"Scholl ist kein Kumpeltyp"

Von Interview: Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Im Juli wechselte Tom Schütz (22) von den Amateuren des FC Bayern zum SV Babelsberg 03
© Getty

Tom Schütz spielte einst mit Mats Hummels bei den Amateuren des FC Bayern München und erlebte dort Trainer wie Hermann Gerland und Mehmet Scholl. Während Hummels bei Borussia Dortmund zum Shootinstar avancierte, wechselte Schütz vor dieser Saison zum Aufsteiger SV Babelsberg 03 und kämpft dort um den Klassenerhalt in der 3. Liga.

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Warum sich Schütz sicher ist, dass sein Weg der richtige war, welches außergewöhnliche Hobby er pflegt und wieso sein Coach den Babelsberger Trainingsplatz hasst, erzählt er im Interview mit SPOX.

SPOX: Herr Schütz, sind Sie an einer Schauspielkarriere interessiert, oder wieso halten Sie sich immer in der Nähe von Filmstudios auf?

Tom Schütz: (lacht) Nein, ich halte mich da nur auf, um meine Freundin zur Arbeit zu bringen oder um sie abzuholen. Sie ist dort Volontärin bei einem Radiosender.

SPOX: Und berichtet über Sie wie die Freundin von Iker Casillas in Spanien?

Schütz: Nein. Sie arbeitet bei einem Kindersender und beschäftigt sich eher mit anderen Dingen. (lacht)

SPOX: Dabei lief es sportlich zuletzt mit zwei Siegen gut. Davor gab es aber nur zwei Punkte aus sechs Spielen. Ist das ein normales Leistungsloch für einen Aufsteiger?

Schütz: Gute Frage. Nach elf, zwölf Spielen hat man bei manchen Spielern schon gemerkt, dass sie ein kleines Tief hatten. Dann reichen Kleinigkeiten und schon hat man eine negative Serie. Uns haben immer ein paar Prozent gefehlt, das hat sich in den letzten Partien wieder geändert.

SPOX: Trainer Dietmar Demuth ist ein erfahrener ehemaliger Bundesligaspieler und Trainer. Was macht ihn aus?

Schütz: Ich erlebe ihn unter der Woche als ruhigen und sachlichen Trainer, der immer ein offenes Ohr für seine Spieler hat. Er fordert immer höchste Konzentration, ist aber auch gerne für einen Spaß zu haben. Er bringt uns Stück für Stück nach vorne.

SPOX: Die nächsten Gegner heißen Saarbrücken, Sandhausen, Wiesbaden und Bayern II. Bis auf Wiesbaden sind das Teams, die hinter Ihnen stehen. Danach ist klar, wohin die Reise geht, oder?

Schütz: Das ist meine dritte Saison in der Liga und ich weiß, dass man bis zu den letzten fünf, sechs Spieltagen nie so richtig absehen kann, wohin die Reise geht. Klar, gewinnen wir diese Spiele, schaut es gut aus. Aber es ist erstmal nicht wichtig, wie der Stand in drei Wochen ist. Wir sind jetzt gut in Form und wollen gegen Saarbrücken punkten.

SPOX: Sie freuen sich aber schon auf Ihre Rückkehr nach München zum FC Bayern?

Schütz: Auf jeden Fall! Das ist ein Highlight für mich. Ich kenne noch viele Spieler und freue mich auf das Stadion. Das ist schon etwas Besonderes.

SPOX: Unter Mehmet Scholl waren Sie dort in der letzten Saison Mannschaftskapitän. Wie haben Sie die Arbeit mit ihm erlebt?

Schütz: Das Training war sehr gut. Er wollte Fußball spielen lassen und hat offensiv gedacht. Am Anfang haben wir es aber mit dem Offensivfußball übertrieben und sehr viele Gegentore bekommen. (lacht)

SPOX: Ist er so locker, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt?

Schütz: Er hat schon die meiste Zeit eine lockere Art an sich, aber er kann auch sehr rigoros sein und durchgreifen. Ich würde ihn nicht als Kumpeltyp bezeichnen. Ganz einfach, weil er eine wahnsinnige Autorität ausstrahlt. Als Spieler war er unser Vorbild und ist eine enorme Respektsperson.

SPOX: Aber zwischen Scholl und Hermann Gerland besteht schon ein großer Unterschied, oder?

