Familienzusammenführung oder "Kinderhandel"?

Von SPOX
Chelseas Eigentümer Roman Abramowitsch droht neuer Ärger
© Getty

Der Transferskandal des FC Chelsea könnte sich als Stich ins Wespennest entpuppen: Vergangenen Oktober hatten die Blues das damals elfjährige Ausnahmetalent Jeremy Boga vom ASPTT Marseille nach London gelockt, offenbar mit unlauteren Methoden. Der französische Verein erwägt nun, Anklage bei der FIFA zu erheben.

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Ist der unerlaubte Transfer von Gael Kakuta kein Einzelfall? Der FC Chelsea hatte den 17-Jährigen vom RC Lens zum Vetragsbruch angestiftet und wurde dafür mit einer Transfersperre belegt. Nun droht den Blues offenbar weiterer Ärger aus Frankreich: Auch der ASPTT Marseille prüft jetzt, ob Anklage erhoben werden kann. 

Marseilles Präsident Robert Caturegli erhebt in der englischen Zeitung "The Guardian" schwere Vorwürfe in Richtung London: Chelsea soll das französische Nachwuchstalent Jeremy Boga mitsamt seiner Familie an die Stamford Bridge gelockt haben. Transfers von Minderjährigen sind laut FIFA-Statuten jedoch grundsätzlich verboten.

Im Oktober vergangenen Jahres wechselte der damals erst elfjährige Mittelfeldspieler vom ASPTT zu den Blues. In den vorangegangenen fünf Jahren hatte das Ausnahmetalent in der Nachwuchsabteilung des Vereins an der Mittelmeerküste trainiert.

Haus und Auto gegen Kind?

Die Rechtslage ist deutlich: Vereinswechsel sind für Minderjährige verboten, außer ein Teil der Familie zieht in ein anderes Land. Und genau diese Ausnahme machte sich der FC Chelsea zunutze. Praktischerweise arbeitete nämlich Bogas Vater in London - und schon war der Wechsel des heiß begehrten Youngsters eine rührende Familienzusammenführung. So die Version des FC Chelsea.

Marseille behauptet dagegen, die Familie sei mit großzügigen Versprechungen auf die Insel gelockt worden, um den Wechsel des talentierten Sohnes vorzubereiten.

Caturegli sagt, dass den Eltern des Jungstars sowohl eine Unterkunft als auch ein Auto in England angeboten wurde, um den Transfer möglich zu machen:

Marseille erwägt Klage

"Der Junge ist so talentiert, dass auch drei große Klubs in Frankreich an ihm interessiert waren. Aber Chelsea hat eine Möglichkeit gefunden, seine Mutter und die zwei Brüder nach England zu locken und sie in ein Haus in Wimbledon zu stecken. Die Mutter hat zudem ein Auto bekommen, um die Kinder zur Schule, zum Training oder wohin auch immer fahren zu können."

Caturegli ist empört: "Er war in unserem U-12-Nachwuchsteam. Er hatte keinen Vertrag, deshalb hatten wir das Gefühl, wir könnten nicht zur FIFA gehen. Wir sind die Opfer von so großen Klubs, die uns unsere Spieler stehlen." Nun prüft er, ob eine Anzeige bei der FIFA nicht doch erfolgreich sein könnte.

Familienzusammenführung oder "Kinderhandel"?

Unterstützung erhält er dabei von UEFA-Präsident Michel Platini. Dieser hatte erst kürzlich den Transfer von sehr jungen Spielern als "Kinderhandel" bezeichnet und auf das Schärfste verurteilt.

Auch Platini hat Zweifel an der sentimentalen Geschichte von der Familienzusammenführung: "Wenn die Familie wieder zusammenkommen wollte, hätte sie das auch in Marseille gekonnt. Mit Sicherheit hatte Chelsea keine sentimentalen Gründe für diese Familienzusammenführung."

"Wenn ein Kind aus der gewohnten Umgebung gerissen wird, fühlt es sich emotional desorientiert und genau das bezeichne ich als Kinderhandel", erklärte er im Februar in einer Rede im Parlament.

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