BVB - Marco Reus: "Einen wie Haaland habe ich in diesem Klub noch nie gesehen"

Von Alexander Schlüter/Benni Zander
Marko Reus (l.) ist von Erling Haaland begeistert.
© getty

Marco Reus und Borussia Dortmund befanden sich zuletzt im Aufschwung, wenngleich dem persönlichen Wermutstropfen mit der Verletzung im Spiel gegen Hertha BSC ein kollektiver mit dem 2:2 in Köln am Samstag folgte.

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Im Podcast kicker meets DAZN sprach der 31-Jährige über seine glücklicherweise nicht allzu ernste Blessur, das Auf und Ab mit dem BVB in der laufenden Saison und seinen Führungsstil als Kapitän und erfahrener Spieler.

Außerdem erklärte Reus, warum junge Spieler heute anders sind als früher, wie sehr Wunderstürmer Erling Haaland ihn beeindruckt und wie er von der Rücktrittsankündigung von Bundestrainer Joachim Löw erfahren hat.

Marco Reus über...

... das Foul von Darida an ihm: Es sah schlimm aus, aber ich hatte Glück im Unglück. Im ersten Moment habe ich auch gedacht, dass es schlimmer ist, als es sich jetzt herausgestellt hat. Natürlich ist es nicht top, aber es wird mich keine Monate zurückwerfen, sondern hoffentlich nur ein bis zwei Wochen dauern. Am Anfang ist man immer geschockt, weil man die Situation auch schon kennt. Aber diesmal bin ich zum Glück nicht so umgeknickt. Mein rechtes Sprunggelenk hat schon einiges mitgemacht, jetzt bin ich froh, dass ich recht verschont geblieben bin. Darida kam nach dem Spiel direkt zu mir in die Kabine und hat sich entschuldigt. Er ist nicht dafür bekannt, dass er gerne mal einen umhaut. So Sachen passieren im Fußball einfach.

... Führungsspieler: In jeder Mannschaft blicken Spieler zu anderen Spielern auf und orientieren sich an ihnen. Dann ist es die Pflicht dieser Spieler, egal in welchem Alter sie sind, die anderen zu führen. Vor zwei Jahren habe ich in Dortmund die Kapitänsbinde übernommen, das ist mit Pflichten verbunden, die du auf und neben dem Platz erbringen musst. Die gehören dazu, man wächst in die Rolle rein und lernt nie aus. Das ist bei mir nicht anders.

... seine Aussage, dass Kapitän sein wie Papa sein sei: Ja, nur im Fußball habe ich mit größeren Babys zu tun. (lacht) Der Kapitän muss in schwierigen und guten Momenten für die Mannschaft da sein. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Verantwortung gut verteilt wird. Wir haben viele Spieler im Kader, die auf und neben dem Platz Führung übernehmen können. Das macht die Mannschaft aus. Die Aufgabe hängt nicht nur an einem, sondern an vielen. Auch mit 20 kannst du eine Führungsrolle übernehmen.

... Vorbilder als Kapitän: Wir hatten mit Sebastian Kehl jahrelang einen sehr guten Kapitän mit einem starken Charakter. Da habe ich mir hin und wieder Tipps abgeholt. Grundsätzlich orientiere ich mich aber nie zu sehr an anderen, sondern ich bin eher der Typ, der sich in eine Rolle hineinarbeitet und reflektiert, wie es in der Mannschaft ankommt. Außerdem entscheiden wir im Spielerrat viele Dinge auch als Team. Dabei versuche ich immer, locker zu bleiben.

Reus: "Ich bin kein Spielertyp Effenberg"

... Lockerheit im Kapitänsamt: Jeder interpretiert die Kapitänsrolle anders. Der eine haut regelmäßig drauf, der andere geht die Sache lockerer an. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Ich versuche immer das zu tun, was für die Mannschaft am besten ist und lasse mir dabei von Außenstehenden nicht reinreden. Ich bin stolz, hier Kapitän zu sein.

... Kritik an seinem Führungsstil: Ich bin kein Spielertyp Effenberg. Ich spreche Dinge intern an, das ist medial dann kein Thema. Und wenn ich auf dem Platz etwas sage, dann abhängig von der Spielsituation und mit dem Ziel, Sachen zu verbessern. Ich bin auch kein Thomas Müller, der ständig was reinruft, was bestimmt auch Vorteile hat. Aber es ist nicht schlechter, wenn man auf dem Platz etwas weniger sagt, dafür aber präziser. Jeder Spieler muss eine Art finden, mit der er sich wohlfühlt. Ich verändere mich nicht, weil das kritisiert wird. Ich mache die Dinge so, wie ich es in dem Moment für richtig halte. Wenn mir dann nachgesagt wird, ich wäre zu leise, ist mir das relativ egal.

... den Umgang mit jüngeren Spielern: Es sind nicht nur die schlechten Phasen, in denen man da sein muss. Genauso ist es wichtig, in guten Phasen darauf hinzuweisen, so weiterzumachen, nicht nachzulassen. Da ist jeder Einzelne gefragt. Die Chemie bei uns passt sehr gut und wir sprechen viel darüber.