Schütz: (lacht) Das auf jeden Fall. Hermann Gerland ist ein Trainer der alten Schule. Aber auch mit ihm hat die Arbeit enormen Spaß gemacht. Natürlich hatte ich Respekt vor solch einem erfahrenen und erfolgreichen Trainer. Aber er will ja keinem Spieler etwas Böses.

SPOX: Die Bayern haben derzeit große Probleme in der Defensive. Sind Sie zu früh gegangen?

Schütz: Das bin ich schon oft gefragt worden. Ich kann das so nicht beantworten. Bei den Amateuren habe ich meistens in der Innenverteidigung gespielt, aber ich sehe mich ganz klar als Sechser im defensiven Mittelfeld. Diese Position spiele ich in Babelsberg. Daher ist es schwer zu sagen, ob ich zu früh gegangen bin, oder nicht. Es gehört eben auch viel Glück dazu.

SPOX: Warum hat Sie ihr Weg ausgerechnet nach Babelsberg geführt?

Schütz: Ich wollte nach über drei Jahren bei den Bayern-Amateuren eine Veränderung und einen neuen Trainer. Einfach mal andere Einflüsse auf mich einwirken lassen, um so noch mal einen Schub nach vorne zu bekommen. Ausschlaggebend war aber sicherlich, dass ich beim FC Bayern immer als der Allrounder gesehen wurde. Das kann von Vorteil sein, muss es aber nicht. Ich will mich eben auf meiner stärksten Position zentral vor der Abwehr weiter entwickeln und das ist hier gegeben. Darüber hinaus hat mir Babelsberg das Gefühl gegeben, mich unbedingt verpflichten zu wollen.

SPOX: Ihr ehemaliger Mannschaftskollege Mats Hummels ist mittlerweile in Dortmund einer der Shootingstars der Liga. Warum lief es bei ihm anders?

Schütz: Mats hatte mit Hermann Gerland einen sehr guten Förderer und Fürsprecher. Abgesehen davon besitzt er ein unheimliches Talent, ohne das er jetzt nicht da wäre, wo er ist. Es müssen einfach viele Faktoren passen.

SPOX: Welche Ziele haben Sie sich in naher Zukunft gesteckt?

Schütz: Ich will eine vernünftige Saison spielen, will mich hier jeden Tag verbessern und mich für die nächsten Aufgaben anbieten. Das nächste Ziel ist ganz klar die zweite Liga. Wenn es mehr wird, wäre ich ja verrückt, wenn ich sage, ich will nicht. Davon träumt jeder und auch ich will mich Stück für Stück entwickeln. Die Hauptsache ist, dass ich Spaß habe, und den habe ich hier.

SPOX: Bietet der Verein denn auch von der Infrastruktur optimale Voraussetzungen?

Schütz: Also bei dem Thema reagiert der Trainer immer sehr allergisch. (lacht) Die Trainingsbedingungen sind nicht gerade ideal, das weiß der Verein auch. Wir haben einen Trainingsplatz, der witterungsbedingt von Woche zu Woche schlechter wird. Aber wir versuchen, das Beste daraus zu machen. Unser Stadion wird jetzt saniert und eine neue Tribüne ist im Bau. Das Stadion ist sehr eng. Das liegt uns, weil die Kulisse und die Stimmung dadurch einfach sehr gut sind.

SPOX: Sie betreiben ein besonderes Hobby, was ja irgendwie auch zu Ihrer Vorliebe auf dem Platz passt, die gegnerischen Angreifer zu jagen...

Schütz: ...richtig, ich gehe gerne auf die Jagd. Ich weiß, das erlebt man bei Fußballprofis nicht alle Tage. (lacht)

SPOX: Fußballer und Jäger gleichzeitig. Wie kommt es denn dazu?

Schütz: Ich bin in einer Jägerfamilie aufgewachsen. Mein Opa, mein Vater, mein Onkel und meine Brüder sind auch alle Jäger. Außerhalb von Potsdam gibt es den einen oder anderen Wald, wo ich die Möglichkeit habe, jagen zu gehen. Für mich ist das ein guter Ausgleich zum Fußball. Ich kann einfach in die Natur raus und dem ganzen Druck und Stress entfliehen, dem man auch in der 3. Liga schon ausgesetzt ist. Einfach mal abschalten und für zwei, drei Stunden den Akku wieder aufladen.

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