Victor Ikpebas Absturz beim BVB: Der "kleine Gott", der sich von Dortmund "zerstört" fühlte

Von Stanislav Schupp
Ikpebas Zeit in Dortmund war nicht von Erfolg gekrönt.
© imago images / Kolvenbach
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Ikpebas schwerer Schicksalsschlag

Sportlich sollte Ikpeba nicht mehr zurück in die Spur finden, was laut Meier "nicht nur an Borussia Dortmund, dem Trainer oder der Mannschaft" lag. Die Umstellung weg vom glamourösen, königlichen Monaco auf den von Maloche geprägten Ruhrpott war problembehaftet und gelang nicht ohne weiteres. "In Monaco war er außergewöhnlich. Im Anschluss haben mich viele Leute kontaktiert und gesagt, dass mit ihm hier irgendetwas nicht stimmen konnte", erklärt Meier: "Als ich bei einer Auslosung in Monaco war, habe ich ihm scherzeshalber gesagt, dass ich verstehen kann, weshalb er in Dortmund nicht funktionierte." Ikpeba habe daraufhin nur gelacht.

"Monaco ist eine Traumwelt", begründet Meier die Anpassungsprobleme seines früheren Schützlings. "Dort gibt es keinen Druck. Er hatte in Monaco einen unglaublichen Stellenwert, den er sich in Dortmund nicht erarbeiten konnte. Wenn du nicht alles gibst, die Tore nicht machst, hast du keine Argumente bei den Zuschauern."

Erst später sollte sich herausstellen, dass Ikpebas Auftreten auf und abseits des Platzes nicht ausschließlich mit seinem Charakter oder dem vermeintlichen Kulturschock zusammenhing. Im Mai 2000 war seine Ehefrau mit nur 24 Jahren an Brustkrebs verstorben. Die Krankheit hatte Ikpeba über Monate hinweg sogar vor engsten Vertrauten geheim gehalten. BVB-Boss Meier war involviert, begleitete den früheren Monegassen sogar ans Sterbebett.

"Während dieser Phase habe ich mich intensiv um ihn gekümmert. Das hat ihm den Boden unter den Füßen weggezogen", erinnert sich der heute 72-Jährige und nimmt Ikpeba in Schutz: "Dieses Schicksal gönnt man niemandem. Das war rückblickend womöglich der Grund, weshalb es sportlich nicht wie erhofft lief."

In der Saison 2000/01 fand Ikpeba auch unter dem neuen Coach Matthias Sammer nicht zurück in die Spur. Sammer ermöglichte dem Offensivspieler zwar ein Comeback mit zehn Pflichtspielen, legte in seiner Spielphilosophie jedoch viel Wert auf das Läuferische - eine Komponente, die nicht zu Ikpebas physischem Stil passte.

BVB - Ikpeba: "Hier hat man mich zerstört"

Im Sommer 2001 beendete Ikpeba schließlich das Kapitel BVB nach lediglich vier Toren in 37 Pflichtspielen vorerst und ließ sich zu Betis Sevilla ausleihen. Just als es um den einstigen Königstransfer ruhig geworden zu sein schien, holte dieser im skandalösen L'Equipe-Interview zu einem Rundumschlag gegen seinen Stammklub aus.

Er rechnete mit allen ab, dem Verein, den Medien. "Man hat mich zerstört und die Presse genutzt, um skandalöse Dinge über mich zu verbreiten. So etwas habe ich noch nie erlebt." Gegen den BVB erhob Ikpeba schwere Vorwürfe. "Ich bin Afrikaner. Wenn ich zur Nationalmannschaft reiste, schrieb die Presse, ich wäre in den Ferien. In der Kabine beschwerten sich die Spieler, es seien zu viele Schwarze im Verein. Als Brasilianer wäre manches sicher besser gelaufen", so Ikpeba.

Dem plötzlichen Entgegenkommen seitens der Borussia traute Ikpeba nach dem Tod seiner Frau ebenso wenig. Für ihn war klar, dass man ihn nur "aus Mitleid" spielen ließ, "um mich zu trösten". Der Verlust seiner Frau sei "das Grausamste, was mir je in meinem Leben passiert ist. Nur wegen ihr hielt ich durch. Sie stand immer hinter mir. In Lüttich, Monaco. Heute ist sie bei Gott und ich glaube, sie will mich öfter spielen sehen."

Ikpeba: Nie mehr in Höchstform

In Dortmund sollte es dazu nicht mehr kommen. "So geht es nicht weiter. Er soll uns einen Verein präsentieren, mit dem wir sprechen können", sagte Manager Michael Zorc. Nach einem ebenfalls unglücklichen Engagement in Andalusien zog es das BVB-Missverständnis zu Al-Ittihad nach Libyen. Kostenpunkt: eine Million Euro. Ikpeba versuchte sich noch einmal in Belgien und Katar, wo er jedoch nicht mehr an seine Höchstform zu Ligue-1-Zeiten anknüpfte, ehe er 2005 seine Karriere endgültig beendete.

Und so bleibt Ikpeba den meisten Borussen als Skandalprofi in Erinnerung, der in Dortmund nie Fuß fassen konnte. Die Bosse hatten im Sommer 1999 alle Warnsignale ignoriert.

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