-League-Sieger verfolgt eine andere Philosophie. Stars wie Lionel Messi oder Xavi haben das Fußballspielen in La Masia gelernt - der hauseigenen Nachwuchsakademie.

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Beim FC Barcelona regiert das Chaos. Jeden Tag. Und keiner stört sich daran. Ganz im Gegenteil: Bei den Katalanen ist das Chaos fester Bestandteil des Trainings der Nachwuchskräfte.

"El caos", das Chaos, ist eine Übung in Barcas Jugendmannschaften. Dabei spielen zwei Teams gegeneinander. Nichts Ungewöhnliches eigentlich. Das Chaotische daran: Jeder Spieler der angreifenden Mannschaft bekommt einen Ball. Und alle spielen auf ein Tor.

Die beste Nachwuchsakademie der Welt

"Sie haben einen Gegenspieler vor sich und müssen gleichzeitig aus den Augenwinkeln immer darauf achten, nicht mit anderen Spielern zusammenzustoßen", erklärt Albert Benaiges, Barcas Jugendkoordinator.

Lionel Messi, Xavi und Andres Iniesta beherrschen das Chaos perfekt. Kein Wunder, wuchsen alle drei doch mit dieser Übung auf - in La Masia, der Nachwuchsakademie der Katalanen, der besten Nachwuchsakademie der Welt.

Sieben CL-Sieger aus La Masia

Neben Messi, Xavi und Iniesta entstammen auch Victor Valdes, Gerard Pique, Carles Puyol und Sergi Busquets der Talentschmiede im Nordwesten der Stadt. Alle sieben Spieler standen im Champions-League-Finale gegen Manchester United beim Anpfiff auf dem Platz.

Kapitän Puyol wird deshalb auch nicht mulmig, wenn er an Real Madrids Kaufwut denkt: "Ronaldo und Kaka sind tolle Spieler, keine Frage. Aber wir haben unsere Ausbildungsstätte. Das ist unser Faustpfand. Nicht umsonst haben sieben Spieler gerade das Triple geholt."

Eine derart hohe Quote an selbst ausgebildeten Spielern kann auf diesem Niveau wohl kein anderer Klub der Welt aufweisen. Dank La Masia, einem alten, katalanischen Bauernhaus.

Seit 1979 nutzt Barca das Gebäude als Nachwuchszentrum und hat dort die 60 größten Talente des Vereins unter einem Dach vereint.

Cruyff: Barcas Ansatz ist anders

La Masia allerdings ist keines dieser hochmodernen High-Tech-Leistungszentren. Neben den Schlafräumen gibt es auf 600 Quadratmetern nur Küche, Esssaal, Aufenthaltsraum, Bibliothek sowie mehrere Badezimmer und Umkleideräume. Auf Schnickschnack wird verzichtet. In La Masia geht es in erster Linie um Fußball. Um Barcas Fußball.

"Der Ansatz ist anders als der von fast allen anderen Klubs", sagt Jordi Cruyff, Sohn des legendären Johan Cruyff und selbst La-Masia-Schüler. "Es interessiert hier nicht, wie kräftig ein Junge ist, wie lange er rennen kann. Es interessiert nur: Was kann er mit dem Ball."

Kein Kraft- und Lauftraining

Und dafür wird trainiert. Immer mit der Kugel. "Bis die Spieler 16 sind, gehen sie bei uns kein einziges Mal in den Kraftraum. Sie machen keinen Dauerlauf, kein Zirkeltraining", sagt Benaiges. Am Ball verbessern sie alles: Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer - sie merken es nur nicht, weil sie immer an den Ball denken." Oder wie Cruyff es ausdrückt: "Barca lehrt, nicht kräftig, sondern intelligent zu sein."

Kein Zufall also, dass "Winzlinge" wie Iniesta, Xavi und Messi ihre Gegner regelmäßig an der Nase herumführen. Mal mit einer Körpertäuschung, mal mit einer schnellen Drehung, mal mit einem simplen Doppelpass.

Spielübungen auf engstem Raum

"Leute, die aus La Masia kommen, sind unersetzlich, denn sie lernen von klein auf, offensiv zu spielen und wie wichtig Ballbesitz und Kurzpassspiel sind", sagt Xavi, der diese Leitlinie in Perfektion umsetzt und zelebriert.

Kaum einer führt den Ball so eng wie der 29-Jährige, kaum einer passt so präzise wie Xavi. Weil er es in La Masia so gelernt hat.

Immer wieder mussten sich Xavi und seine Kollegen damals - wie Barcas Talente auch heute noch - in Spielübungen auf engstem Raum behaupten, im direkten Passspiel Lösungen finden, blitzschnell die Positionen wechseln und ständig zwischen Abwehr und Angriff umschalten.

Über 30 Talente aus La Masia

Das Barca von heute, Pep Guardiolas Barca, beherrscht das alles nahezu perfekt. Der Chefcoach der Blaugrana kam 1984 mit 13 Jahren selbst nach La Masia, durchlief alle Jugendmannschaften Barcas und schaffte schließlich den Sprung in die erste Mannschaft.

Mittlerweile haben schon über 30 Talente aus La Masia für die Katalanen in der Primera Division gespielt.

Nicht aus jedem wurde freilich ein Star a la Messi, Xavi oder Iniesta. Doch eines, sagt Guardiola, haben alle gemeinsam: "Jeder Spieler, der La Masia absolviert hat, unterscheidet sich vom Rest: Er hat den Barca-Stempel."

Der aktuelle Kader des FC Barcelona