O'Neill geht: Wer zahlt, sagt an

Von Falk Landahl
Martin O'Neill war von 2006 bis 2010 Cheftrainer bei Aston Villa
© Getty

Nur fünf Tage vor dem Start der neuen Premier-League-Saison hat Aston Villas Trainer Martin O'Neill das Handtuch geworfen. Offenbar sorgten Streitigkeiten zwischen Trainer und Besitzer des Klubs für die Trennung. Als Nachfolger wird nun auch Jürgen Klinsmann gehandelt.

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Am Samstag startet die neue Saison in England und Aston Villa steht ohne Trainer da. Der langjährige Coach Martin O'Neill hat am Montag seinen Rücktritt bekannt gegeben. Der vorherige Reservetrainer Kevin MacDonald wird interimsweise die Mannschaft übernehmen.

Obwohl O'Neill als einer der besten Trainer der Premier League gilt und immer mal wieder als Transferkandidat für die Big Four und der englischen Nationalmannschaft gehandelt wird, war das Verhältnis zu Aston-Villa-Besitzer Randy Lerner schon länger belastet.

Der Hauptgrund für die schlechte Beziehung lag wohl in der Transferpolitik des Vereins. Der bevorstehende Verkauf von James Milner zu Manchester City gab jetzt wohl den Ausschlag für eine Trennung. Offenbar war Lerner nicht bereit, die volle Ablöse in Neuzugänge zu re-investieren.

Hohe Transferausgaben

Seit O'Neills Ankunft im Jahr 2006 hat der Klub über 130 Millionen Euro für Neuverpflichtungen ausgegeben - davon hat Klubboss Lerner rund 90 Millionen aus eigener Tasche bezahlt. Nur Manchester City und die Tottenham Hotspurs hatten im gleichen Zeitraum höhere Ausgaben.

Während O'Neill weitestgehend freie Hand bei Transfers hatte und mit Ashley Young, James Milner und Stewart Downing einige Hochkaräter einkaufen konnte, erfüllten andere Neuzugänge nicht die Erwartungen und strichen hohe Gehälter ein. Curtis Davies beispielsweise kam trotz hoher Ablöse im letzten Jahr auf nur zwei Premier-League-Einsätze.

Trotz einiger Fehlschläge bei Transfers soll O'Neill aber intern sehr nachdrücklich die Meinung vertreten haben, dass man pro Jahr mindestens 35 Millionen Euro ausgeben müsste, um die eigene Position in der Liga halten zu können. Der anvisierte Angriff auf die Big Four war durch das Aufrüsten von Manchester City ohnehin mittelfristig in weite Ferne gerückt.

Lerner dreht den Hahn zu

Aufgrund vermeintlicher Fehlinvestionen (z.B. Steve Sidwell/ 6 Mio, Habib Beye / 3 Mio, Nicky Shorey / 4 Mio) entzog Boss Lerner dem Trainer im September 2008 das Vertrauen bei Transfers - und das Geld. Geschäftsführer Paul Faulkner bekam die Federführung bei Neuverpflichtungen und der Trainer behielt lediglich ein Mitspracherecht.

Ein weiterer Streitpunkt: Schon im letzten Sommer wurde mit Gareth Barry ein absoluter Leistungsträger verkauft, mit James Milner wird jetzt wohl der nächste folgen. O'Neill erwartete angeblich, dass wenigstens die Transfereinnahmen komplett für die Verbesserung des Kaders investiert werden, Lerner hingegen wollte nach Jahren der roten Zahlen wieder sparen. Der Streit eskalierte - und O'Neill schmiss hin.

"Ich würde gerne den Spielern, meinem Trainerteam und den Fans für das ganze Engagement und die Unterstützung danken, die sie dem Klub und mir persönlich in dieser Zeit gegeben haben", sagte O'Neill nach seinem Rücktritt. Die Kluboberen sparte er in seiner Dankesrede aus.

Vom Abstiegskandidaten zum Champions-League-Anwärter

Als O'Neill 2006 Aston Villa übernommen hatte, hatte der Klub aus Birmingham die Spielzeit gerade auf Platz 16 beendet und war nur knapp dem Abstiegskampf entgangen. O'Neill schaffte die Kehrtwende und führte die Mannschaft in der ersten Saison auf Platz 11, im zweiten Jahr bereits auf den sechsten Rang.

In der abgelaufenen Saison stand man sogar bis zum 28. Spieltag auf einem Champions-League-Qualifikations-Platz, was nicht zuletzt O'Neills hervorragenden Ruf in England und Europa weiter beförderte. Angeblich stand der Nordire sogar weit oben auf der Wunschliste des FC Liverpool, der sich letztendlich aber für Roy Hodgson entschied.

Als Nachfolger für den Trainerposten werden momentan der ehemalige Trainer der US-Mannschaft, Bob Bradley, und Fulhams neuer Trainer Mark Hughes gehandelt, berichtet der "Daily Telegraph". Andere englische Medien bringen neben dem ehemaligen englischen Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson auch Jürgen Klinsmann als Nachfolger ins Gespräch.

Fest steht, dass Interimscoach Kevin MacDonald zum Saisonstart am Samstag gegen West Ham United auf der Bank sitzen wird.