Hinten links drückt der Schuh

Adrian Fink
27. Juni 201708:36
Der FC Liverpool in der KaderanalyseSPOX
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Jürgen Klopp startet in seine zweite komplette Saison als Trainer des FC Liverpool. Der Umbruch ist noch nicht abgeschlossen, besonders in der Abwehr müssen die Reds noch tätig werden. In der Offensive hingegen ist der Vierte der Premier League bereits gut aufgestellt.

Tor

Personal: Simon Mignolet, Loris Karius, Danny Ward

Offene Positionen: Keine

Kandidaten: Keine

Situation: Auch wenn Simon Mignolet und Loris Karius in der letzten Saison immer wieder heftig in der Kritik standen, werden die Reds auf dieser Position aller Voraussicht nach nicht nachlegen.

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Denn trotz der großen wirtschaftlichen Stärke des FC Liverpool gibt der Transfermarkt auf der Torhüter-Position kaum Kandidaten her, die auf Anhieb die unumstrittene neue Nummer eins wären.

Gegen eine Torhüterverpflichtung spricht auch, dass Karius-Berater Florian Goll einen Wechsel seines Klienten zuletzt kategorisch ausschloss. Vielmehr können sich die Fans wohl erneut auf einen Zweikampf zwischen Mignolet und Karius einstellen - letztes Jahr entschied der Belgier das Duell für sich.

Abwehr

Personal: Trent Alexander-Arnold, Connor Randall, Jon Flanagan, Nathaniel Clyne, Joel Matip, Dejan Lovren, Mamadou Sakho, Ragnar Klavan, Joe Gomez, Alberto Moreno

Offene Positionen: Linker Verteidiger, Innenverteidiger

Kandidaten: Josh Tymon, Michael Keane

Situation: Was war das für ein Desaster rund um Virgil van Dijk? Eigentlich war mit dem 25-Jährigen ein wahrer Transfer-Coup bereits unter Dach und Fach, dem Vernehmen nach wollten die Reds satte 57 Millionen Euro auf den Tisch legen. Doch dann kam alles anders. Weil die Reds bei ihrer Anfrage offenbar van Dijks Arbeitgeber (FC Southampton) kurzerhand übergingen, hat dieser Beschwerde eingelegt.

Klopp und Co. ruderten zurück und drückten in einem offiziellen Statement ihr Bedauern "für jegliche Missverständnisse rund um Virgil van Dijk" aus. Es bestehe kein Interesse mehr am gelernten Innenverteidiger. Spott und Häme in den sozialen Medien war den Reds sicher.

Nach dem gescheiterten Transfer muss Liverpool in der Abwehr also noch nachlegen. Auch wenn die Reds in der Zentrale nicht über die absolute Weltklasse verfügen, ist die Situation dort eigentlich gar nicht so prekär. Das einzige Fragezeichen steht momentan hinter Mamadou Sakho: Leihklub Crystal Palace will den 27-Jährigen zwar fest verpflichten, winkt bei der geforderten Ablösesumme von 34 Millionen Euro aber müde ab. Finden die Reds einen Abnehmer, dürfte das erwirtschaftete Geld wieder in einen Innenverteidiger fließen.

Dabei soll Michael Keane ins Visier der Reds geraten sein. Der Abschied des 24-jährigen Innenverteidigers vom FC Burnley scheint zwar so gut wie sicher, allerdings wird er aber auch von Tottenham, Everton und den beiden Leuchttürmen aus Manchester angebaggert. Geschätzter Kostenpunkt: Lockere 36 Millionen Euro.

Während Klopp in der zentralen Defensive auch ohne Keane mit Klavan, Matip, Lovren und dem Talent Gomez immerhin noch vernünftige Alternativen zur Verfügung stehen, gestaltet sich die Situation hinten links anders: Zwar erledigte James Milner seine Aufgabe als Linksverteidiger mehr als beachtlich, der zentrale Mittelfeldspieler würde den Reds aber auch auf seiner gelernten Position helfen.

Es besteht Handlungsbedarf: Der einzige gelernte Linksverteidiger Alberto Moreno wurde in der vergangenen Spielzeit auf die Bank verdonnert und soll der Times zufolge ohnehin lieber heute als morgen vom Hof geschickt werden.

Und da kommt Josh Tymon ins Spiel. Der 18-jährige Jungspund kickt bei Hull City und stand in der letzten Saison wettbewerbsübergreifend bereits zwölf Mal auf dem Rasen. Schon im Oktober wurde den Reds verstärktes Interesse am mehrfachen U-Nationalspieler nachgesagt, englischen Medienberichten zufolge versucht es der Tabellenvierte nun erneut, aber diesmal mit mehr Nachdruck.

Allerdings ist die Konkurrenz groß: Auch Stoke, Watford und Aston Villa sollen ihre Fühler ausgestreckt haben. Bleibt nur zu hoffen, dass Liverpool diesmal den Weg über den Verein sucht.

