"Ich will mir nichts vorwerfen lassen"

Von Interview: Florian Bogner / Fatih Demireli
Hamit Altintop (l.) weiß noch nicht, ob er auch in der nächsten Saison für den FC Bayern spielen wird
© Getty

Hamit Altintop spielt seit 2007 für den FC Bayern München, aber im Sommer könnten sich die Wege trennen. Im SPOX-Interview spricht der 28-jährige Türke über mögliche Wechselabsichten, seinen Glauben und Uli Hoeneß.

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SPOX: Hamit Altintop, hätten Sie ihrem Ex-Verein Schalke 04 eine Leistung wie gegen Inter Mailand zugetraut?

Hamit Altintop: Vor dem Hinspiel hat unser Fitnesstrainer Marcelo Martins 4:0 für Inter getippt. Gut, er hat nicht so viel Ahnung vom Fußball. (lacht) Aber ich habe ihm damals schon gesagt: 'Pass auf, Schalke ist durch Felix Magath körperlich fit und durch Ralf Rangnick taktisch sehr gut vorbereitet, das wird ein knappes Spiel.' Dass es nun so gekommen ist, konnte wirklich niemand ahnen.

SPOX: Was meinen Sie mit 'taktisch sehr gut vorbereitet'?

Altintop: Wenn man mal überlegt - die spielen auswärts mit Raul und Edu vorne und dahinter spielen Baumjohann, Jurado und Farfan. Dass Inter ohne Lucio nicht stabil ist, hat Schalke mutig ausgenutzt. Sehr gut analysiert, muss man sagen.

SPOX: Wie sehen Sie die Vorkommnisse im eigenen Verein - da wird Uli Hoeneß beispielsweise von der eigenen Kurve als Lügner beschimpft.

Altintop:. Ich kann das nicht wirklich einordnen, weil ich die Details nicht kenne.

SPOX: Aber ist Uli Hoeneß ein Lügner?

Altintop: Nein, was für ein Unsinn. Für mich hat Herr Hoeneß einen sehr hohen Stellenwert. Nicht nur, weil er enorm viel für den Verein geleistet hat, sondern als Mensch. Deswegen ist es sehr schwer, sich dazu zu äußern. Da kann man eigentlich nur was Falsches sagen. Ich denke, dass zwischen Fankurve und Herrn Hoeneß eine große Liebe existiert und wie in der Liebe ist man eben auch mal enttäuscht und äußert sich emotional, was man später vielleicht bereut.

SPOX: Sie selbst sind von Schalke 04 zum FC Bayern gewechselt. Trauen Sie Manuel Neuer diesen Schritt zu?

Altintop: Dass Manuel ein super Torwart ist, sieht ein Blinder. Die Ablehnung der Fans könnte ja auch einen besonderen Reiz ausmachen - kann ich die Fans von meinen Qualitäten überzeugen? Und er würde mit Sicherheit sofort die uneingeschränkte Unterstützung des Vereins, des Trainers und der Mannschaft bekommen, das darf man nicht vergessen.

SPOX: Sie selbst haben beim FC Bayern nur noch bis 30. Juni Vertrag.

Altintop: Ich bin ganz entspannt, auch wenn von Klubseite noch niemand mit mir gesprochen hat. Das heißt aber nicht automatisch, dass ich irgendwo anders unterschreibe. Ich halte mir alle Optionen offen und mache mich nicht verrückt.

SPOX: Gibt es ernsthafte Alternativen?

Altintop: Es gibt einige Optionen, ja. Nichtsdestotrotz gebe ich hier weiter Gas und will meinen Job professionell erfüllen. Mir ist es enorm wichtig, dass man mir nichts vorwerfen kann. Ich will in den Spiegel schauen und sagen können: Ich habe alles probiert.

SPOX: Würden Sie sich mehr Rückendeckung und Zuspruch von Vereinsseite wünschen?

Altintop: Die Verantwortlichen werden ihre Gründe haben, warum sie sich mit der Entscheidung so viel Zeit lassen. Das muss nicht mal was mit mir zu tun haben, sondern zum Beispiel mit der Frage: Wo spielen wir nächste Saison - Champions League oder Europa League? Ich bin das vierte Jahr hier, man kennt meine positiven und negativen Eigenschaften. Sie können jederzeit auf mich zukommen.

SPOX: Mit der sportlichen Situation können Sie aber nach wie vor nicht zufrieden sein.

Altintop: Insgesamt kann ich nicht zufrieden sein, nein. Ich habe gespielt, dann wieder nicht. Für mich und den Verein gilt dasselbe: Es ist mehr drin. Es ist doch so: Im ersten Jahr werde ich unter Hitzfeld Meister und Pokalsieger. Im zweiten Jahr machen wir einen Riesenschritt zurück. Im dritten Jahr dominieren wir wieder die Liga, stehen im Champions-League-Finale und spielen attraktiven Fußball. Und im vierten Jahr geht's wieder einen Riesenschritt zurück. Wo ist da die Konstanz?

SPOX: Gute Frage. Gibt es eine Antwort?

Altintop: Schwierig, wenn man wie ich von draußen zusehen muss und nur selten eingreifen kann.

SPOX: Inwiefern spielt Jupp Heynckes denn für Ihre Entscheidung eine Rolle?

Altintop: Bevor die Verantwortlichen auf die Spieler mit auslaufenden Verträgen zugehen, werden sie wohl mit dem Trainer sprechen müssen, wie er denn plant. Eins vorneweg: Jupp Heynckes ist ein großer Trainer, hat sehr viel Erfahrung. Er steht definitiv auf einem Level mit Louis van Gaal. Aber solange niemand vom Verein auf mich zukommt, kann ich wenig tun. Das heißt aber nicht, dass ich jemandem deswegen böse bin. Dann ist das einfach so.

SPOX: Sie haben oft gesagt, dass Sie mehr Verantwortung übernehmen wollen. Bei der türkischen Nationalmannschaft sind Sie seit kurzem ja auch Kapitän.

Altintop: Man kann aber nur Verantwortung übernehmen, wenn sie einem auch gegeben wird. Damit meine ich nicht, dass man alle Spiele machen oder gar Kapitän sein muss. Aber man muss akzeptiert sein und wirklich wissen, was man aneinander hat. Da darf es keine Fragezeichen geben.

Teil 2: "Türkei ist auf jeden Fall eine Option für mich"

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