Sandro Wagner wird beim Supercup (20.30 Uhr, live auf DAZN) zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund erstmals als DAZN-Experte im Einsatz sein. Im Vorfeld erklärt der frühere Nationalspieler, wie der BVB dem Rekordmeister gefährlich werden kann.
Außerdem spricht der ehemalige deutsche Nationalspieler im Interview mit DAZN und SPOX über die aktuellen Probleme beider Teams und mögliche Schwachpunkte, seine Diskussionen mit dem jungen Trainer Julian Nagelsmann in Hoffenheim und warum er für sein Auftreten "auf die Fresse" bekam.
Sandro Wagner über ...
... seine neue Rolle als DAZN-Experte:
"Ich freue mich darauf, vor Publikum Spiele analysieren zu können - was ich bisher eher für mich selbst getan habe. Zu Hause hört mir nämlich keiner zu. Jeder weiß um meine Affinität zu dem einen oder anderen Verein, aber mir ist extrem wichtig, dass ich objektiv bleibe. Ich möchte spieltaktisch und spieltechnisch analysieren, aber auch die Haltung und Einstellung von Spielern und Trainer mit einfließen lassen."
... sein Auftreten in der Öffentlichkeit:
"Ich gebe meine Meinung so wieder, wie ich etwas sehe. Ob es dann dem einen oder anderen oder der großen Mehrheit gefällt - das war für mich noch nie entscheidend. Natürlich musste ich auch mal Lehrgeld zahlen, natürlich hat es von der Öffentlichkeit auch mal für die eine oder andere Aussage auf die Fresse gegeben. Aber grundsätzlich finde ich wichtig, dass man am Ende des Tages in den Spiegel schauen kann und auch für seine Meinung geradesteht. Ich weiß jedoch genau so, dass das heutzutage nicht ganz einfach ist, in der Medienwelt als Fußballer oder Person des öffentlichen Lebens immer so zu agieren."
... Interviews mit Worthülsen und Phrasen:
"Grundsätzlich finde ich es nicht gut, das ist nicht mein Weg. Ich habe den Presseabteilungen immer gesagt: 'Schön und gut, ihr habt hier 20 Leute, aber ich mache mein Ding allein.' Ich brauche keinen, der mir die Hälfte rausstreicht. Ich mache mir vorher Gedanken, was ich sagen möchte, und gebe das dann so wieder. Das ist mein Weg, aber den anderen verstehe ich auch zu 100 Prozent: Dass Spieler oder öffentliche Personen sehr genau aufpassen, was sie sagen, weil sie nicht zu viel Gegenwind bekommen möchten. Es ist heutzutage ein zweischneidiges Schwert. Wir wünschen uns Leute, die ihre Meinung sagen, aber auf der anderen Seite wird draufgehauen, wenn man mal was sagt, was einem nicht passt. Dann verstehe ich, dass sich der eine oder andere zurückzieht. Das muss man akzeptieren."
Sandro Wagner: Meine Art war für Julian Nagelsmann "eine gute Schule"
... Julian Nagelsmann, mit dem er bei der TSG Hoffenheim zusammenarbeitete:
"Ich hatte ein super Verhältnis zu Julian. Mir war immer wichtig, dass man es ansprechen kann, wenn ich anderer Meinung als der Trainer oder ein Mitspieler bin. Ich finde es nicht schlimm, wenn ein Angestellter seinem Chef mal sagt: 'Hör mal zu, ich sehe das anders.' Ich wünsche mir auch später als Trainer, dass ich mündige Spieler habe. Das ist für den Trainer ein ganz großer Mehrwert. Julian ist ein intelligenter Mensch und hat das auch so gesehen, dass er gleich am Anfang seiner Karriere eine gewisse Herausforderung bekommt. Ich glaube, in Leipzig hat er nicht so viele, die ihm mal ein Widerwort geben. Ich habe ihn damit von Tag eins an gefordert und auch etwas gekitzelt. Ich denke, es war für ihn eine gute Schule. Wären wir alle gleich, gäbe es keinen Erfolg."
Sandro Wagner über ...
... die durch die Corona-Pandemie entstandene Belastung für die Profis nach einer ungewohnt kurzen Sommerpause:
"Das Thema ist komplex, wir haben eine Sondersituation, was die Regeneration und Taktung an Spielen angeht. Ich verstehe jeden Spieler oder Funktionär, der sagt, Spiele alle drei, vier Tage bis Weihnachten seien nicht machbar. Auf der anderen Seite müssen Gehälter weitergezahlt werden, die Klubs brauchen ihr Geld. Man muss einen Mittelweg finden. Ich finde es nicht gut, wenn man ein halbes Jahr oder ein Jahr nur über Müdigkeit redet und über zu viele Spiele meckert. Das ist nicht zielführend und bringt nichts. Es ist eine blöde Situation, aber man muss das Beste daraus machen."
