Wackel-Lehmann in der Kritik

SID
Lehmann, Österreich, Fehler
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Wien - Auch der 531-Minuten-Rekord konnte Jens Lehmann nicht vor der Kritik und neuerlichen Diskussionen bewahren.

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Zwar hatte der Ersatzmann des FC Arsenal auch im Bruderduell gegen Österreich keinen Gegentreffer kassiert und damit die von ihm selbst gehaltene deutsche Torhüter-Bestmarke um zwei Minuten verbessert.

Doch nach einer ganzen Serie von Wackel-Einlagen zeigte sich sogar Bundestorwarttrainer Andreas Köpke etwas ratlos: "Ich habe im Moment keine Erklärung dafür. Jens hat sich sicher etwas anstecken lassen, da braucht man nicht drumrum zu reden."

Eine Reihe von Fehlern

Ein völlig unmotivierter Ausflug, zwei Patzer bei hohen Hereingaben, katastrophale Abwürfe, dazu ein von der Brust abgeprallter Ball - nur das Unvermögen der österreichischen Offensiv-Kräfte, die Rettungstat seines Kollegen Per Mertesacker und das Tor-Aluminium bewahrten für Lehmann die Null-Gegentore-Serie.

"Heute muss man sagen, dass er in der einen oder anderen Situation die Sicherheit nicht hatte", kommentierte Joachim Löw die Pannen seiner Nummer 1. Dem Bundestrainer dürfte nicht entgangen sein, dass Lehmann ausgerechnet in Situationen patzte, die schwer auf dem Trainingsplatz zu simulieren sind.

Lehmann uneinsichtig

Lehmann entschuldigte sich am Ende - jedoch nur für eine Situation. "Ich habe einen Fehler gemacht, zweifelsfrei, als ich mich verschätzt habe", räumte er nach seinem unmotivierten Ausflug fast bis an die Seitenlinie ein, schloss aber auch an: "Dass man nicht jeden Ball bekommen kann, wenn man so ein risikoreiches Spiel spielt wie ich, ist leider so."

Die sportliche Leitung, der ein Wechsel von Lehmann zu Borussia Dortmund im Winter und damit garantierte Spielpraxis vor der Europameisterschaft lieber gewesen wäre, vermied trotz der schwachen Vorstellung alle Kommentare, die am Status des Wahl-Londoners kratzen könnten.

"Wir lassen uns von der ganzen Situation nicht beirren", meinte Köpke und ergänzte: "Ihm ist natürlich klar, dass er vermehrt unter Beobachtung steht. Er hat auch zwei entscheidende Bälle gehalten, so dass die Null stand." Auch Teammanager Oliver Bierhoff verteidigte Lehmanns offensive Spielweise und betonte: "Wer Jens kennt, der weiß, dass er Druck braucht."

Löw spricht Vertrauen aus

Chef Löw, der um die neu angeheizten Lehmann-Diskussionen genau weiß, erneuerte: "Wir haben sehr viel Vertrauen zu ihm." Der Bundestrainer denkt trotz Lehmanns schwieriger Position in London - nur durch die Verletzung seines Rivalen Manuel Almunia war er zuletzt wieder in den Arsenal-Kasten gerückt - und die Wackler in der Nationalelf derzeit nicht über einen Wechsel seines Stammtorhüters für die EM nach.

Erstens hat er in Timo Hildebrand und Robert Enke nicht die ernsthafte Alternative, wie sie Lehmann selbst vor der WM 2006 für Platzhirsch Oliver Kahn gewesen war. Und zweitens hat Löw genügend andere Baustellen.

Fehlende Motivation

Die Reaktionen von Lehmann auf seine eigene Vorstellung dürften die DFB-Trainer allerdings wenig amüsieren. Er habe lieber Spiele, in denen es um richtig was geht, wo der Druck richtig groß ist, wies der Torwart auf seine eingeschränkte Motivation im 3:0-Test-Kick in Wien hin.

Fast trotzig gab er weiter zu Protokoll: "Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich zum letzten Mal in der Nationalmannschaft einen Fehler gemacht habe. Wenn Deutschland nichts anderes zu diskutieren hat, dann ist es einerseits schön, weil wir sonst keine Probleme haben und ich kann damit leben. Damit lebe ich immer als Torwart. Sie können schreiben, was Sie möchten, das werden Sie auch tun. Sie haben ansonsten nichts zu diskutieren."

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