Endlich wieder authentisch

Thomas Müller traf nach 999 torlosen Bundesliga-Minuten wieder ins Netz
© Getty

Thomas Müller beendete beim 5:0-Kantersieg des FC Bayern über den VfL Wolfsburg seine fast 1000 Minuten andauernde Torflaute in der Bundesliga. Eine von ihm nie thematisierte Last fiel ihm spürbar von den Schultern - und machte Müller endlich wieder authentisch.

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Es war mal wieder zum Verrücktwerden. Thomas Müller hatte es im Spiel gegen Wolfsburg tatsächlich geschafft, seine Torschussanzahl in dieser Bundesliga-Saison auf 27 zu erhöhen, ohne dabei auch nur einen Treffer zu erzielen.

Nummer 27 war ironischerweise sogar sinnbildlich für die 26 vorherigen: Müllers Abschluss aus 20 Metern wäre wohl mehr als fünf Meter links am Tor vorbeigerauscht, total verunglückt. Doch er knallte die Kugel Robert Lewandowski an den Fuß, der gar nicht mal genug Zeit hatte, über seine Aktion nachzudenken, sondern es instinktiv irgendwie schaffte, den Ball trotzdem ins Netz zu lenken.

Der Pole hatte sich dadurch die Schlagzeilen des Sonntags gesichert. Immerhin waren es seine Treffer elf und zwölf im zwölften Liga-Duell mit seinem Lieblingsgegner Wolfsburg - es war ein netter Weiterdreh seines historischen Fünferpacks der letzten Saison.

999 Minuten torlos

Die Uhr tickte weiter. Müllers persönliche Torflauten-Uhr tickte weiter. 997 Minuten, 998, ... Und dann mimte Arjen Robben den Müller der letzten Wochen: Im Strafraum angespielt, traf der Niederländer den Ball nicht richtig, der Querschläger schoss flach durch den Sechzehner.

Und landete bei Müller. Schuss 28 saß.

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Die Headlines zum Wochenschluss mussten noch einmal umgeschrieben werden. Dazu war Müllers Treffer, der in der Betrachtung wenig spektakulär ist, viel zu besonders. Dass seine Erfolglos-Serie letztlich ziemlich genau 999 Minuten andauerte und eben nicht die 1000 knackte, tat ihr Übriges. Oh, du schöne Schnapszahl!

Geackert und vom System profitiert

Der deutsche Nationalspieler hatte sich den Treffer im wahrsten Sinne verdient: Stolze 12,23 Kilometer legte Müller am Samstagmittag zurück. Deutlich mehr als alle anderen Spieler auf dem Platz. Das gilt auch für die Tempoläufe, die er absolvierte: 91-mal (!) zog Müller im Spiel an.

Sicherlich kam ihm auch Ancelottis Systemumstellung zum 4-2-3-1 ein bisschen zugute: Wie schon in Mainz agierte Müller hinter Lewandowski auf der Zehn, sehr umtriebig, mit viel Zug in die gefährlichen Zonen.

"Thomas hat gegen Mainz und heute auf seiner besten Position gespielt. Das sieht man ihm vielleicht sogar an", fand auch Robben, dass "die Umstellung zum Erfolg beigetragen hat."

"Er ist wieder zurück im Spiel"

Wenig verwunderlich war da, wie sehr sich alle im Bayern-Umfeld an der Lobhudelei für den Stürmer beteiligten: "Wir freuen uns für ihn, dass er wieder getroffen hat. Auch im Stadion hat man es nach seinem Tor gemerkt. Da ist uns allen ein Stein vom Herzen gefallen. Es ist schön, dass er wieder zurück im Spiel ist", sagte Manuel Neuer etwa.

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Kapitän Philipp Lahm versuchte sich dahingehend lieber an einem Spaß: "Dass Thomas getroffen hat, ist schön für ihn, aber schlecht für mich. Denn ich war ein Tor vor ihm und wollte das bis Weihnachten auch bleiben. Jetzt bleiben mir noch zwei Spiele, wieder den alten Abstand herzustellen."

Feuchte Augen

Müller selbst war zuletzt immer wieder etwas bedrückt durch die Mixed Zone der Allianz Arena gelaufen. Auch wenn der Stürmer beteuerte, "immer geschmeidig mit dem Thema" gewesen zu sein, hatte man ihm seine Unzufriedenheit mit sich selbst regelmäßig angemerkt.

"Jetzt kann ich demnächst etwas lockerer an den Pressevertretern vorbeimarschieren und mich den Fragen stellen", gab er deshalb zu, dass ihm eine gewisse Last von den Schultern gefallen ist.

Den sogar etwas feucht glänzenden Augen war zu entnehmen, welch große Lust dieser Treffer Müller zurückgebracht hat. Es hatte etwas von einem kleinen Jungen, der sehnsüchtig auf etwas gewartet und es wieder gefunden hat: "Es ging einfach darum, sich in eine gute Verfassung zu bringen und der Mannschaft auch zu helfen. Jetzt darf es gerne wieder mit Toren weitergehen. Ich hoffe nicht, dass es beim nächsten Mal wieder so lange dauert", sagte er selbst.

Endlich wieder authentisch

Das Gespräch in der Mixed Zone machte Spaß. Nicht nur Müller, sondern auch den Journalisten, die zuletzt vergeblich nach der Müller'schen Flapsigkeit gesucht hatten. Denn auch nach Siegen wirkte seine gute Laune in den vergangenen Wochen etwas aufgesetzt. Nicht so am Samstag.

Wenige Momente bevor Müller sprach, hatte Karl-Heinz Rummenigge von einer Wette erzählt, die er am Freitag mit dem Angreifer abgeschlossen hatte. Dass Müller die Wette verloren und seine Wettschuld bereits beglichen hat, wurde verraten - nicht allerdings der Wetteinsatz.

"Wenn ich jetzt sage, ich habe in Naturalien ausbezahlt, weiß ich nicht, wie das so rüberkommt", lachte Müller auf Nachfrage. Und das reichte schon aus, um wieder authentisch zu sein. Denn es war endlich wieder ein klassischer Müller.

Bayern - Wolfsburg: Daten zum Spiel