Werder Bremen verspielt fast schon alles

Von Stefan Rommel/Martin Mägdefessel
Rote Freude, grüne Tristesse: Bremen ist nach dem 0:2 gegen Enschede so gut wie raus aus der CL
© Getty

Werder Bremens Chancen auf den Einzug ins Achtelfinale sind auf ein Minimum gesunken. Am 4. Spieltag verlor Bremen zu Hause gegen Twente Enschede mit 0:2 (0:0) und hat bei nunmehr fünf Punkten Rückstand auf Platz zwei kaum noch Chancen, die K.o.-Runde zu erreichen. Zu allem Überfluss sah Kapitän Torsten Frings eine Viertelstunde vor Schluss auch noch die Rote Karte.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Vor 40.000 Zuschauern im Bremer Weserstadion erzielten Nacer Chadli (81.) und Luuk de Jong (84.) die Tore für die Gäste.

Bremen braucht jetzt beinahe ein Wunder, um noch ins Achtelfinale einzuziehen, selbst der Trostpreis Europa League ist so gut wie futsch.

Reaktionen:

Thomas Schaaf (Trainer Werder Bremen): "Das hat heute wehgetan. Aber wir sollten jetzt nicht den Fehler machen und uns über höhere Mächte beschweren. Wir müssen selbst wieder so weit kommen, dass der abgefälschte Schuss nicht bei uns reingeht, sondern beim Gegner."

Klaus Allofs (Manager Werder Bremen): "Die Mannschaft hat mit Herz gespielt, ist aber leider nicht belohnt worden. In der Summe machen wir zu viele Fehler in unserem Spiel, und das wird bestraft. Das sind so Spiele, da muss man die Tore machen. Twente war ein cleverer Gegner. Jetzt ist eine Riesenenttäuschung da. Die Mannschaft muss aufgebaut werden."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Werder wieder mit einer veränderten Elf. Der zuletzt sehr schwache Silvestre bekommt eine Denkpause, für ihn verteidigt Wesley hinten links. Auf rechts in der Viererkette erneut Prödl, Frings dafür in der Innenverteidigung. Hinspiel-Retter Arnautovic nur auf der Bank.

Enschede im Vergleich zum letzten Ligaspiel in Eindhoven ohne Janssen (Wadenverletzung), dafür mit dem Ex-Herthaner Bengtsson im linken Mittelfeld.

17.: Werder mit dem Ballverlust, Enschede kontert blitzschnell. Ruiz auf Janko, der ist alleine durch. Wesley läuft hinterher und stochert. Er bringt den Österreicher aus dem Takt, Janko vergisst den Ball und Mielitz nimmt ihn auf.

38.: Mielitz auf Bargfrede, der sofort weiter zu Hunt. Schöner Pass in die Gasse auf Pizarro. Schuss aus zwölf Metern - an den linken Pfosten. Almeida rutscht am Abpraller vorbei.

39.: Ruiz setzt sich gegen drei Bremer durch und zieht aus acht Metern halbrechter Position ab. Aber Mielitz hält stark.

48.: De Jong verlängert den Ball von rechts mit dem Kopf und Chadli nimmt ihn direkt aus wenigen Metern Entfernung. Der Schuss wird von Mertesacker noch abgefälscht, Mielitz hält trotzdem.

52.: Hunt flankt von halbrechts zur Mitte. Almeida ist zwei Meter vor dem Tor völlig frei - und bringt das Kunststück fertig, Mikhailov auf die Brust zu köpfen.

55.: Langer Schlag auf Almeida, der sich im Zweikampf gegen Bengtsson durchsetzt. Der Portugiese will Mikhailov umkurven und bleibt hängen. Weltklasse vom Keeper!

57.: Pass in die Gasse auf Chadli, Prödl pennt. Der Belgier zieht aus halblinker Position ab, Mielitz ist noch dran - Pfosten.

75., Rot gegen Frings: Konter Enschede. Ruiz nimmt den Ball grandios mit. Frings geht zuerst mit der Hand ran, reißt Ruiz dann um. Keine Frage.

