Die Hydra lebt immer noch

Wie geht's weiter in der FIFA? Sepp Blatter (r.) und Michel Platini
© getty

Blatter ist bald Geschichte - doch die Erleichterung darüber ist blauäugig. Denn: Das "Ungeheuer des Weltfußballs" hat mehr als einen Kopf und es fehlen die Helden, die sich dem entgegenstellen. Ein Kommentar von SPOX-Chefredakteur Haruka Gruber.

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"Ein guter Tag für den Fußball."

Kein Satz fiel so häufig, nachdem Sepp Blatter zum Erstaunen aller seinen Rücktritt als FIFA-Präsident bekanntgegeben hatte. DFL-Präsident Reinhard Rauball äußerte sich entsprechend, gleichfalls der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger oder Luis Figo, einer der Kandidaten auf die Nachfolge.

Doch bei aller Erleichterung über den bemerkenswerten Vorgang: Wie geht es weiter? So mächtig Blatter und so berechtigt dessen Rücktritt aus der Sicht der Vernunft und der Moral gewesen sein mag: Blatter war nie das alleinige Übel. Genauso wenig, wie die FIFA die einzig zu reformierende Institution ist.

Die Schattenseite des Weltfußballs mit allen Verflechtungen und gegenseitigen Abhängigkeiten ist wie die Hydra, das vielköpfige Schlangenungeheuer aus der griechischen Mythologie. Mit Blatter verlor die Hydra womöglich den größten Kopf, doch was geschieht mit den anderen Köpfen? Sind sich alle Beteiligten bewusst, wie viele Köpfe die Hydra überhaupt besitzt, die es abzuschlagen gilt? Und vor allem: Wer ist bereit, sich dem System entgegenzustellen?

Es gibt keine Indizien, wonach die Kontinentalverbände aus Afrika, Asien sowie Nord-/Mittel- und Südamerika mit Blatters Rücktritt plötzlich das Bestreben hätten, eine tiefgreifende Reform des bestehenden Systems anzustrengen. Zumal speziell die Verbände aus Nord- und Mittelamerika sowie Südamerika derzeit selbst mit dem Krisenmanagement im Zuge der FBI-Ermittlungen überlastet sein dürften.

Niersbach: "Hätte Blatter großen Abschied gewünscht"

Verbleibt die UEFA, die sich trotz wirtschaftlicher Potenz und sportlicher Bedeutung seiner Einzelverbände mal wieder als zu kleingewichtig auf der globalen Bühne erweist. Wenn Europa sich nun als eine Einheit begreifen würde, um gemeinschaftlich eine Umwälzung voranzutreiben und einen gemeinsamen FIFA-Präsidentschaftskandidaten zu finden - wer weiß, was möglich wäre. Die Realität ist eine andere: Die nationalen Verbände verfolgen ihre eigene Agenda und die UEFA sieht dem genauso ohnmächtig zu wie bei den Vorgängen in der FIFA zuvor.

Die Stimmen zum Blatter-Rücktritt

Angesichts der unübersichtlichen Gemengelage fällt es äußerst schwer zu erkennen, welche Beteiligten überhaupt bereit sind, die Köpfe der Hydra abzuschlagen. Oder ob diese nicht selbst zum System gehören.

Zumal die griechische Mythologie lehrt: Wenn die Hydra einen Kopf verliert, wachsen an der Stelle zwei neue nach. Das sollten sich all diejenigen vergegenwärtigen, die nun von der UEFA und dessen Präsidenten Michel Platini, dem Katar-Freund, ein Eingreifen bei der FIFA fordern.