"Ich musste mir auf die Zunge beißen"

Von Interview: Philipp Pander
Heiko Herrlich übernahm die Nachfolge von Klaus Augenthaler bei der SpVgg Unterhaching
© Getty

Heiko Herrlich trainiert seit dieser Saison die SpVgg Unterhaching. Im Interview spricht der Bundesliga-Torschützenkönig von 1994 über die Details seiner Verpflichtung, Probleme mit der Presse und die große Bedeutung von Manni Schwabl.

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SPOX: Herr Herrlich, Sie wurden als Spieler mit Borussia Dortmund deutscher Meister und haben die Champions League gewonnen. Nun sind Sie Trainer in der 3. Liga, wo alles ein bisschen beschaulicher ist. Mögen Sie das an Unterhaching?

Heiko Herrlich: Ja, wir haben hier eine sehr positive Gemeinschaft. Man hilft sich untereinander und dieses Klima in Unterhaching gefällt mir schon sehr gut.

SPOX: Wie kam der Kontakt nach Unterhaching überhaupt zustande?

Herrlich: Das lief über den Nachwuchskoordinator Manfred Schwabl. Wir hatten eigentlich erst angedacht, dass ich mich im Jugendbereich einbringe, was ich auch gerne gemacht hätte. Doch dann ist der Wunsch an mich herangetragen worden, dass ich die erste Mannschaft übernehmen soll, worauf wir uns dann auch verständigt haben.

SPOX: Hatten Sie noch Angebote anderer Vereine?

Herrlich: Nein, ich war so auf die Aufgabe fixiert, im Jugendbereich zu arbeiten, dass ich mich mit anderen Dingen gar nicht mehr beschäftigt habe.

SPOX: Welche Rolle spielte es bei der Entscheidung, dass Sie bereits seit einem halben Jahr in München wohnen?

Herrlich: Das war einer der Hauptgründe. Ich wollte in München bleiben.

SPOX: Sie beerbten Klaus Augenthaler als Trainer. Haben Sie sich mit Ihrem Vorgänger ausgetauscht?

Herrlich: Nein, da gab es bis heute keinen Kontakt. Das hätte auch keinen großen Sinn gemacht. Wir haben 15 Leute abgegeben und von so jungen Leuten muss man sich immer ein eigenes Bild machen.

SPOX: 23 Ihrer 29 Spieler im Kader sind 23 Jahre oder jünger. War das niedrige Durchschnittsalter für Sie ein Entscheidungskriterium für den Job? Schließlich hatten Sie stets Erfolg beim DFB und in Dortmund mit den Jugendmannschaften.

Herrlich: Für mich ist es wichtig, dass ich Spieler habe, die noch Ziele haben. Und da spielt das Alter eigentlich keine Rolle. Aber das kann man im Vorhinein nie genau einschätzen. Es gibt junge Spieler, die keine Ziele mehr haben und es gibt alte Spieler, die noch viele Ziele haben. Ein Christoph Dabrowski hat sich in Bochum noch täglich verbessern lassen.

SPOX: Stichwort Bochum: Sie hatten dort gegen Ende Ihrer Beschäftigung massive Probleme mit einigen Pressevertretern. Auf einer Pressekonferenz wehrten Sie sich gegen die Berichterstattung des Boulevards. Im Raum München ist der Boulevard auch nicht weit. Haben Sie Konsequenzen aus den damaligen Vorkommnissen gezogen?

Herrlich: Ich habe sicherlich daraus gelernt. Es macht keinen, Sinn Privat-Fehden zu führen. Das sind Fehler, die man macht, und Lebenserfahrung, die man für die Trainerlaufbahn sammelt. Heute würde ich wahrscheinlich gelassener reagieren.

SPOX: Unterhaching befindet sich seit Jahren personell im stetigen Wandel. In jeder Transferperiode gibt es viele Ab- und Zugänge - normalerweise das Grauen eines jeden Trainers. Hat Sie diese Tatsache vor der Unterschrift nicht abgeschreckt?

Herrlich: Nein, das wusste ich ja vorher. Ich wusste, dass ich hauptsächlich mit jungen Spielern aus der Bayernliga arbeiten werde und das war kein Problem.

SPOX: Die Spielvereinigung nagt am Hungertuch, hat nur knapp die Lizenz für die dritte Liga erhalten. Wie sehr mussten Sie sich angesichts der geringen Mittel bei der Kaderplanung auf die Zunge beißen?

Herrlich: Das ist richtig. Da musste ich mir eben auf die Zunge beißen. Ich wusste, was auf mich zukommt, und ich wollte mit dieser Rohmasse junger Spieler zusammenarbeiten. Die Transfers, die wir noch mit Bigalke, Niederlechner, Yannic Thiel und Roland Sternisko gemacht haben, sind alle geglückt. Sie sind alle Stammspieler.

SPOX: Auch auf anderen Positionen im Verein gibt es wenig Konstanz. Nach nur dreieinhalb Monaten im Amt musste im Juli Manager Grünberger gehen. Und Sie sind der vierte Trainer seit 2010. Das sind keine optimalen Vorzeichen.

Herrlich: Das interessiert mich relativ wenig. Ich wusste, was los war und versuche jetzt die Dinge zu strukturieren, wie ich es für richtig halte. Der Manni Schwabl ist dafür eine ganz wichtige Person. Er war in die gesamten Transfers involviert und wird in alle sportlichen Entscheidungen miteinbezogen. Ich weiß, dass er das nicht gerne hört, aber er ist so ein bisschen der heimliche Architekt der ganzen Geschichte hier, der aber lieber im Hintergrund bleibt.

SPOX: Dabei ist Manni Schwabl doch eigentlich Nachwuchskoordinator.

Herrlich: Er ist permanent bei unseren Spielen dabei, bei jedem Training ist er Zaungast. Er bringt Ideen mit und spricht mit den Spielern. Darüber hinaus macht er noch den Jugendbereich. Seit er dort arbeitet, sind Erfolge zu erkennen. Alleine vier Jugendmannschaften sind in der letzten Saison Erster geworden. Die U19 und U17 sind in die Junioren-Bundesliga aufgestiegen.

SPOX: Gute Vorzeichen für die Zukunft.
Herrlich: Absolut. Darüber bin ich auch total froh und die Zusammenarbeit macht richtig Spaß. Ich denke auch, dass wir im organisatorischen Bereich sehr gut aufgestellt sind.

SPOX: Sie scheinen sich in Haching richtig wohlzufühlen.

Herrlich: Der Eindruck täuscht nicht. Der Job in Unterhaching ist für mich unheimlich reizvoll. Ich habe hier riesigen Spaß, mit der Mannschaft, den Charakteren, diesen Menschen zu arbeiten. Wenn ich etwas anfange, denke ich nie daran, dass das jetzt ein Sprungbrett ist, sondern kann es nur mit sehr vielen Emotionen machen. Ich gehe voll im Jetzt auf.

Heiko Herrlich im Steckbrief

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