... zu viele Führungsspieler in einer Mannschaftshierarchie: Wir haben beispielsweise mit Hummels, Emre Can, Axel Witsel oder Thomas Delaney viele meinungsstarke Spieler. Ich glaube, dass es der Mannschaft guttut, wenn viele Meinungen und Ideen zusammenkommen. Dann wird darüber diskutiert und ein gemeinsamer Nenner gefunden, der dann idealerweise auf dem Platz umgesetzt wird. Bis sich solche Hierarchien bilden, dauert es etwas. In der letzten Zeit und durch den Trainerwechsel haben sich die Dinge dahin entwickelt und das spiegelt sich momentan auch auf dem Platz wider.

... den Erstkontakt mit Marco Rose: Das ist noch weit entfernt. Wenn er auf mich zukommen sollte, bin ich natürlich sehr offen. Was ich ihm dann im Detail sagen werde, verrate ich nicht. Grundsätzlich aber generelle Dinge, die auffallen: Dass wir zu einfache Gegentore kassieren, Standardgegentore, die ein Spiel oder eine Saison entscheiden können. Dass wir daran arbeiten sollten. Das haben wir in der Vergangenheit wenig gemacht, in letzter Zeit wieder mehr. Dementsprechend laufen unsere Spiele gerade.

... die Kommunikation zwischen Spieler und Trainer: Es ist die Aufgabe eines jeden Trainers, viel mit den Spielern zu sprechen, die für die Mannschaft wichtig sind. Es ist wichtig zu wissen, wie die Mannschaft tickt, was verändert werden soll, welche Dinge trainiert werden müssen. Ein neuer Trainer hat noch kein Gefühl für die Mannschaft. Entsprechend wichtig ist es, meinungsstarke und ehrliche Spieler zu haben. Wenn das verbunden wird mit den eigenen Ideen, kommt es zu einem guten Ergebnis.

... junge Spieler wie Sancho und Reyna: Das sind andere Spielertypen, andere Charaktere in einer anderen Fußballzeit. Nichts davon ist besser oder schlechter, es ist einfach anders.

... Haaland: Einen wie Haaland habe ich im Klub noch nie gesehen. Er ist einzigartig. Im letzten dreiviertel Jahr hat er sich nochmal extrem weiterentwickelt. Er weiß mit Ball und Gegner im Rücken mehr anzufangen. Seine Erfolge und Tore bringen eine unheimliche Wucht mit, die uns hilft.

... die Ziele der laufenden Saison: Das Ziel muss sein, einen Champions-League-Platz zu erreichen und den DFB-Pokal zu gewinnen. Und in der Champions League ist alles möglich. Im Viertelfinale brauchen wir zwei Topspiele auf ganz hohem Niveau, in denen wir uns keine Fehler erlauben dürfen. In der Bundesliga spielen wir noch gegen die direkten Konkurrenten und haben alles in der eigenen Hand.

Reus: "Favre hat mir in meiner Karriere ungemein geholfen"

... Kontakt zu Favre: Wir haben generell einen guten Kontakt, schon seit unserer gemeinsamen Zeit in Gladbach. Favre hat mir in meiner Karriere ungemein geholfen, mir einen neuen Blickwinkel auf den Fußball gezeigt. Er war und ist eine wichtige Bezugsperson für mich im Fußball, deswegen wird der Kontakt bestehen bleiben.

... Selbstvertrauen beim BVB: Daran darf es nicht scheitern. Wenn du gegen die besten Mannschaften Europas im Viertelfinale stehst, hast du es dir verdient und genug Qualität, weiterzukommen. Borussia Dortmund steht in der CL für Spiele, in denen wir über uns hinauswachsen können gegen sehr gute Gegner. Unsere Fans würden uns dabei gerne helfen, wir vermissen sie gerade in solchen Spielen sehr, aber egal gegen wen es geht, müssen wir so auftreten, als wollten wir eine Runde weiterkommen.

... den eingeschlagenen Weg mit Terzic: Wir waren von Anfang an überzeugt. Es dauert eine Weile, bis ein neuer Trainer etwas verändert und das Team das verinnerlicht. Am Anfang sollte es eigentlich wichtig sein, dass du die Ergebnisse reinholst, Spiele gewinnst. Dann fällt es auch leichter, neue Dinge voranzutreiben. Das war am Anfang leider nicht so. Aber wir hatten nie das Gefühl, dass wir einen Schritt zurückgehen, sondern dass gewisse Dinge eine gewisse Zeit brauchen. In jedem Spiel hat man gemerkt, dass es langsam kommt. Nur die Ergebnisse waren nicht da. Wir haben viel gesprochen, viel geändert, gemessen wirst du aber am Ergebnis. Dass du gut gespielt hast, interessiert keinen. Wir waren uns aber sicher, dass die kommen werden und wir Vertrauen haben sollten. Heute bekommen wir weniger Gegentore, sind gefestigter, verteidigen besser.

... das Ende von Joachim Löw als DFB-Trainer: Ich habe es auch nur über die Medien mitbekommen. Erst danach tauschen wir uns darüber ein bisschen aus und werden informiert. Aber vor der Bekanntgabe wussten wir Spieler von nichts.

... einen ausländischen DFB-Trainer: Klar, warum nicht. Das ist ja teilweise im Verein nicht anders. Das muss der DFB entscheiden. Wir haben viele gute deutsche Trainer, die geeignet sind. Mir fällt aber kein Grund ein, warum es kein ausländischer sein sollte. Viele Nationen machen das ja auch schon vor. Am Ende kommt es immer auf den Trainertyp an.

Marco Reus: Statistiken in der Saison 2020/21

WettbewerbSpieleToreVorlagenMinuten
Bundesliga24371.650
Champions League8-2515
DFB-Pokal412144
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