Die Sache mit Robben? Erzählen Sie mal...

Von Interview: Stefan Moser
Bernd Schneider blickt auf seine beeindruckende Karriere zurück
© Imago

Anfang September sagte Bernd Schneider endgültig "Servus." Wegen einer Rückenmarksverletzung musste der 35-Jährige seine Karriere beenden. Nach 81 Länderspielen wurde er offiziell vom DFB verabschiedet.

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Im Gespräch mit SPOX blickt er auf seine beeindruckende Karriere zurück, erzählt von seinem schönsten Tor, den aufregendsten Spielen, seinen wichtigsten Weggefährten und einer besonderen Begegnung mit englischen Touristen. Außerdem spricht er über eine unangenehme Erinnerung mit Arjen Robben und seinen geplatzten Wechsel ins Ausland.

SPOX: Herr Schneider, jetzt, da Sie offiziell vom DFB verabschiedet sind, müssten Sie eigentlich eine Autobiographie schreiben.

Bernd Schneider: Oh Gott, bloß nicht! Das sollen lieber andere machen.

SPOX: Würde ich das Buch schreiben, dürfte eine Anekdote jedenfalls nicht fehlen: Als Sie im Urlaub die Engländer am Strand rund gespielt haben...

Schneider: Ach, so spektakulär war das nun auch wieder nicht.

SPOX: Aber es sagt viel über Sie aus. Erzählen Sie mal, wie es dazu kam.

Schneider: Ich war in Sardinien am Strand und da spielten eben ein paar englische Touristen Fußball. Ich habe einfach gefragt, ob ich mitspielen darf, und sie haben 'Ja' gesagt. Ich gehe davon aus, dass sie mich nicht erkannt haben - auf jeden Fall waren sie ziemlich überrascht, dass ich auch ganz gut kicken kann. Irgendwie ganz lustig, aber keine Sache, um die man jetzt viel Wind machen müsste.

SPOX: Apropos viel Wind: Die Abschieds-Orgie der letzten Wochen haben Sie sehr charmant überstanden.

Schneider: Es stimmt, dass ich den ganzen Trubel nicht so mag. Aber diesmal habe ich mich einfach gefreut, die Kollegen aus der Nationalmannschaft wieder zu sehen. Und ich habe meinen Abschied vor dem Länderspiel in Leverkusen auch wirklich sehr genossen. Ich habe das als schöne Anerkennung empfunden.

SPOX: Sie mussten dabei auch immer wieder Ihre Karriere bilanzieren. Wie oft kam dabei die Sprache auf die vergebene Chance gegen Italien im WM-Halbfinale 2006?

Schneider: Bisher noch gar nicht. Sie sind eigentlich der Erste, der danach fragt.

SPOX: Ich hoffe, ich streue damit kein Salz in die Wunde...

Schneider: Ach Quatsch, überhaupt nicht. So groß war die Chance ja auch gar nicht. Was mich eher ärgert, ist, dass ich den Ball damals nicht besser mitgenommen habe, dann wär's wirklich eine gute Gelegenheit geworden. Allerdings: Hätte, Wenn und Aber habe ich mir in den letzten 15 Jahren abgewöhnt. Ich trauere der Geschichte nicht nach und denke nur ganz selten an diese Szene.

SPOX: An welche Situationen denken Sie dann häufiger?

Schneider: Die ganze WM 2006 wird mir immer in Erinnerung bleiben. Nicht nur wegen des sportlichen Erfolgs, sondern auch wegen der ganzen Euphorie, die dabei in Deutschland entstanden ist. Aber auch das Champions-League-Finale gegen Real Madrid oder die Vize-Weltmeisterschaft 2002, als uns im Vorfeld überhaupt keiner was zugetraut hat.

SPOX: Also vor allem die großen Spiele in großen Turnieren?

Schneider: Das sind die Momente, an die man sich automatisch erinnert, weil man auch oft darauf angesprochen wird und das Drumherum ganz besonders war. Aber ich erinnere mich auch an einzelne Spiele, wie zum Beispiel das legendäre 5:1 gegen Kaiserslautern, als wir uns mit Frankfurt am letzten Spieltag nur wegen der besseren Tordifferenz vor dem Abstieg retten konnten. Ich habe dabei ein Tor vorbereitet und eins selbst geschossen. Auch ein Freistoß-Tor für Jena gegen Nürnberg ganz am Anfang meiner Karriere ist mir noch sehr deutlich im Gedächtnis.

SPOX: Insgesamt haben Sie einige sehr spektakuläre Tore erzielt. Welches war das Schönste?

Schneider: Wenn ich jetzt Jens Lehmann ärgern wollte, würde ich sagen: Natürlich das Ding gegen Dortmund von knapp hinter der Mittellinie. Ich habe ziemlich früh gespürt, dass der Schuss wohl reingeht - und das fühlt sich schon ziemlich gut an. Ich habe kurz darauf aber noch so eins gemacht: Im Pokal gegen Regensburg - der war sogar noch weiter weg. Es hat also nicht nur Jens Lehmann erwischt.

SPOX: Insgesamt haben Sie drei Tore des Monats geschossen.

Schneider: Ja, da war noch der Direktschuss in den Winkel gegen Fenerbahce und vor allem das Tor gegen die Blackburn Rovers vor zwei Jahren: Castro bringt den Ball scharf von rechts, und ich mach' ihn vom Elfmeterpunkt aus vollem Lauf mit der Hacke rein. Solche Sachen fühlen sich einfach überragend an.

SPOX: Und was fühlt sich besser an: Tore schießen oder Tore vorbereiten?

Schneider: Für mich persönlich war es immer schöner, wenn ich einen Treffer mit einem gelungenen Pass vorbereitet habe, als einen Abstauber nur noch über die Linie zu drücken. Da muss ich ja nur den Fuß hinhalten, aber viele Pässe sind viel schwieriger zu spielen als sie aussehen - und an so was erfreue ich mich auch heute noch.

SPOX: Und auf wen haben Sie Ihre Pässe am liebsten gespielt? Mit wem haben Sie sich auf dem Platz am besten verstanden?

Schneider: Ein Weggefährte und auch Freund ist Michael Ballack, mit dem ich auch gerne zusammengespielt habe. Das gilt aber auch für Oliver Neuville, Carsten Ramelow oder Jens Nowotny, mit denen ich viele gemeinsame Spiele bestritten habe.

SPOX: Und gab es auch Spieler, gegen die Sie besonders gern gespielt haben?

Schneider: Merkwürdigerweise Roberto Carlos. Auf den bin ich gegen Madrid und Brasilien sehr oft getroffen. Wir haben zwar meistens verloren, aber ich habe trotzdem immer gerne gegen ihn gespielt.

SPOX: Und warum?

Schneider: Abgesehen davon, dass er ein toller Fußballer ist, hat er selbst viel die Offensive gesucht. Dadurch ist er mir nicht permanent auf den Füßen gestanden und hat mich spielen lassen.

Teil II: Bernd Schneider über Arjen Robben und den geplatzten Wechsel zum FC Barcelona