... seine Erwartungen an das Top-Duell beim Supercup:
"Ich denke, Bayern München wird das Spiel gewinnen. Jedoch sicher nicht so deutlich wie in den letzten Wochen und wie es vielleicht einige Leute denken. Borussia Dortmund hat gewisse Waffen in der Offensive, mit denen du Bayern wehtun kannst - wenn alle Spieler ihre Power auf den Platz bekommen, und ein Sancho auch mit nach hinten arbeitet, ein Giovanni Reyna Mentalität zeigt, ein Marco Reus vielleicht wieder von Anfang an spielt. Die Defensive ist aktuell relativ stark. Das in Augsburg war ein Ausrutscher, denn an sich steht sie sehr stabil. Die Offensive ist aktuell eine Wundertüte. Sie kann sehr viel Schönes hervorbringen, aber auch mal einen schlechten Tag haben - was normal ist bei so vielen jungen Spielern."
Sandro Wagner: "Dortmund muss Pressinglinie von Bayern überspielen"
... erfolgsversprechende Rezepte gegen den FC Bayern:
"Die schnellen Pfeile bei Dortmund können der Bayern-Defensive wehtun, wenn sie richtig eingesetzt werden und es schaffen, die Pressinglinie von Bayern zu überspielen. Das muss Dortmund unbedingt nutzen. Hoffenheim hat es fast perfekt gemacht. Bayern spielt ein hohes, aggressives Pressing. Wenn die Bayern merken, dass sie ausgekontert werden, überlegen sie sich, ob sie es dann weiterhin so machen - ob sie weiter hoch attackieren oder sich auch mal zurückziehen."
... die Ambitionen des BVB in der Bundesliga:
"Du musst den Jungs Zeit geben, alles andere wäre vermessen. So ein Spiel wie in Augsburg kann immer wieder dabei sein, das ist menschlich. Dortmund hat viele hochtalentierte Spieler, die aber noch etwas brauchen. Aktuell wird es daher sehr schwer, die Bayern über eine Saison hinweg zu gefährden. Aber wird dieser Kader zusammengehalten, entwickeln sich die jungen Spieler so gut weiter, dann vielleicht in ein, zwei Jahren."
Sandro Wagner: "Meunier nicht die perfekte Wahl im aktuellen BVB-System"
... das 3-4-3 der Dortmunder, in dem auf der rechten Außenbahn mit Thomas Meunier ein Routinier die Position des abgewanderten Achraf Hakimi eingenommen hat:
"Wenn man beim dem System bleiben will, würde ich darüber nachdenken, einen schnelleren Spieler auf seine Position zu stellen. Du brauchst dort einen sehr schnellen Spieler, der im Eins gegen Eins stark ist. Meunier hat andere Stärken, er ist defensiv in einer Viererkette sehr stark. Für mich ist er nicht die perfekte Wahl im aktuellen BVB-System. Mit Meunier bekommst du auf der rechten Seite zu wenig Tempo und Eins-gegen-Eins-Situationen, wie es in der letzten Saison mit Hakimi war."
... Lehren, die der FC Bayern aus den Spielen gegen den FC Sevilla und Hoffenheim ziehen muss:
"Von Hansi Flick hört man, dass ihm die Absicherung im Abwehrbereich extrem wichtig ist. Das heißt, dass es sehr viele Spieler gibt, die offensiv denken. Das ist ein kleiner Schlüssel zum Erfolg, die die gegnerischen Mannschaften für die nächsten Wochen aus den letzten Spielen herausnehmen können. Da kannst du ihnen wehtun. Bayern München ist auch gewarnt, dass sie den Mix aus Offensive und Defensive wieder richtig hinbekommen."
Sandro Wagner: "Robert Lewandowski steht über Haaland"
... Robert Lewandowski:
"Über Haaland steht er schon, er verfügt ja auch über viel mehr Erfahrung. Haaland ist im Abschluss sehr gut, Lewy arbeitet mittlerweile mehr für das Team und ist weniger egoistisch geworden. Das sind die letzten Attribute, die ihm meiner Meinung nach zur absoluten Weltklasse gefehlt haben. Allein dadurch, dass er Bällen hinterhergeht und vor dem Tor auch mal querlegt, ist ein Zeichen an alle anderen Spieler: Unser Star da vorne arbeitet für uns. Das hat die Jungs noch mal extrem gepusht. Für mich ist Lewandowski aktuell definitiv einer der zwei, drei besten Offensivspieler der Welt. Haaland hat noch eine Menge Arbeit vor sich, aber er kann ebenso ganz nach oben kommen. Das Potenzial dafür ist da."
... eine mögliche Krisen-Situation beim FC Bayern im Falle einer zweiten Niederlage in Folge:
"Das ist absolut unmöglich, dafür sind diese Spieler viel zu erfahren und viel zu gut. Sie hatten jetzt gegen Hoffenheim Probleme, was aber einfach damit zu tun hatte, dass Hoffenheim überragend gespielt hat - das muss man auch mal anerkennen. Bayern München hat in den vergangenen Wochen immer wieder Gegner weggefegt, aber es gab auch enge Spiele wie gegen Sevilla und Paris. Schalke und Barcelona waren nicht auf Augenhöhe, Sevilla und Hoffenheim schon. Es ist für alle anderen Mannschaften auch schön zu sehen, dass Bayern nicht übermächtig, sondern auch schlagbar sind."
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