Borussia Dortmund: Wie eine Maschine

Von Stefan Moser
Shinji Kagawa (l.) erzielte gegen den HSV sein sechstes Saisontor für Borussia Dortmund

Was hat Borussia Dortmund, was der Hamburger SV nicht hat? Der 2:0-Sieg am Freitag zeigte erneut, wie sicher, konstant und selbstbewusst der Tabellenführer sein Konzept umsetzt und den Finger in die Wunden des Gegners legt. Und davon hat der HSV gleich mehrere.

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Reaktionen:

Heiko Westermann (Hamburger SV): "Ich weiß nicht, was wir heute gemacht haben, aber wir haben auf keinen Fall Fußball gespielt. Wir haben letzte Woche wieder ein Spiel gedreht, heute so eine Leistung ist nicht zu erklären."

Armin Veh (Trainer Hamburger SV): "Wir haben zu leicht die Bälle verloren. Insgesamt war das nach vorne zu wenig. Die Dortmunder sind sehr laufstark, haben gutes Tempo und spielen richtig guten Fußball. Sie sind für mich Favorit in dieser Saison. Wir haben zu wenig Durchsetzungsvermögen gehabt, nur einmal aufs Tor geschossen, das ist zu wenig. Natürlich haben wir jetzt permanent acht, neun Verletzte. Wenn wir komplett sind, haben wir eine gute Mannschaft. Das verkraftet man nicht. Jetzt heißt es, bis zur Winterpause durchhalten."

Jürgen Klopp (Trainer Borussia Dortmund): "Ich war überrascht, wie defensiv eingestellt der HSV in der ersten Halbzeit gespielt hat."

Kevin Großkreutz (Borussia Dortmund): "Das war ein Kampfspiel von der ersten Minute an. Wir haben den Kampf angenommen und verdient 2:0 gewonnen."

Shinji Kagawa (Borussia Dortmund): "Es war ein hartes Spiel gegen einen schweren Gegner und deswegen bin ich heilfroh, dass wir gewonnen haben."

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Nachbetrachtung:

Disziplin, Organisation, Körpersprache, Selbstvertrauen: Beeindruckend, wie konstant und stabil bei Dortmund Woche für Woche ein Rädchen ins andere greift. Auch wenn es, wie in der ersten Halbzeit gegen Hamburg, spielerisch schlecht läuft, hat das eingespielte und ausgewogene Team genug konzeptionelle Sicherheit, um selbst einen so zweikampfstarken und ballsicheren Gegner zu dominieren. Bis zur Führung hatte Dortmund knapp 60 Prozent Ballbesitz - mehr als jede andere Mannschaft gegen den HSV.

Die absolute Zuverlässigkeit, mit der jeder Spieler seine Rolle kennt und ausfüllt, gibt der jungen Mannschaft die nötige Konstanz und Sicherheit, um dann zumindest vereinzelt auch die entscheidenden fußballerischen Akzente zu setzen.

Die Mischung aus Entschlossenheit und Geduld, mit der das Kollektiv dabei die Waffen die Gegners entschärft und im Gegenzug die Schwachstellen sucht und  bearbeitet, zeigen einen klaren Plan und eine selbstbewusste Siegermentalität. Gegen den HSV lag einer der Schlüssel auf den Außen: Schmelzer und Großkreutz nahmen auf links den zuletzt formstarken Pitroipa aus der Partie. Auf rechts banden Piszczek und Götze Ze Roberto in der Abwehr und suchten immer wieder den Weg in den Rücken des hoch stehenden Außenverteidigers. So entstanden auch beide Tore.

Das extrem breite Kreuz nach nun zehn Siegen aus elf Spielen trägt natürlich zusätzlich zur Sicherheit bei - der BVB hat zurzeit die Ausstrahlung eines Spitzenteams.

Genau diese Ausstrahlung fehlt dem HSV. Im Spiel nach vorne wirkte die Mannschaft hektisch, mutlos und verkrampft, in der Defensive führten immer wieder individuelle Fehler und plötzliche Unkonzentriertheiten zu Unsicherheit - auch wenn das disziplinierte Spiel gegen den Ball in der ersten Hälfte insgesamt noch sehr gut funktionierte. Doch es bleibt das alte Lied: Konstanz haben die Hamburger Spieler weder über 90 Minuten noch über den Saisonverlauf gesehen. Bei Westermann folgt einer klasse Aktion regelmäßig ein Fettnäpfchen, bei Trochowski folgt zwei guten Spielen mindestens ein schlechtes, Guerrero ist meistens mit sich selbst beschäftigt. Und im Gegensatz zu Dortmund fehlt eine gewachsene mannschaftliche Geschlossenheit, um die Formschwankungen einzelner Spieler aufzufangen.

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Gegen Dortmund machte sich außerdem die unsägliche Verletztenmisere deutlich bemerkbar, die sich ja noch ausweiten könnte, nachdem Gojko Kacar in der ersten Halbzeit in Dortmund böse umknickte und mit Verdacht auf eine schwerere Bänderverletzung im Sprunggelenk ausgewechselt werden musste. Armin Veh hat kaum echte Alternativen auf der Bank, um wirklich entscheidend ins Spiel einzugreifen.

Vor allem aber werden die Probleme auf den defensiven Außenbahnen immer deutlicher. Auf rechts macht Demel die wohl schwerste Phase seiner bisherigen Karriere durch, der 29-Jährige wirkt vollkommen verunsichert und neben der Spur. Und auf links stieß gegen die schnellen Dortmunder schließlich auch Ze Roberto an seine Grenzen.

Als letzter verbliebener Führungsspieler will der Brasilianer Verantwortung übernehmen und das Spiel nach vorne ordnen und ankurbeln. Auf der ungewohnten Position wirkte er dabei aber fast etwas übermotiviert und leistete sich taktische Schwächen, die auch zu Gegentoren führten.

Solange Aogo und Jansen aber verletzt fehlen, hat der HSV auch auf dieser Position kaum eine Wahl. Und solange gilt wohl auch die Ansage des Trainers: Bis zur Winterpause durchwursteln und dann auf die Rückkehr der Verletzten hoffen.

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