DFB-Pokal - "Riesenskandal": Kiel im Halbfinale, Essen zürnt über Schiedsrichter

SID
Simon Engelmann von RWE ist enttäuscht, im Hintergrund jubeln die Kieler.
© getty

Holstein Kiel hat erstmals seit 80 Jahren das Pokal-Halbfinale erreicht. Beim 3:0 (2:0) bei Viertligisten Rot-Weiss Essen sorgte ein Elfmeter allerdings für Ärger.

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Die Kieler Pokalhelden hüpften ausgelassen im Kreis, ein paar Meter weiter ließen die Essener Außenseiter nach einem "Riesenskandal" die Köpfe hängen. Ein äußerst umstrittener Foulelfmeter hatte dem Bayern-Bezwinger KSV Holstein zum ersten Halbfinaleinzug seit 80 Jahren verholfen und das DFB-Pokal-Märchen des Viertligisten Rot-Weiss abrupt beendet.

"Da haben wir Glück gehabt", gab Kiels Routinier Fin Bartels nach dem 3:0 (2:0) in Essen bei Sky zu, nachdem er die vorentscheidende Szene des Spiels noch einmal in Zeitlupe gesehen hatte. Schiedsrichter Markus Schmidt hatte beim leichten Kontakt des Esseners Dennis Grote gegen den schon zuvor zu Boden sinkenden Finn Porath ein Foul gesehen, Videoassistent Robert Hartmann griff nicht ein.

Alexander Mühling (26.) nutzte den Strafstoß zur Kieler Führung, Essens Klubchef Marcus Uhlig sprach schon in der Halbzeit von einem "Riesenskandal, das ist eine ganz krasse Fehlentscheidung", er werde mal beim Video-Assistenten "anklopfen, vielleicht wecke ich jemanden". Auch RWE-Trainer Christian Neidhart klagte nach dem Schlusspfiff: "Wenn er diese Bilder gehabt hätte, hätte der Schiedsrichter das auch anders gesehen."

Nur zwei Minuten nach dem Elfmeter erhöhte Janni Serra (28.) für die bis dahin unterlegenen Störche. Kurz vor Schluss traf außerdem Joshua Mees (90.). Die Kieler, die im Januar den Rekordmeister aus München ausgeschaltet hatten, dürfen weiter träumen. Überhaupt erst einmal hatte Holstein bislang die Runde der letzten Vier erreicht: Zu Kriegszeiten stand Kiel 1941 im Halbfinale des Vorgänger-Wettbewerbs Tschammerpokal, ins Finale schaffte der Klub es nie - am 1. oder 2. Mai hat er nun erneut die Chance.

Essens außergewöhnliche Reise endete dagegen im Viertelfinale. Nach Siegen gegen Arminia Bielefeld, Fortuna Düsseldorf und Bayer Leverkusen hatte man sich auch gegen Holstein etwas ausgerechnet. Und haderte am Ende mit Spielverlauf und Schiedsrichter, denn die Qualitäten, vor denen Kiels Trainer Ole Werner gewarnt hatte, zeigte Essen durchaus.

Dabei war die Favoritenrolle an diesem Abend eigentlich klar zugewiesen: Der Zweite der 2. Liga sollte deutliche Vorteile gegen einen Regionalligisten haben - davon war gleich zu Beginn allerdings nichts zu sehen.

RWE - Holstein Kiel: Zweifelhafter Elfmeter hilft den Gästen

Die bissigen Essener setzten sich in der Hälfte der Gäste fest, Kiel hatte dagegen immer wieder Probleme mit dem ramponierten Platz, der vor dem Spiel mit jeder Menge Sand einigermaßen geglättet worden war.

Erst nach etwa 20 Minuten gestaltete sich das Spiel ausgeglichener, Kiels Doppelschlag kam dennoch aus dem Nichts - nach dem umstrittenen Pfiff. "Wir haben 20.000 Euro für die Installation für den Videoassistenten bezahlt, und jetzt passiert nichts", sagte Uhlig später, "das war garantiert kein Elfmeter." Mühling verwandelte dennoch sicher, noch in Essens Schockphase bediente Bartels dann nach einem langen Ball Serra zum 2:0.

RWE gab in der Folge nicht nach, spielte mit Wut im Bauch, Simon Engelmann (45.), Marco Kehl-Gomez (45.+3), Isiah Young (64.) und Joshua Endres (80.) kamen zu Chancen. Kiel blieb insgesamt behäbig, fand durch die Führung aber auch deutlich mehr Sicherheit und geriet seltener in Bedrängnis.

Rot-Weiss Essen - Holstein Kiel: Die Stimmen

Christian Neidhart (Trainer Rot-Weiss Essen): "Es ist ärgerlich, in einem so wichtigen Spiel auf diese Weise auf die Verliererstraße zu gelangen. Wenn ich die Bilder sehe, war es kein Elfmeter. Ich verstehe nicht, warum der Schiedsrichter nicht rausgeht und es sich nochmal anschaut, wir haben ja die Mittel. Es geht in diesen Spielen um wirklich viel Geld, und dann muss er das machen. Ich bin stolz darauf, was meine Jungs in dieser Pokalsaison geleistet haben. Jetzt legen wir alles rein, um den Aufstieg zu schaffen."

Ole Werner (Trainer Holstein Kiel): "Den Elfmeter sehe ich aus 80 Metern Entfernung und hatte nicht die beste Perspektive, später habe ich mir die Bilder auch nicht noch mal angeschaut. Wir waren sehr effektiv, was das Nutzen von Chancen angeht, das hat uns auf die Siegerstraße gebracht. Insgesamt war es das schwierige Spiel, mit dem zu rechnen war, wir waren auch nicht so sauber und präzise wie nötig. Jetzt sind noch vier Kugeln in der Trommel, und wir sind mit dabei. Das konnte keiner erwarten."

Rot-Weiss Essen - Holstein Kiel: Die Aufstellungen

Essen: Davari - Heber, Hahn, Herzenbruch - Grote (78. Platzek), Kehl-Gomez, Hildebrandt (69. Backszat), Grund (61. Harenbrock) - Young (78. Endres), Engelmann, Kefkir (70. Lewerenz). - Trainer: Neidhart

Kiel: Gelios - Dehm, Lorenz, Wahl, Kirkeskov (68. Komenda) - Meffert - Mühling (87. Hauptmann), Lee - Bartels (87. Mees), Porath (57. Reese) - Serra. - Trainer: Werner

DFB-Pokal: Die nächsten Termine

Runde/EventTermin
Viertelfinale2./3. März 2021
Auslosung Halbfinale7. März
Halbfinale1./2. Mai 2021
Finale13. Mai 2021
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