FC Bayern: Nagelsmann spricht über das Interesse von Real Madrid, den FCB-Antrieb und sein Gehalt

Von Stanislav Schupp
Julian Nagelsmann wechselte im Sommer von RB Leipzig zum FC Bayern.
© getty

Tabellenführer in der Bundesliga, makellose Bilanz in der Champions League. Julian Nagelsmanns Zwischenbilanz als Bayern-Trainer fällt - bis auf das Pokaldebakel in Gladbach, was der 34-Jährige coronabedingt von der Couch aus verfolgte - positiv aus.

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Im ausführlichen Interview mit der ersten deutschsprachigen Ausgabe des US-Kult-Magazins Sports Illustrated sprach Nagelsmann unter anderem über die Erwartungen an seine Person und seinen steilen Aufstieg in jungen Jahren.

Julian Nagelsmann in Sports Illustrated über...

... Faktoren, die für ihn am wichtigsten sind: "Das Wichtigste ist Empathie, dass man mit Menschen gut umgehen und vor einer Gruppe sprechen kann. Dazu gewisse Soft Skills, die es bei so einem Weltverein braucht, schließlich gibt es bei Bayern genügend Charakterköpfe, die wichtige Positionen im Verein besetzen. Zu denen musst du einen guten Draht haben. Und du benötigst eine Spielidee, die du vermitteln willst. Es gibt Dinge, die müssen einem in die Wiege gelegt sein, um in der Lage zu sein, eine Führungsposition zu übernehmen. Einen Indikator gibt es für mich zum Beispiel bereits während der Schulzeit: Wenn jemand vor der Gruppe ein Referat hält, kannst du schon ablesen, ob das jemand ist, der irgendwann das Zeug für eine Führungsposition haben wird - oder jemand, der zwar einen super Job machen kann, aber vielleicht in einer anderen Position."

Julian Nagelsmann will in fünf Jahren noch beim FC Bayern sein

... Aspekte, die ihn in München am meisten überrascht haben: "Wie schnell ich in Klub, Mannschaft und Staff integriert wurde. Das kannte ich in dieser Art nur aus Hoffenheim, wo ich ja aber auch groß geworden bin."

... den Ort, an dem er sich in fünf Jahren sieht: "Ich hoffe noch bei Bayern. Ich will nicht Profi-Trainer sein, bis ich 70 bin. Aber in fünf Jahren habe ich das schon noch vor. Idealerweise bei Bayern."

... seine eigene Erwartungshaltung: "Ich strebe als Trainer nach Perfektion, bin selten zufrieden. Das ist auch die Antriebsfeder des FC Bayern, eines Vereins, der in der Vergangenheit sehr viel gewonnen hat: immer besser zu werden. Mir ist es natürlich lieber, eine Ära zu prägen, als nach einem Jahr entlassen zu werden. Der Unterschied zu anderen Klubs ist, dass Gewinnen allein bei Bayern nicht reicht. Das ist etwas, woran du dich gewöhnen musst: dass das Spiel eine gewisse Attraktivität besitzt und du mit Souveränität gewinnst."

Julian Nagelsmann
© sports illustrated
Julian Nagelsmann

Nagelsmann: " Habe eine ganze Zeit lang 2600 Euro brutto verdient"

... seine Ablösesumme und Gehaltsverhandlungen: "Das Wichtigste für mich ist, dass ich nicht anfange zu vergleichen. Das führt - egal, in welchen finanziellen Sphären - zu Unzufriedenheit. Ich kenne die andere Seite und habe als Spieler auch mal 700 Euro verdient, als Trainer eine ganze Zeit lang 2600 Euro brutto pro Monat - in Vollzeit, wohlgemerkt. Ich weiß ganz genau, wie das ist. Meine Frage an mich selbst bei allen Verträgen war immer: Bin ich mit dem zufrieden, was ich bekomme, und ist es angemessen für das, was ich tue? Und wenn ich dafür auf ein paar Prozentpunkte meines Gehalts verzichte, bin ich aufgrund des Gesamtpakets trotzdem zufrieden. Ich rate auch jedem Spieler, nicht zu vergleichen, denn am Ende geht es auf diesem Niveau nicht um die Frage, ob ich mir von meinem Gehalt etwas zu essen kaufen kann, sondern um eine Zufriedenheit mit dem, was man bekommt."

