Gladbach gewinnt irres CL-Spiel

Oscar Wendt und Granit Xhaka feiern den Führungstreffer der Borussia
© getty

Borussia Mönchengladbach ist am 5. Spieltag der erste Sieg in der Champions-League-Gruppenphase gelungen. Gegen den FC Sevilla gewannen die Fohlen 4:2 (1:0) und haben nun beste Chancen auf das Überwintern in der Europa League.

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Lars Stindl brachte Borussia Mönchengladbach vor 46.217 Zuschauern im ausverkauften Borussia-Park mit seinem zweiten Champions-League-Treffer mit 1:0 in Führung (29.). Nach dem Seitenwechsel sorgten Fabian Johnson (68.) mit seinem ebenfalls zweiten Tor in der Königsklasse und Raffael für die Entscheidung (78.).

Sevilla kam in der 82. Minute zum für den direkten Vergleich sehr wichtigen 3:1 durch Vitolo. Am Vorteil der Spanier im direkten Vergleich änderte auch das 4:1 durch erneut Stindl (83.) nichts mehr, auch weil Ever Banega in der Nachspielzeit noch einen Elfmeter verwandelte.

Gladbach stellte mit 28 Torschüssen einen neuen Rekord in der laufenden CL-Saison auf. Nur in zwei CL-Spielen gab es seit detaillierter Datenerfassung mehr Torschüsse in einem Spiel als heute (48). Beim Finale dahoam 2012 waren es nach 120 Minuten 52 und bei Braga gegen Cluj 49 (September 2012).

Durch den Dreier zieht Gladbach in der Tabelle der Gruppe D an Sevilla vorbei und hat nun beste Chancen, auch im kommenden Jahr international zu spielen. Die Spanier benötigen einen Sieg gegen Turin am letzten Spieltag, um Gladbach doch noch von Rang drei zu verdrängen. Mit einem Sieg in Turin ist die Borussia sicher durch.

Der Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Schubert stellt im Vergleich zum 2:1 gegen Hannover auf einer Position um: Der in der Liga gelb-rot-gesperrte Xhaka ersetzt Jantschke, Nordtveit rückt in die Innenverteidigung neben Christensen.

Sevilla-Coach Emery rotiert fleißig und nimmt sechs Veränderungen vor. Nur Rico, Rami, Krychowiak, Vitolo und Tremoulinas, der sein 50. Europapokalspiel absolviert, standen in der Liga beim 0:2 in San Sebastian auf dem Rasen.

Beide Teams spielen zum ersten Mal in der Saison mit dieser Startformation, Wendt und Krychowiak sind die einzigen Akteure, die bisher noch keine Pflichtspielminute ihrer Mannschaft verpasst haben.

2.: Raffael kontrolliert den Ball im Zentrum, läuft noch ein paar Meter und hält aus 28 Metern drauf. Sevilla-Keeper Rico hat das Leder im Nachfassen.

7.: Gladbach drückt weiter. Traore wird von Wendt an der linken Sechzehnerkante freigespielt und zieht sofort ab. Rico lässt den abgefälschten Schuss erneut klatschen, die Abwehr kann aber klären.

13.: Das ist bitter! Nach nicht mal einer Viertelstunde muss Schubert handeln und seinen formstärksten Spieler auswechseln. Für Traore, der sich am Oberschenkel verletzt hat, kommt Drmic.

19.: Der VfL verliert den Ball im Aufbau, Sevilla schaltet sofort um. Über Banega und Vitolo landet der Ball bei Konoplyanka, der am Fünfer frei vor Sommer auftaucht, mit seinem Flachschuss aber am hervorragend reagierenden Keeper scheitert.

29., 1:0, Stindl: Die verdiente Führung. Wendt lässt einen Seitenwechsel zu Xhaka abtropfen, der am linken Sechzehnereck flach und hart hereingibt. Stindl löst sich im Zentrum und drückt den Ball aus acht Metern über die Linie.

54.: Stindl vertändelt den Ball am Sechzehner. Xhaka kommt angerauscht und fackelt die Kugel aus 18 Metern Richtung rechten Winkel. Rico macht sich ganz lang und rettet zur Ecke. Klasse Tat.

68., 2:0, Johnson: Korb wird am Strafraum von Raffael freigespielt, hat den Kopf oben und sieht Johnson links blank. Der US-Amerikaner legt sich den Ball auf den rechten Fuß und schlenzt ihn wunderbar in den rechten Winkel.

