"Vielleicht werde ich ja Hausfrau"

Von Roman Ahrens
Ivica Banovic spielt seit 2014 für den Halleschen FC
© getty

Ivica Banovic ist seit 15 Jahren Profi in Deutschland und hat einiges erlebt. Er war Deutscher Meister, stand in drei Pokalfinals und ist abgestiegen. Der Kroate hat Thomas Schaaf und Hans Meyer als Trainer erlebt. Mittlerweile spielt er beim Halleschen FC. Mit SPOX spricht er über seinen fast geplatzten Wechsel zu Bremen, gute Ratschläge und ungewöhnliche Jubel.

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SPOX: Herr Banovic, beim Halleschen FC ging es nach dem Trainerwechsel erst steil bergauf, mittlerweile hängen Sie wieder im Mittelfeld. Wohin geht die Reise des HFC in dieser Saison?

Ivica Banovic: Nach den ersten vier Spieltagen waren wir schon unten, auch danach wurde es ja nicht viel besser. Das einzige Ziel in dieser Saison kann nur sein, in der Liga zu bleiben. Auch weil man sieht, dass jeder gegen jeden gewinnt.

SPOX: Sie wurden vom HFC 2014 als verletzter Spieler verpflichtet. Verspüren Sie Dankbarkeit dafür oder ist das nur reines Geschäft?

Banovic: Dankbarkeit ist ein gutes Stichwort. Auch dafür, dass ich überhaupt Profi bin. Bei der Verpflichtung war ich auch nicht mehr der Jüngste. Normalerweise holen die Vereine ja eher jüngere Spieler, auch aus wirtschaftlichen Gründen. Vielleicht hätte ich ohne den HFC meine Karriere schon beendet.

SPOX: Wie erleben Sie die Unterstützung der HFC-Fans, die in der Vergangenheit ja auch negativ aufgefallen sind?

Banovic: Mit den ganzen negativen Dingen habe ich mich wenig auseinander gesetzt, teilweise war das auch vor meiner Zeit. Aber ohne die Fans, die Freitagabends durch ganz Deutschland fahren und dann 50, 60 Euro für sowas ausgeben, hätte ich im Endeffekt meinen Job gar nicht.

SPOX: Vor den eigenen Fans stieg auch das letzte Duell gegen Ihren Ex-Verein Cottbus. Mit welchem Gefühl bestreiten Sie Spiele gegen die alten Kollegen?

Banovic: Man freut sich immer auf diese Duelle. Ein Sieg fühlt sich da auf jeden Fall gut an, aber übermotiviert gehe ich in solche Partien nicht.

SPOX: Dabei war die Zeit in Cottbus ja recht durchwachsen, am Ende wurden Sie aus dem Mannschaftsrat gewählt und sind abgestiegen.

Banovic: Ich wurde in Cottbus öfter als Einzelgänger bezeichnet, das mag auch zutreffen. Ich habe immer wieder gefordert, dass wir mehr arbeiten müssen. Für die vielen jungen Burschen war das vielleicht ungewohnt, da wählt man sich dann lieber untereinander. Vielleicht verstehen sie mich, wenn sie mal in meinem Alter sind (lacht).

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SPOX: Sie sind in Ihrer Karriere viel rumgekommen. Wie intensiv sind Ihre Verbindungen zu den alten Kollegen noch?

Banovic: Aus Freiburg telefoniere ich öfter mit Mensur Mujdza. Von vielen anderen Spielern könnte ich ja der Vater sein. Aus Bremer Zeiten vor allem noch mit Mladen Kristajic. Aber wir haben eine WhatsApp-Gruppe mit der Meistermannschaft (2003/2004, Anm.d.Red.). Im September gab es auch ein Treffen mit 15,16 Spielern. Leider konnte ich nicht, weil ich der einzige noch Aktive bin und ein Spiel hatte (lacht).

SPOX: Freiburg haben Sie als die schönste Station Ihrer Karriere bezeichnet. Was war da so besonders?

Banovic: Freiburg hat mich auf jeden Fall geprägt, auch wegen der großen Arbeitsmoral dort. Das hat gut zu mir gepasst, viele Spieler mussten sich ihre Karriere hart erarbeiten. Auch die Trainingslager waren richtig hart. Aber nur so kann es klappen, wenn jedes Jahr fünf oder sechs Leistungsträger gehen. Wenn man dann noch im Uefa-Pokal spielt, kann man auch mal absteigen. Dieses Jahr steigt der SC aber sicher wieder auf.

SPOX: Zum Double mit Bremen 2004 konnten Sie insgesamt nur 39 Minuten etwas beitragen. Wie viel sind die Titel für Sie wert?

Banovic: Das ist schön für die Biographie, aber man es fühlt sich sicher anders an als für einen Stammspieler. Die wenigen Einsätze waren aber meine eigene Schuld, ich war viel zu ungeduldig und habe viele Fehler gemacht. Zufall war der Erfolg nicht, ich stand ja noch zweimal im Pokalfinale (Nürnberg 2007, Duisburg 2010, Anm.d.Red.).

SPOX: Wieso hat es trotz allem nur zu zwei Länderspiele für Kroatien gereicht?

