Heidenheimer Aufstiegs-Wahnsinn - doch Frank Schmidt lehnt Denkmal ab

SID
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© getty

Der 1. FC Heidenheim erlebt sein ganz eigenes Wunder und steigt erstmals in die Bundesliga auf.

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Meistermacher Frank Schmidt stand biergeduscht inmitten des Heidenheimer Aufstiegs-Wahnsinns und lehnte den versprochenen Ritterschlag beinahe brüskiert ab. Ein Denkmal für den Erfolgscoach? "Da wird irgendwann mal hingepinkelt. Das möchte ich nicht", sagte Schmidt kühl. Und als ihn seine partywütigen Profis kurz darauf erneut eine Schaumkrone aus Gerstensaft aufsetzten, schimpfte er fast erbost: "Ja, dann trainieren wir halt noch 'ne Woche länger, ist mir doch egal!"

Doch statt Training stieg beim "Dorfklub" am Pfingstmontag auf dem Heidenheimer Schlossberg die große Aufstiegssause - mit 3000 Litern Freibier, Feuerwerk und Eintrag ins Goldene Buch des 50.000-Einwohner-Städtchens von der württembergischen Ostalb. Und mit einem endlich strahlenden Trainer Schmidt, der einen Tag brauchte, um den Last-Minute-Irrsinn zu verarbeiten.

"Das sprengt alle Grenzen, die wir uns hätten vorstellen können", rief der mit bald 16 Jahren Amtszeit dienstälteste Coach im deutschen Profifußball mehreren Tausend Fans in der Voith-Arena zu. Unter ihm an der Tribüne hing ein Banner mit der Aufschrift: "Leb' deinen Traum!"

Vorstandschef Holger Sanwald bot Schmidt nach dem hoch dramatischen 3:2 (0:0) mit dem spätest möglichen Siegtreffer von Tim Kleindienst (90.+9) bei Absteiger Jahn Regensburg spontan auch einen unbefristeten Vertrag an. Aber: "Will er auch nicht - so ist der Frank", sagte Sanwald.

Heidenheim steigt auf: "Einfach geisteskrank"

Dafür gaben die Spieler Gas. "Das ist einfach geisteskrank, Wahnsinn", rief Kleindienst, der sich mit 25 Treffern die Torjägerkrone aufsetzte und für die Party ankündigte: "Einfach Abriss, kompletter Abriss!" Erst im Stadion, dann auf Mallorca.

Trainer Schmidt, der vor lauter Erfolgsbesessenheit nicht mal seine eigene Tochter beim Mau-Mau gewinnen lässt, schwärmte derweil von seiner "unkaputtbaren" Mannschaft. Und widmete den Triumph emotional dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Mayer, der im Herbst plötzlich verstorben war. Es war ein Schock für den FCH, doch der Verein ließ sich von nichts aufhalten - und stürmte als 57. Klub ins Oberhaus.

Dort will Heidenheim im Stile der krassen Außenseiter Unterhaching, Neunkirchen oder Homburg, die sich allesamt mindestens zwei Saisons oben hielten, für Furore sorgen. Wenn über die angebliche Bundesliga-Verzwergung geredet werde, "muss ich schmunzeln", sagte Macher Sanwald, der den Heidenheimer Aufstieg als Stürmer, Abteilungsleiter und schließlich Vorsitzender von der Landesliga an begleitet und vorangetrieben hat, zuletzt bei web.de.

Der FCH, 2007 aus dem Heidenheimer SB hervorgegangen, sei der etwas andere Klub, behauptete er, und biete "in der Glitzerwelt Bundesliga echte Werte, echte Stabilität und wirklich nachhaltige Entscheidungen - ganz ohne Bling-Bling". All den Schalkes, Herthas oder Hamburgs rief Sanwald zu: "Sollen Sie doch versuchen, genauso erfolgreich Fußball zu spielen wie wir."

 

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