81., 0:1, Chadli: Schimpelsberger mit einem grenzwertigen Einsatz gegen Wesley. Werder im Mittelfeld total offen. Pass auf Chadli. Der zieht von links zur Mitte, zieht ab. Jensen fälscht unhaltbar ab, der Ball trudelt in die Tormitte.

84., 0:2, de Jong: Chadli schickt Ruiz mit der Hacke auf links auf den Weg. Er flankt den Ball quer auf de Jong. Der hechtet in die Pille und köpft flach in die rechte Ecke.

Fazit: Etwas glücklicher, aber durchaus auch verdienter Erfolg für Enschede. Bremen versäumte es erneut, seine vielen Chancen zu nutzen und wurde bitter bestraft.

Der Star des Spiels: Bryan Ruiz gilt als einer derjenigen, die der Talentschmiede Enschedes bald entwachsen werden, um ihr Glück bei einem größeren Verein zu suchen. Warum dem wohl schon bald so sein wird, zeigte der Costa Ricaner eindrucksvoll. Ruiz war von der Bremer Defensive nie zu packen, behauptete jeden Ball, war trickreich und torgefährlich.

Die Gurke des Spiels: Torsten Frings hatte die undankbare Aufgabe in der Innenverteidigung zu erfüllen - die er aber nur zum Teil erfüllen konnte. Der Kapitän war im Zweikampf gewohnt zuverlässig, hatte aber selbstredend große Abstimmungsprobleme mit seinen Nebenleuten und vor allen Dingen in der Grundschnelligkeit. Negativer Höhepunkt war die Rote Karte, als er den unwiderstehlichen Ruiz nicht mehr halten konnte.

Die Pfeife des Spiels: Alain Hamer aus Luxemburg mit einer souveränen Vorstellung in einem auch leicht zu leitenden Spiel. Hamer beurteilte auch die wenigen kniffligen Szenen korrekt und lag bei den persönlichen Strafen richtig, auch bei Frings' Notbremse. Nur Prödls klares Halten gegen de Jong übersahen Hamer und sein Gespann. Trotzdem eine gute Leistung.

Analyse: Nach dem vierten Spiel ohne Sieg und vor allem auch wegen Tottenhams Sieg gegen Inter Mailand ist das Achtelfinale für die Bremer in weite Ferne gerückt. Nach der zweiten Niederlage helfen jetzt in den letzten beiden Spielen nur noch zwei Siege.

Dabei ging Trainer Schaaf notgedrungen ein hohes Risiko. Frings als letzte Instanz einzubauen ist eigentlich erst dann eine Maßnahme, wenn Werder in einem Spiel kurz vor Schluss zurückliegt. Schaaf versuchte es von Beginn an mit dem Routinier in der Innenverteidigung, was schon früh des öfteren beinahe ins Auge gegangen wäre und letztlich auch einer der Knackpunkte war.

Für die schnellen Konter der Gäste war Frings schlicht zu langsam und es war dem aufmerksamen Wesley zu verdanken, dass Bremen nicht schon nach 20 Minuten 0:2 zurücklag. Dazu passte die Abstimmung mit dem teilweise sehr offensiven Brasilianer nicht immer.

Bremen spielte nicht überragend, betrieb aber einen unheimlich hohen Aufwand und erzwang sich seine Chancen. Allerdings wie fast immer in letzter Zeit mit den zwei tödlichen Nebenfaktoren: Der ungenügenden Chancenverwertung und schlampiger Defensivarbeit, 25:14 Torschüsse sprechen eine deutliche Sprache.

Am Ende mixten Unvermögen mit Pech, sodass die CL-Träume der Bremer eigentlich schon wieder ausgeträumt sind.

Enschede bestach mit einer grundsoliden Disziplin in der Rückwärtsbewegung und einigen feinen Angriffen nach vorne. Die Gäste schafften es immer wieder, schnell in beide Richtungen umzuschalten.

Ein sehr starkes Auswärtsspiel der Mannschaft der Nobodies, die in einer schweren Gruppe nicht zufällig noch große Chancen auf das Achtelfinale hat.

Werder Bremen - Twente Enschede: Daten zum Spiel