Thiago überzeugt bei Liverpools Sieg gegen Leipzig: Die Rehabilitation der Kampfmaschine

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© getty

Der FC Liverpool schlitterte in den vergangenen Wochen in eine sportliche Krise, zum Gesicht des Niedergangs avancierte dabei Sommer-Neuzugang Thiago (29). Beim 2:0-Sieg im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen RB Leipzig rehabilitierten sich Spieler und Klub gleichermaßen.

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Das Spiel war nicht einmal eine Minute alt, da hatte er es schon wieder getan: Rustikal rauschte Thiago von hinten in Marcel Sabitzer und wurde dafür von Schiedsrichter Slavko Vincic eindringlich ermahnt. Die Entwicklung des 29-jährigen Spaniers zur übermotivierten Kampfmaschine bekam beim Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen RB Leipzig also direkt eine neue Episode.

Was war bisher passiert? Ende Januar zeichnete sich Thiago beim 3:1-Sieg Liverpools gegen Tottenham Hotspur mitverantwortlich für die Verletzung von Stürmer Harry Kane und holte sich anschließend einen Rüffel von Tottenham-Trainer Jose Mourinho ab, der über Thiagos "schlechtes Tackling" schimpfte. Bei den Niederlagen gegen den FC Southampton und Manchester City sah er jeweils bereits in der dritten Spielminute die Gelbe Karte.

Am vergangenen Samstag war es dann nicht der gegnerische Trainer, der Thiago tadelte, sondern der eigene Kapitän. Mit einem Foul knapp außerhalb des Strafraums hatte Thiago einen Freistoß verschuldet, den Leicester Citys James Maddison zum zwischenzeitlichen Ausgleich verwandelte und somit Liverpools 1:3-Pleite einleitete. Gestenreich kritisierte Jordan Henderson seinen Mitspieler dafür.

Thiago avancierte beim FC Liverpool zum Gesicht der Krise

Während seiner vom Triple 2020 gekrönten sieben Jahre beim FC Bayern München war Thiago vor allem für sein sensationelles Passspiel bekannt. Schon in den vergangenen Spielzeiten verbesserte er sich aber auch im defensiven Zweikampfverhalten sichtlich, spielte auf der Doppelsechs zunehmend bissiger und aggressiver.

Nach seinem Wechsel für 22 Millionen Euro vom FC Bayern nach Liverpool wurde Thiago zunächst von einer Corona-Infektion und anschließend von einer Knieverletzung ausgebremst. Erst Anfang dieses Jahres kehrte er in die Startelf zurück - und wirkte dabei uninspiriert und wiederholt übermotiviert. So, als wolle er sich zwanghaft an die physischere Premier League anpassen. Als wolle er alle Vorurteile gegen seine vermeintliche Schönspielerei widerlegen. Als wolle er unbedingt beweisen, dass er als Ballbesitzspieler mit dem wilden Umschaltspiel von Trainer Jürgen Klopp klarkommt.

Liverpool schlitterte auch wegen einer Verletzungsserie zeitgleich in die Krise, was die Integration des Neuzugangs weiter erschwerte. "Die Situation mit Thiago ist nicht einfach", gab Klopp zu. Seit dessen Rückkehr gewann Liverpool in der Premier League nur zwei von neun Spielen und häufte in der Tabelle einen Rückstand von 13 Punkten auf Spitzenreiter Manchester City an, das noch dazu ein Spiel in der Hinterhand hat. Thiago wurde von den englischen Medien und Experten scharf kritisiert und avancierte zum Gesicht des Niedergangs.

Thiagos überzeugende Leistung gegen RB Leipzig

Da Liverpool in den beiden nationalen Wettbewerben bereits gescheitert ist, bleibt die Champions League die einzige realistische Titelchance. Nach dem 2:0-"Auswärtssieg" in Budapest im Achtelfinal-Hinspiel gegen Leipzig bestehen beste Chancen auf den Viertelfinaleinzug: Dank der durch Leipzigs individuelle Fehler begünstigten Treffer von Mohamed Salah (53.) und Sadio Mane (58.), aber auch dank Thiago, der sein erstes Champions-League-Spiel für Liverpool bestritt und dabei zu den Besten seiner Mannschaft zählte. Gegen Leipzig rehabilitierten sich Spieler und Klub gleichermaßen.

Thiagos rüdes Tackling in der ersten Minute blieb sein einziges Foul im Spiel, anschließend setzte er seine Härte ausschließlich gewinnbringend ein. Er gewann knapp 75 Prozent seiner Zweikämpfe und war trotz seiner Auswechslung in der 72. Minute für Alex Oxlade-Chamberlain beim Abpfiff gemeinsam mit Henderson der Liverpool-Spieler mit den meisten Ballgewinnen. Klopp lobte "tolle Balleroberungen in den richtigen Räumen" und meinte damit sicherlich auch Thiago.

In einem Dreier-Mittelfeld mit Eigengewächs Curtis Jones und Routinier Georginio Wijnaldum kombinierte Thiago seine richtig dosierte Härte auch mit seinen ureigenen Fähigkeiten im Passspiel. Er leitete einige gefährliche Szenen mit guten Pässen in die Spitze ein und verzeichnete mit 93 Prozent die beste Passquote aller Startelfspieler von Liverpool. Seine nur drei Ballverluste waren vor allem ob des teilweise äußerst aggressiven Leipziger Pressings ein sensationeller Wert.

Angesprochen auf Thiagos schwierige Situation hatte Klopp vor dem Spiel gesagt: "Wir sind hier alle völlig happy mit ihm und wissen, dass alles gut wird." Die Leistung gegen Leipzig war ein erster Schritt der Rehabilitation, der nächste könnte beim Derby gegen den FC Everton am Samstag folgen.

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