Mittelfeld

Personal: Emre Can, Lucas Leiva, Kevin Stewart, Jordan Henderson, Georginio Wijnaldum, James Milner, Marko Grujic, Philippe Coutinho, Adam Lallana

Offene Positionen: Keine

Kandidaten: Max Meyer, Naby Keita, Alex Oxlade-Chamberlain

Situation: Das Mittelfeld Liverpools ist völlig okay, aber nicht herausragend bestückt. Da Klopp gerne am System seiner Mannschaft schraubt und der Umbruch mit gedankenschnellen und wendigen Konterspielern noch nicht abgeschlossen ist, dürfte in diesem Mannschaftsteil im Sommer noch der ein oder andere Transfer über die Bühne gehen.

Dabei geht es nicht darum, eine spezielle Schwachstelle auszumerzen, sondern noch flexibler zu sein. Englischen Medienberichten zufolge hat Klopp deshalb auch seine Scouts zur U21-EM nach Polen geschickt. Objekt der Begierde: Max Meyer. Demnach ist Klopp von der Spielanlage des Schalkers angetan, will ihn vor einer Verpflichtung aber noch genauer unter die Lupe nehmen.

Schon länger - und vor allem hartnäckig - wirbt Liverpool um Naby Keita. Seit Wochen geistern Gerüchte um einen Wechsel durch die Gazetten, laut Liverpool Echo hat der Premier-League-Klub vor wenigen Tagen sogar ein Angebot von 57 Millionen Euro geschnürt. Einziges Problem: RBL mimt den Spielverderber und hat bereits angekündigt, keinen Leistungsträger abgeben zu wollen.

Aber auch der Bundesliga-Zweite kommt bei den gehandelten Summen ins Grübeln: So hat Leipzig laut der Bild eine Schmerzgrenze ausgerufen - und diese bei ungeheuerlichen 80 Millionen Euro festgenagelt. Leipzigs kompromisslose Einstellung könnte auch bei der Personalie Emil Forsberg (siehe Sturm) für Katerstimmung sorgen.

Zumindest im Mittelfeld hat Liverpool mit Alex Oxlade-Chamberlain offenbar bereits eine namhafte Alternative gefunden. Laut Mirror ist der Deal so gut wie in trockenen Tüchern, die Reds überweisen für den Nationalspieler demnach rund 34 Millionen Euro. Durchaus ein realistisches Szenario, immerhin war Oxlade-Chamberlain bei den Gunners in der letzten Saison kein unumstrittener Stammspieler mehr.

Klar ist aber auch, dass die Reds ihren Kader dann ausmisten müssten - und das nicht aus der finanziellen Perspektive. Gerade im zentralen Mittelfeld besteht mit Emre Can, Lucas Leiva, Kevin Stewart, Jordan Handerson, Georginio Wijnaldum, James Milner und Marko Grujic ein erdrückendes Überangebot.

Angriff

Das Personal: Sheyi Ojo, Ben Woodborn, Sadio Mane, Lazar Markovic, Roberto Firmino, Daniel Sturridge, Divock Origi, Danny Ings, Mohamed Salah, Dominic Solanke

Offene Positionen: Keine

Kandidaten: Douglas Costa, Kylian Mbappe, Pierre-Emerick Aubameyang, Emil Forsberg

Die Situation: Die Kaderplanungen in der Offensive sind bereits weit vorangeschritten. Rund 42 Millionen Euro haben sich die Reds die Dienste von Mohamed Salah kosten lassen. Ein Grund für dieses kostspielige Unterfangen dürfte die Variabilität des 25-Jährigen sein: Der Ägypter fühlt sich auf dem rechten Flügel zwar am wohlsten, kann aber auch im Zentrum oder auf Linksaußen stürmen.

Zusätzlich sicherte sich Liverpool das 19-jährige Chelsea-Talent Dominic Solanke. Auch Sadio Mane, der nach einer starken Saison die letzten Monate aufgrund einer Knieverletzung ausfiel und Ende des Monats zurückerwartet wird, fühlt sich wie ein halber Neuzugang an.

Wird Liverpool auf dem Transfermarkt tätig und schnappt sich einen weiteren Offensivspieler, müsste auf der anderen Seite wohl der ein oder andere Ergänzungsspieler auf Vereinssuche gehen. Erster Streichkandidat könnte Daniel Sturridge sein: Der 25-fache Nationalspieler erlebte - zurückgeworfen von Verletzungen - eine enttäuschende Saison und wird immer wieder mit einem Abschied in Verbindung gebracht.

Unabhängig davon muss ein potenzieller Neuzugang für diese Position eine hohe Messlatte überspringen, denn nur ein richtiger Kracher verstärkt die 78-Tore-Offensive der Saison 2016/17 entscheidend. Und mit einigen Spielern dieser Kategorie wurde Liverpool zuletzt hartnäckig in Verbindung gebracht, auch wenn die Reds bei keinem der Kandidaten als Favorit ins Rennen gehen: Neben Douglas Costa (Juventus Turin), Kylian Mbappe (Verbleib oder Real/Arsenal), Emil Forsberg (Leipzig stellt sich quer) und Emre Mor (Leihe zu schwächerem Klub wahrscheinlich) wurde selbst Pierre-Emerick Aubameyang (Verbleib oder PSG) genannt.

Aber auch ohne einen weiteren offensiven Neuzugang kann Liverpool ohne Kopfschmerzen in die neue Saison starten: Während Klopp im Sturm mit Firmino, Salah und Co. bereits ordentlich für den Kampf um die Spitze gerüstet ist, braucht es in der Abwehr noch frisches Blut.