... seine Matchpläne vor Spielen: "Die Spieler müssen nicht immer jedes winzige Detail wissen, weil sie eine Einzelspieler-Qualität haben, die in sehr vielen Fällen ausreicht, um ein Spiel zu gewinnen. Wenn eine Flanke kommt und Lewandowski den Ball aus dem dritten Stock mit dem Kopf reinhaut, ist das nichts, was ich auf den Matchplan schreibe. Das kann er halt einfach."

... den Unterschied zu seinen Vorgängern beim FC Bayern: "Ich bin als Trainer sicher komplett anders als etwa Jupp Heynckes. Das liegt aber auch daran, dass Jupp Heynckes deutlich älter ist als ich und andere Interessen hat. Es ist ja ganz normal, dass ich als 34-Jähriger einen Bewegungsdrang habe, nach dem Training auf das Tor bolze oder auch mal Skateboard fahre, wenn mir danach ist."

Julian Nagelsmann wechselte im Sommer von RB Leipzig zum FC Bayern.
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Julian Nagelsmann wechselte im Sommer von RB Leipzig zum FC Bayern.

Nagelsmann: "Dann wäre ich heute wahrscheinlich wieder U19-Trainer"

... sein eigenes Entwicklungspotenzial: "Ich sollte mehr Gespräche führen mit einzelnen Spielern, das mache ich aktuell manchmal einen Tick zu wenig. Ich bin grundsätzlich ein sehr offener und kommunikativer Typ, der ein gutes Verhältnis zu seinen Spielern pflegt und sehr nahbar ist. Ich bin kein Trainer - auch die gibt es im Top-Fußball -, der sich einsperrt und außerhalb des Trainings nichts mit den Spielern zu tun hat. Aber es kann noch ein bisschen mehr sein, gerade im Einzelnen."

... seinen steilen Aufstieg: "Das Engagement in Hoffenheim kam schon sehr schnell, der ganze Umstand mit dem zu Beginn fast sicheren Abstieg plus die Fußballlehrer-Ausbildung, das waren einige Monate, in denen ich ganz schön rödeln musste. Das hätte auch in die Hose gehen können. Es behauptet zwar jeder, dass ich auch Bayern-Trainer geworden wäre, wenn wir damals abgestiegen wären. Aber: Gar nix wäre ich. Dann wäre ich heute wahrscheinlich wieder U19-Trainer, was auch okay wäre. Aber kein Bundesligatrainer. Zu 100 Prozent nicht. Der Schritt zu Leipzig war perfekt für mich. Es wäre ein Fehler gewesen, nach Hoffenheim - ein Angebot aus dem Ausland hatte ich - schon einen sehr, sehr großen Verein zu übernehmen."

... das Interesse von Real Madrid an ihm: "Der große Unterschied ist: Wenn du wie ich in Hoffenheim - wo ich Nachwuchstrainer war und jede Waschfrau und jeden Platzwart kannte - die Profi-Mannschaft übernimmst, ist die Anlaufzeit extrem kurz. Weil du genau weißt, wen du ansprechen musst, wenn du Hütchen brauchst. Wenn du am Nachmittag deine Gemüsesuppe willst, gehst du zum Koch, den du schon kennst. Wenn du in einem Verein erstmal alle kennenlernen musst, ist das eine andere Dimension. Deshalb war es richtig, dass ich in ein höheres Regal greife als Hoffenheim, aber nicht gleich das höchste, das vielleicht möglich gewesen wäre."

FC Bayern: Die kommenden Spiele

TerminWettbewerbGegner
Samstag, 11.12., 15.30 UhrBundesligaFSV Mainz 05 (Heim)
Dienstag, 14.12., 18.30 UhrBundesligaVfB Stuttgart (Auswärts)
Freitag, 17.12., 20.30 UhrBundesligaVfL Wolfsburg (Heim)
Freitag, 07.01., 20.30 UhrBundesligaBorussia Mönchengladbach (Heim)
Samstag, 15.01., 15.30 UhrBundesliga1. FC Köln (Auswärts)
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