Banovic: Da kamen viele Faktoren hinzu, aber der Hauptgrund war meine mangelnde Kontinuität. Auf zwei überragende Monate folgten immer wieder zwei grottenschlechte. Im Endeffekt überwiegt aber der Stolz, es überhaupt geschafft zu haben. Es hätte alles deutlich schlechter laufen können für mich.

SPOX: Inwiefern?

Banovic: Vor dem Wechsel nach Bremen stand meine Karriere wegen einer Verletzung schon auf der Kippe. Die Ärzte rieten mir damals, mit dem Fußball aufzuhören. Beim Wechsel zu Werder dachte ich eigentlich, ich spare etwas Geld und gehe dann wieder nach Hause - daraus sind dann 15 Jahre geworden, das hätte ich nie gedacht. Bremen habe ich beim ersten Gespräch sogar abgesagt.

SPOX: Wieso das?

Banovic: Ich fühlte mich wohl bei Zagreb. Mein Studium hatte gerade angefangen, meine Familie und Freunde waren da. Ich hatte ja alles. 1000 Mark habe ich damals im Monat verdient. Warum sollte ich gehen? Heute weiß ich, dass ich mit dem Wechsel alles richtig gemacht habe, aber damals konnte ich das alles nicht verstehen. Am Ende hat auch mein Verein wegen der guten Ablöse auf einen Wechsel gedrängt.

SPOX: Bei Werder waren Sie einer der Jüngsten, jetzt sind Sie längst ein Routinier. Wie erleben Sie diesen Wandel?

Banovic: Ich hatte früher keine Persönlichkeit. Ich war mit 17 Profi, dann kommt man mit mit 19 in ein Team mit Leuten wie Andi Herzog, Dieter Eilts oder Ailton - das waren Persönlichkeiten! Da muss man sich erstmal durchsetzen. Das haben nur wenige geschafft, so wie Claudio Pizarro. Mittlerweile bin ich auch durch die Familie sicher reifer und cleverer geworden. Ob das andere auch so sehen, weiß ich natürlich nicht.

SPOX: Suchen die jüngeren Spieler wie z.B. Osayamen Osawe beim HFC denn jetzt Ihren Rat?

Banovic: Ich würde mich freuen, wenn da mehr kommen würde. Von mir aus sage ich nicht so viel, du kannst keinen gegen seinen Willen ändern. Das müssen jüngere Spieler schon selber machen. Denen wird von den Vereinen mittlerweile eh viel abgenommen. Früher hatte man zum Beispiel gar keine Ahnung, was richtige Ernährung bedeutet.

SPOX: Sie haben auch viele Trainerpersönlichkeiten kennengelernt. Wer hat Sie am meisten geprägt.

Banovic: Das war sicherlich Hans Meyer, der hat einfach alles gehabt. Er konnte auch völlig verunsicherte Spieler wieder aufbauen. Bevor er zum Club kam, wollte keiner den Ball haben, danach plötzlich jeder. Thomas Schaaf tue ich damit vielleicht weh. Aber ich kann ihn nicht richtig beurteilen, da war ich einfach nicht wach.

SPOX: Was hat denn Hans Meyer 2006 zu ihrem ausgiebigen Jubel nach dem Elfmetertor zum 1:2 in der Nachspielzeit gegen Bremen gesagt?

Banovic: Das hab ich schon verdrängt (lacht). Die Aktion war wegen einer Wette mit einem Freund, dem ich ein Tor versprochen hatte. Ich war enttäuscht, gegen meinen Ex-Verein nicht beginnen zu dürfen. Ein gutes Beispiel für die Fehler, die man macht, wenn man jung ist.

SPOX: Dabei lesen Sie regelmäßig Psychologie-Bücher?

Banovic: Ja, das ist schon ein Interesse von mir, genau wie Philosophie. Warum denken wir so, wie wir denken? Solche Fragen finde ich interessant. Vor allem Anthony de Mellos Buch "Der springende Punkt" ist da für mich wichtig.

SPOX: Ihre Jubel waren öfter speziell, mal hatten Sie ein Spielzeugauto dabei, mal eine Parfümprobe ihrer Frau.

Banovic: Das Auto hat mein Sohn mir gegeben. Dass das direkt im ersten Versuch geklappt, hat war natürlich Glück, so viele Tore schieße ich ja dann doch nicht (lacht).

SPOX: Ihr Vertrag läuft am Saisonende aus. Wie geht es danach weiter?

Banovic: Ich denke, das wird meine letzte Saison. Ich fühle mich zwar fitter als mit Mitte Zwanzig, aber die räumliche Trennung von meiner Familie, die in Freiburg lebt, spielt eine große Rolle. Und beim HFC laufen 18 Verträge aus, da steht nach der Saison sicherlich auch ein Umbruch an.

SPOX: Eine klare Idee gibt es für Sie also noch nicht?

Banovic: Vielleicht werde ich ja Hausfrau (lacht). Oder Spielertrainer in der Bezirksliga. Momentan trainiere ich schon nebenbei die U13 des HFC, ich bin für alles offen.

Ivica Banovic im Steckbrief