Hello Africa!

Von Für SPOX in Südafrika: Stefan Rommel
Hereinspaziert! Die Presseverreter und das Super Stadium in Atteridgeville
© Getty

Wirklich überraschend war das ja jetzt alles nicht. Kaum sind wir zwei Tage im Namen der WM unterwegs, ist schon mehr passiert als zu Hause in einer Woche. 24 Stunden und 9000 Kilometer Anreise mit den handelsüblichen Verkehrsmitteln Deutsche Bahn, Deutsche Lufthansa und Johannesburg Coaches waren ja schon stattlich. Zumal an Schlaf traditionell nicht zu denken war.

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Keine Ahnung warum, aber ich kann in Flugzeugen einfach nicht pennen. Dabei hatte ich noch einen echt zünftigen Kater vom Vortag mit nach Frankfurt geschleppt (an dieser Stelle nochmal ein herzliches Dankeschön an John Garcia und Kyuss).

Die Mannschaft war ja auch mit uns geflogen, hat sich aber im Unterdeck beim Pöbel nicht blicken lassen. Viel lieber hatten die feinen Herrschaften dann doch das Date mit Shakira, die sich in der First Class samt Freund eingenistet hatte. Kann aber ja auch irgendwie verstehen.

Akkreditierung aus dem Bierzelt

Am frühen Nachmittag waren wir endlich dann am Hotel in Pretoria angekommen. Kurz einchecken, ein paar Internet-Vouchers für den amtlichen Preis von je 240 Rand (ca. 30 Euro) für vier Stunden gekauft. Da ist jeder geschriebene Buchstabe gefühlte zwei Euro wert. Also keine Zeit verplempern

Dann ab zum Stadion, wo es die Akkreditierungen der FIFA abzuholen galt. Dort sah zuerst alles sehr chaotisch aus, in einem Bierzelt werden die überlebenswichtigen Dinger angefertigt. Innen drin war alles dann eine Art Zirkeltraining, wo man von einer Station zur anderen springt, um dann am Ende doch recht zügig zu seiner Pressekarte zu gelangen.

Training zwischen den Hütten

Diese gewährt jetzt schon mal Eintritt ins DFB-Medienzentrum und ist die Grundlage für jedes WM-Spiel, das man besuchen will und für das man dann an den Spieltagen selbst die jeweiligen Match Tickets abholen muss.

Eine Stunde später stand das erste Training der Mannschaft an. Beim Weg raus nach Atteridgeville wurden dann erstmals so richtig die Gegebenheiten des Landes sichtbar. Das Stadion liegt inmitten eines Townships. Kleinen, kärglichen Hütten folgte ein recht voluminöser Bau, das Stadion dürfte ca. 30.000 Zuschauern Platz bieten.

Schnell Fast Food holen

Hier habe ich das erste Mal bemerkt, dass mit meinem Handy etwas nicht stimmt. Ich konnte jeden anrufen, war aber für niemanden mehr erreichbar. Nach der Einheit zurück ins Hotel, noch schnell bei Chicken Licken was aus dem Fast-Food-Restaurant geholt und ab vor den Fernseher. 60 Stunden ohne echten Schlaf waren genug.

Morgens dann wieder raus und ab zur ersten Pressekonferenz draußen im Velmore Hotel. Die Anlage liegt wirklich im absoluten Nirgendwo, zwischen ein paar Schildern mit dem sehr zutreffenden Hinweis "Potholes" und einer verranzten Autowerkstatt.

Das Internet streikt

Mein Telefon ging bis dahin immer noch nicht, auch die Variante mit den ultra-teuren Internet-Vouchers wollte mich nicht so richtig zufrieden stellen. Es sollte aber nur der Auftakt eines komischen Tages werden. Im Medienzentrum, das seinen Namen nun nicht zum Spaß trägt, gibt es kein Internet.

Auch die extra ins Hotel transferierten Surfsticks und eine SIM-Karte konnten keine Abhilfe schaffen. Eine halbe Stunde später verriet DFB-Pressechef Harald Stenger dann mehr oder weniger konsterniert, dass selbst die DFB-Entourage und die Spieler seit knapp einem Tag nicht mehr telefonisch erreichbar sind.

Auch Mertesacker hat nicht geschlafen

Das Netz in Südafrika sei total überlastet - dabei trudeln die meisten Fans und Journalisten erst in den nächsten Tagen ein. Ohne Internet und Mobiltelefone dürften sich die älteren Kollegen ins Jahr 1990 zurückversetzt fühlen. Für die jüngeren ist es schlicht unvorstellbar.

Immerhin gab Per Mertesacker zu, dass er während des Flugs auch keine Minute geschlafen hatte. Ein Bruder im Geiste, geteiltes Leid usw usf... Nach der PK ging's sofort zurück ins Hotel. Drei Stunden und unzählige Anrufe später hatte ich mir dann zumindest die Formulare für einen neuen Surfstick samt SIM-Karte und einer neuen Telefonkarte besorgt. Am Donnerstag soll das Zeug geliefert werden.

Kein Wasser!

Währenddessen hatte sich fast unbemerkt ein Schreiben des Hotels unter der Zimmertür hindurch in den Raum geschmuggelt. Einer der wirklich sehr freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeiter musste die elf Stockwerke ablaufen und die schlechte Nachricht übermitteln.

In der Region Sunnyside, in der das Hotel liegt, ist eine große Wasserleitung gerissen. Der Bezirk wird bis auf weiteres aus Reservattanks versorgt, alle Gäste sollten doch bitte ihren Wasserverbrauch zügeln. Keiner weiß genau, wie lange das so sein wird. Zwischen einem Tag und einer Woche ist alles möglich.

Kein Bier!

Ach ja, einkaufen wär auch noch ne gute Idee. Praktischerweise liegt unser Hotel in einem Gebäudekomplex mit einer Mall. Ab in den Supermarkt und das Notwendigste kaufen. Bier suche ich vergeblich.

"No beer in Supermarkets, only wine. But in liquor stores. There's one around the corner. But you better don't walk outside now. It's already dark and you're alone, man. You could lose all your money." Wer will das schon? Dann halt ohne.

Eröffnungsspiel, bitte kommen!

Am Mittwoch stehen eh wichtige Termine an. Zuerst ein Interview am Mannschaftshotel, danach PK, dann zur Kick-off-Party in der Mercedes-Benz-Niederlassung Pretoria. Dazwischen endlich auch mal ein, zwei Texte schreiben.

Zwei Tage vor Ort und noch nicht ein lausiger Text - gab's so auch noch nicht. Aber das Drumherum fordert einfach zu viel Zeit. Ich fiebere so aufgeregt wie noch nie dem Eröffnungsspiel entgegen.

Dann ist die Zeit des Durchhangelns mit endlosen Spekulationen, halbgarem Wissen und den ganzen leeren Wortblasen vorbei. Seit fast vier Wochen geht das jetzt so, seit die Mannschaft zusammen ist. Dann kann man ordentlich berichten, dann werden Fakten geschaffen.

Bis dahin wird auch alles funktionieren. Südafrika macht das schon. Denn obwohl vieles ziemlich chaotisch, mag ich das Land schon jetzt.

Ach ja: Auch wenn einige damit kokettiert hatten - aber der Claim "Rommel in Afrika" hielt den Diskussionen auf der Suche nach einem Namen fürs Tagebuch keine zehn Sekunden stand. Auch wenn die Assoziation vielleicht naheliegen mag. Hier geht's um Fußball und sonst gar nichts.

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