Schlampiger Alleskönner

Zwei Chelsea-Fans diskutieren vor einem Werbe-Plakat des FC Chelsea mit Eden Hazard
© getty

Fußballerisch ist Eden Hazard ein Genie, seine Trainer treibt der Belgier dennoch immer wieder zur Weißglut. Mourinho hält ihn schon für einen kompletten Spieler, wäre da nicht der Scheiß, den Hazard manchmal spielt...

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Thorgan Hazard hat ein bisschen was von einem König. Der 20-Jährige spielt bei der Sportvereinigung Zulte Waregem in Belgien, einem Klub, der 2001 aus einer Fusion von Zultse VV und der Königlichen Sportvereinigung Waregem hervorging.

Das "Königlich" wurde zwar aus dem Vereinsnamen gestrichen, die Leute aus Waregem sind aber nach wie vor stolz, dass nicht nur in Madrid Könige Fußball spielen, sondern auch in ihrer kleinen Stadt in Westflandern.

Vielleicht liegt es aber auch am Namens-Diebstahl, dass sich außerhalb Belgiens niemand so recht für den SV Zulte-Waregem interessieren will. Eden Hazard, Thorgans Bruder, hat jedenfalls Probleme, die Spiele seines Bruders zu verfolgen.

"Es ist verdammt schwierig, Livestreams von Spielen von Zulte-Waregem zu bekommen. Ich schaue meinem Bruder doch so gerne zu", sagt Eden.

Wenn die Internet-Recherche mal wieder nicht die gewünschten Ergebnisse ausspuckt, muss eben das Telefon herhalten. "Wir sprechen nach jedem Spiel. Thorgan will auch immer wissen, was bei Chelsea gerade so los ist."

Holt meinen Bruder!

Nicht nur Geschwisterliebe, sondern auch aus eigenem Interesse. Thorgan gehört wie Eden dem Abramowitsch-Klub, ist aber seit August 2012 an Zulte-Waregem ausgeliehen.

In Belgien gilt Thorgan als ähnlich talentiert wie Eden, der seine Klasse in der Premier League bereits bewiesen hat. Eden hat schon versucht, mit Hilfe von Journalisten Thorgan in die Nationalmannschaft zu holen.

"Könnt ihr dem Trainer sagen, dass er Thorgan holen muss? Oder ihn irgendwie in die Nationalmannschaft schreiben? Ich habe ihm schon versteckte Hinweise gegeben, aber es hat nicht funktioniert", sagte er Mitte September zu belgischen Reportern.

"Ein verzogener Junge"

Bislang vertraut Marc Wilmots lediglich Eden Hazard und hat mit dem ältesten von vier Hazard-Brüdern schon alle Hände voll zu tun. Eden beschwerte sich in letzter Zeit nicht selten über seine Rolle im aufstrebenden belgischen Team, wenngleich das unter Wilmots Vorgänger Georges Leekens noch viel schlimmer war.

"Hazard kann sich nicht benehmen, er ist ein verzogener Junge", soll Leekens einmal zu einem befreundeten Journalisten gesagt haben.

So derb drückt es Wilmots nicht aus, er verpasst seinem heranwachsenden Star lieber ein paar verbale Streicheleinheiten.

"Eden hat alles und kann alles, um einer der besten Spieler der Welt zu werden. Aber er muss sich noch mehr dem Mannschaftsgefüge anpassen. Ich bin mir sicher, dass wir das zusammen hinkriegen und mit Jose Mourinho hat er auch einen Vereinstrainer, der ähnlich denkt wie ich."

Lieber in der Mitte

Im Grunde ist Hazard unzufrieden mit seiner Position. Er kommt mit seinen Tempodribblings am liebsten durch die Mitte, wird bei Belgien aber überwiegend auf der linken Seite gebraucht, weil das Zentrum mit Marouane Fellaini und Axel Witsel geblockt ist.

"Meine Qualitäten kommen auf der Zehn am besten zu tragen und da ist es doch nur logisch, dass ich da spielen will", sagt Hazard.

Wilmots' Ratschläge scheinen aber anzukommen bei Hazard. In Spiel 1 nach der erfolgreichen Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien quälte sich Belgien vor eigenem Publikum zu einem 1:1 gegen Wales. Hazard entschuldigte sich bei den Fans für die dürftige Leistung.

"Wir haben etwas ausschweifend gefeiert. Normalerweise kann ich immer zwei, drei Gegenspieler gleichzeitig aufziehen. Aber jetzt werde ich ein Problem mit unserem Trainer bekommen...", sagte Hazard.

Schwächen in der Defensive

Mit Wilmots und Mourinho hat Hazard mittlerweile zwei Trainer, die nichts mehr hassen als mangelnde Disziplin ihrer Spieler. Mourinho hat sich Hazard schon mehrfach zur Brust genommen, weil er mit dem Defensivverhalten des Belgiers nicht zufrieden war.

Wie alle anderen Trainer, die Hazard bislang unter ihren Fittichen hatten, schwärmt aber auch Mourinho von den Qualitäten des 22-Jährigen. "Ich habe selten mit einem offensiven Mittelfeldspieler gearbeitet, der in diesem Alter schon so komplett ist, was die Offensive angeht", sagt Mourinho.

Allerdings kann Hazard Leistungen auf hohem Niveau noch nicht konstant abrufen. Ende August hatten die Bayern große Schwierigkeiten mit Hazard, der mit zwei Tempodribblings das erste Chelsea-Tor durch Fernando Torres einleitete und das zweite selbst erzielte.

"Im Supercup gegen die Bayern hat Eden gezeigt, dass er große Spiele kann. Aber er muss den nächsten Schritt machen und beständiger werden. An manchen Tagen ist er ein Genie, an anderen willst du am liebsten wegsperren für den Scheiß, den er spielt", sagte Belgiens Torwartidol Jean-Marie Pfaff.

Weltfußballerwahl: "Große Ehre"

Und weil Hazard zwar alles kann, es aber (noch) zu selten zusammenbringt, kommt seine Nominierung für die Wahl zum Weltfußballer 2013 doch ziemlich überraschend.

Hazard kann das ganz gut einordnen: "Es ist eine große Ehre für mich, zu den 23 Kandidaten zu gehören. Aber mit Messi, Ronaldo oder Ribery kann und will ich mich nicht vergleichen. Diese Spieler haben das schon erreicht, was ich einmal erreichen will."

Am liebsten an der Seite seines Bruders. "Ich hoffe, dass Thorgan bei Chelsea bleibt und dass er die Chance bekommt, in der ersten Mannschaft zu spielen. Wir beide zusammen im blauen Trikot - das könnte was werden."

Eden Hazard im Steckbrief

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