Mr. Zuverlässig & kriselnde Topleute

Von Patrick Völkner
Angenehm im Umgang: Knut Kircher bei der Partie Hannover gegen FC Bayern
© imago

Nach bisweilen hanebüchenen Auftritten im Herbst ist es um die Unparteiischen der Bundesliga zuletzt ruhiger geworden, eher selten standen sie im Fokus der Kritik. Doch wie gut sind ihre Darbietungen wirklich? Im Rahmen unseres faktenbasierten Schiri-Checks analysieren wir die Entscheidungen der Unparteiischen und geben einen Überblick über ihr Leistungsniveau.

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Für Dr. Felix Brych ist die laufende Bundesliga-Saison auch so etwas wie ein Testlauf für die anstehende Fußball-WM. Nach eher schwachen Leistungen in der Hinrunde scheint er sich dabei inzwischen gefangen zu haben. Anders sieht es bei Manuel Gräfe aus, der sich zuletzt häufiger unsicher präsentierte. Knut Kircher dagegen bleibt die Konstanz in Person.

Überwiegend überzeugend: Auch wenn man es zuweilen kaum glauben mag: Die Leistungen der Bundesliga-Unparteiischen können sich in weiten Teilen sehen lassen. So wurden an den ersten acht Rückrundenspieltagen mehr als 40 Prozent der Schiedsrichter-Leistungen mit einer Note im 2er- oder 1er-Bereich bewertet. Dabei musste lediglich sieben Mal eine 4 minus (oder schlechter) vergeben werden.

Mit einer Durchschnittsnote von 2,88 bei einer Fehlerquote von 0,75 liegen die Referees deutlich besser als zum vergleichbaren Zeitpunkt der Vorsaison (3,1 / 0,84) - Zeichen einer insgesamt durchaus positiven Entwicklung. Gleichwohl gibt es aber auch in dieser Spielzeit wieder einige Ausreißer nach unten. Günter Perl, Robert Hartmann und Guido Winkmann bilden mit jeweils ernüchternder Durchschnittsnote von 3,7 bzw. 3,8 die Schlusslichter der Erstliga-Referees.

Konstanter Kircher: Konstanz hat auch im deutschen Schiedsrichterwesen einen Namen: Knut Kircher ist und bleibt die verlässliche Größe unter den Bundesliga-Schiris. So erlaubte sich der Rottenburger in seinen bisherigen vier Rückrunden-Einsätzen keinen einzigen klaren Fehler und wurde jeweils mit der SPOX-Note 2,0 bewertet.

Beispielhaft für Kirchers konstant starke Leistungen steht seine Leitung der Partie zwischen Eintracht Braunschweig und dem Hamburger SV am 21. Spieltag. Der 45-jährige Unparteiische behielt in der mitunter hitzigen Partie jederzeit den Überblick und griff dabei ungewöhnlich häufig zur Gelben Karte. Doch sämtliche seiner elf Verwarnungen waren vertretbar und trugen dazu bei, dass das emotionsgeladene Spiel letztlich nicht eskalierte.

Das Geheimnis von Knut Kircher liegt dabei vor allem in seiner wohltuend unaufgeregten Gestik und der sachlich-freundlichen Ansprache an die Spieler. In vergleichbarer Weise beherrscht neben ihm nur Florian Meyer die hohe Kunst einer kommunikativen und deeskalierenden Spielleitung. Beide Referees genießen unter den Bundesligaprofis daher auch eine besonders hohe Anerkennung. Kircher und Meyer liegen aktuell in der Schiedsrichter-Tabelle gemeinsam auf Platz 1.

Schwächelnde Topleute: Während sich mit Knut Kircher ein absoluter Top-Schiedsrichter auch in absoluter Top-Verfassung präsentiert, schwächelt FIFA-Schiedsrichter Manuel Gräfe. Nach zuletzt eher durchwachsenen Leistungen ist er in unserer Schiedsrichter-Tabelle von Platz 1 auf Position 4 abgerutscht.

Besonders negativ fiel dabei seine Leistung in der Partie zwischen Freiburg und Augsburg (22. Spieltag) auf. Gräfe sah dabei zunächst fälschlicherweise davon ab, den bereits verwarnten Augsburger Verhaegh mit der Ampelkarte in die Kabine zu schicken, um in der Folge gleich zwei Elfmetersituationen falsch zu bewerten. So hätte es nach Krmas' Handspiel Strafstoß für Augsburg und nach Foul an Günter Elfmeter für die Gastgeber geben müssen (Note 5,0).

Zwei Spieltage später blieb der Berliner Referee in der Partie zwischen Nürnberg und Bremen zwar fehlerfrei, profitierte dabei aber von der Ehrlichkeit der Akteure. Eine fehlerhafte Eckstoßentscheidung korrigierte Gräfe nach Kiyotakes Intervention genauso wie die Elfmeterentscheidung zu Gunsten der Bremer nach Hunts Fair-Play-Preis-würdigem Eingeständnis seiner Schwalbe. Gräfe konnte den Spielern dankbar sein, bewahrten sie ihn doch vor zwei Fehlentscheidungen. Seine unsichere Spielleitung, die mit der Note 4,0 bewertet wurde, konnten sie freilich nicht kaschieren.

Neben Gräfe präsentiert sich mit dem deutschen WM-Schiedsrichter Dr. Felix Brych ein weiterer Vertreter der Top-Riege nicht in allerbester Verfassung. Nach der desaströsen Hinrunde, die ihren traurigen Höhepunkt im Eklat-Spiel zwischen Hoffenheim und Leverkusen fand, scheint sich der 38-jährige Münchener inzwischen jedoch gefangen zu haben. Eine starke Performance lieferte er insbesondere am 21. Spieltag in der Partie zwischen Augsburg und Nürnberg ab, die er ohne jeden Fehler leitete und dabei auch nicht auf die Schwalbe des Augsburgers Milik hereinfiel (Note 1,5).

Am zurückliegenden 25. Spieltag machte er im Match zwischen Braunschweig und Wolfsburg eine gute Figur (Note 2,5). Dennoch liegt er in unserer Schiedsrichtertabelle auf einem für seine Verhältnisse enttäuschenden 19. Rang.

Berliner Nachwuchshoffnung: Die große Überraschung der laufenden Saison stellt zweifelsohne Daniel Siebert dar. Der Berliner Unparteiische, der erst 2012 zu dem Kreis der Erstliga-Schiedsrichter stieß, überzeugt mit durchweg starken und weitestgehend fehlerfreien Leistungen.

Das Highlight seiner bisherigen Karriere war die Performance in der Partie zwischen Nürnberg und Braunschweig (22. Spieltag), als er die Chuzpe bewies, dreimal auf den Elfmeterpunkt zu zeigen und jedes Mal richtig lag. Allein der Platzverweis gegen Nürnberg Nilsson erschien etwas (zu) hart, war aber noch gerade so vertretbar. Seine Leistung wurde entsprechend mit der Note 1,5 gewürdigt.

Auch am 25. Spieltag kam Siebert zum Einsatz. Im Spiel zwischen Hoffenheim und Mainz lieferte er abermals eine blitzsaubere Leistung ab. Mit der Durchschnittsnote 2,6 liegt er derzeit auf einem hervorragenden 3. Platz und schickt sich an, einer der Top-Referees der Zukunft zu werden.

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