FC Bayern - Kommentar zum Rückzug von Karl-Heinz Rummenigge: Eine nicht zu unterschätzende Herausforderung

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Dass Karl-Heinz Rummenigge ein halbes Jahr eher als ursprünglich geplant sein Amt als Vorstandsvorsitzender des FC Bayern niederlegt, ist nachvollziehbar. Unabhängig vom Zeitpunkt bringt sein Abschied aus München aber eine große und keineswegs zu unterschätzende Herausforderung für die neue Vereinsführung um Oliver Kahn und Herbert Hainer mit sich. Ein Kommentar.

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Nicht alles, was Karl-Heinz Rummenigge in seinen 30 Jahren als Funktionär des FC Bayern gemacht hat, war wirklich sinnvoll. Auch in letzter Zeit nicht, als er beispielsweise die fragwürdige Partnerschaft des FC Bayern mit Katar schönredete, sich in übertriebener Manier über Erste-Welt-Probleme wie verspätete Flüge echauffierte oder daran scheiterte, seiner Vorbildfunktion gerecht zu werden, indem er seinen Mund-Nasen-Schutz vor laufenden Kameras nur selten korrekt trug.

Karl-Heinz Rummenigge machte dennoch vieles richtig beim FC Bayern. Der FC Bayern München ist zu einem großen Teil auch wegen Rummenigge so, wie er heute ist: wirtschaftlich stabil, sportlich dominant und international anerkannt. Der scheidende Vorstandsvorsitzende wirkte zuletzt zwar nicht mehr federführend bei Verpflichtungen diverser Spieler und dem neuen Trainer Julian Nagelsmann mit, brachte dem FC Bayern aber beispielsweise mit seiner klaren Haltung gegen eine Gründung der Super League viele Sympathien ein.

Auch wenn seine Entscheidung, bereits zum Ende des Geschäftsjahres am 30. Juni, statt zum Ende des Kalenderjahres aufzuhören, aus strategischer Sicht sinnvoll ist: Mit ihm verliert der Klub ein meinungsstarkes, wenn nicht sogar sein meinungsstärkstes Gesicht. Die Lücke, die er hinterlässt, wird schwer zu füllen sein. Zumal Rummenigge im Gegensatz zu Ehrenpräsident Uli Hoeneß sich komplett zurückziehen wird.

Rummenigge baute über all die Jahre - auch durch seine Tätigkeit als Vorstand der europäischen Klubvereinigung ECA - wertvolle internationale Beziehungen auf. Allein deshalb bedeutet sein Abgang eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für die neue Führung um die sich bisher eher im Hintergrund haltenden Oliver Kahn und Herbert Hainer.

Die beiden müssen jetzt aus der Deckung und ins Licht. Gerade Kahn, Rummenigges direkter Nachfolger, steht erst am Anfang seiner Entwicklung als Führungsfigur des FC Bayern abseits des Platzes und muss sich neben seinem vorhandenen fußballerischen und betriebswirtschaftlichen Know-how noch das Standing seines Vorgängers erarbeiten.

FC Bayern: Salihamidzic in der Bringschuld

Rummenigge war ebenso wie Hoeneß auch deshalb so erfolgreich und wichtig für den Klub, weil er sich nie aus der Verantwortung zog und unangenehme Entscheidungen fällte, wenn diese nicht mehr zu umgehen waren. Sei es bei Entlassungen von Trainern wie Jürgen Klinsmann, Carlo Ancelotti oder Niko Kovac.

Oder bei Verhandlungen von Spielerverträgen, wie jüngst mit David Alaba, als Rummenigge konsequent agierte und die aus Bayern-Sicht überzogenen finanziellen Forderungen der Spielerseite nicht erfüllte und die Vereinslegende schließlich eben ablösefrei zu Real Madrid ziehen ließ.

Kahn saß bei den Alaba-Verhandlungen mit am Tisch und konnte lernen. Ob er schon bereit ist, nahtlos in Rummenigges Chef-Rolle zu schlüpfen, wird sich zeigen. Klar ist: Alleine wird er es nicht schaffen. Wie Rummenigge immer auch Hoeneß brauchte (und Hoeneß auch Rummenigge), wird Kahn den 2019 zum Präsidenten gewählten Hainer als Gegenpol brauchen, um eine neue Erfolgsära beim Rekordmeister einzuleiten.

Hilfreich wäre zudem die Unterstützung eines starken und zuverlässigen Sportvorstands, der bei allen unvermeidlichen und in jeder guten "Familie" dazugehörenden Reibungen der Verantwortlichen als harmonisches Bindeglied zwischen Klub-Führung und Mannschaft fungiert. Hasan Salihamidzic ist auch in dieser Beziehung nach der eher unrühmlichen Trennung von Sextuple-Coach Hansi Flick zumindest in der Bringschuld - jedenfalls ein Stückchen mehr als Kahn und Hainer.