72.: Raffael dribbelt sich mittig in den Strafraum und visiert aus sechs Metern die rechte Torecke an. Rico reagiert blitzschnell und verhindert das 3:0.

78., 3:0, Raffael: Nochmal gelingt Rico das nicht. Stindl steckt zu Raffael durch, der wieder völlig frei ist, diesmal aber clever flach einschiebt.

83., 3:1, Vitolo: Die Abwehr der Borussia lässt sich von einem Lupfer-Zuspiel von Llorente aushebeln. Vitolo steht plötzlich - nicht im Abseits - ganz frei vor Sommer, hebt den Ball aus zehn Metern am Borussia-Keeper vorbei ins linke Eck.

84., 4:1, Stindl: Im direkten Gegenzug fällt das nächste Tor. Stindl lässt mit seinem Schuss aus etwa 20 Metern Rico im Tor der Spanier keine Abwehrchance.

90.+1, 4:2: Xhaka touchiert Krychowiak an der Strafraumkante. Der Pole fällt, Banega verwandelt den fälligen Elfmeter trocken unten rechts.

Fazit: Verdienter Sieg für engagierte und überlegene Fohlen, die über 90 Minuten wahnsinnig viel investierten und die besseren Gelegenheiten hatten. In einer wilden Schlussphase hatte Gladbach zudem immer die richtige Antwort parat.

Der Star des Spiels: Lars Stindl. Hatte keine überragenden Werte, gewann sogar nur knapp neun Prozent seiner Zweikämpfe. Mit zwei Toren und einer Vorlage aber unbestritten wichtigster Mann auf dem Platz. Bei Sevilla stach Rico nach anfänglichen Unsicherheiten durch großartige Reflexe gegen Xhaka und Raffael heraus.

Der Flop des Spiels: Ever Banega. Lustloser, unmotivierter Auftritt des Spielgestalters. Konnte offensiv kaum Akzente setzen, verzichtete komplett auf Abwehrarbeit und hätte nach 88 Minuten des Feldes verwiesen werden müssen. An seiner schwachen Leistung änderte auch der verwandelte Elfmeter in der Nachspielzeit nichts.

Der Schiedsrichter: Damir Skomina (Slowenien). Hatte zwei strittige Szenen zu bewerten und entschied sich jeweils für die unaufgeregtere Lösung. In der 17. Minute hätte er nach Kokes Handspiel auf den Punkt zeigen können, der gelbvorbelastete Banega hatte Glück, in der 88. Minute nicht in die Kabine geschickt worden zu sein. Der Elfmeterpfiff war richtig.

Das fiel auf:

  • Wie angekündigt schickte Schubert ein sehr offensiv ausgerichtetes 4-4-2 auf den Rasen, in dem Gladbach hoch gegen den Ball presste und Sevillas Spielaufbau oft sogar bis zur Grundlinie attackierte.
  • Bei Ballgewinnen im Mittelfeld suchten die Fohlen zumeist den Weg durchs Zentrum und prüften den anfänglich unsicher wirkenden Rico mit Distanzschüssen. 14 der 19 Gladbacher Torschüsse in Halbzeit eins wurden von außerhalb des Strafraums abgegeben.
  • Sevilla agierte im 4-2-3-1 wesentlich defensiver und attackierte den Ballvortrag der Gastgeber erst kurz hinter der Mittellinie. Wenn sich eine Gelegenheit zum Umschalten ergab, ging es zumeist über die Außen mit Konoplyanka und Vitolo, die dann in den Sechzehner zogen.
  • Gladbachs Viererkette offenbarte vor allem bei diesen Tempo-Gegenstößen Abstimmungsschwierigkeiten, teilweise wurden Gegenspieler komplett übersehen. Sommer rettete in diesen Situationen mehrfach glänzend.
  • Nach dem Seitenwechsel entwickelte sich eine komplett offene Partie, in der beide Mannschaften teils komplett auf Defensivarbeit verzichteten und Chancen im Minutentakt zuließen. Gladbach gelang es dabei, fast jede Drangphase der Spanier mit einem eigenen Treffer zu unterbinden.
  • Schubert überraschte, in dem er Drmic nach dessen Einwechslung auf die Traore-Position beorderte und nicht etwa in die Sturmspitze. Der Schweizer zeigte dort eine durchaus ansprechende Leistung, eroberte viele Bälle und beteiligte sich auch am Kombinationsspiel der Borussen. Seine bisher beste Leistung beim VfL.

Gladbach - Sevilla: Die Statistik zum Spiel