"Ich habe vor gar nichts Angst"

Von Interview: Jochen Tittmar
Ioannis Amanatidis spielte bereits 2004 ein halbes Jahr für die Frankfurter Eintracht
© Imago

Eintracht Frankfurts Ioannis Amanatidis hat zwei schwere Verletzungen überwunden und steht endlich wieder gesund auf dem Platz. Im Interview spricht der 28-Jährige über die Angst vor dem Karriereende, sein hohes Selbstbewusstsein und klärt zwei angeblich unrühmliche Vorfälle auf.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Herr Amanatidis, Sie haben zwei Knorpelschäden hinter sich, präsentieren sich aber aktuell im Training und den Tests in erstaunlicher Frühform. Wie fühlt es sich an, nach solch langer Zeit wieder richtig mitzumischen?

Ioannis Amanatidis: Sehr gut. Ich mache endlich wieder das, was ich mit ein paar Ausnahmen quasi fast zwei Jahre lang nicht machen konnte. Daher bin ich froh, endlich wieder richtig am Ball zu sein. Für die kurze Zeit, die ich jetzt wieder voll mit dabei bin, läuft es derzeit erstaunlich gut. Ich bin aber generell auch ein Spieler, der nicht lange braucht, um sich wieder an die alten Muster zu gewöhnen.

SPOX: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Knie diesmal hält?

Amanatidis: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aktuell fühlt es sich so an, als ob alles in Ordnung ist. Ich kann allerdings überhaupt nicht vorhersehen, was in ein paar Monaten oder Jahren ist.

SPOX: Können Sie die letzten beiden Spielzeiten aus Ihrer Sicht noch einmal kurz zusammenfassen?

Amanatidis: Kurz gesagt hätte es nicht besser anfangen, aber auch nicht schlimmer enden können. Ich habe in den beiden letzten Spielzeiten jeweils sehr gut begonnen und auch gleich meine Tore gemacht. Da war ich wie momentan in einer erstaunlichen Frühform. Und dann bin ich eben jeweils von derselben Verletzung zurückgeworfen worden.

SPOX: Christoph Preuß sagte im SPOX-Interview, dass man in der Reha Einzelkämpfer sein muss. Wie sehen Sie das?

Amanatidis: Das hängt natürlich auch immer von der Person ab. Ich bin sehr nervenstark und konnte mit der Zeit in der Reha gut umgehen. Ich habe in dieser Phase auch alles Mögliche unternommen, um das Knie zu entlasten oder beispielsweise auf Spannungen und größere Belastungen vorzubereiten. So war es jetzt auch vor dem Trainingslager. Man sammelt da mit der Zeit auch Erfahrungen, wie man mit dieser Verletzung umgehen und worauf man Rücksicht nehmen muss.

SPOX: Wie groß ist die Angst, dass es bei der nächsten Komplikation vorbei sein könnte mit der Karriere?

Amanatidis: Ich habe vor gar nichts Angst. Ich versuche, meinen Beruf so gut es geht und so lange es meine Gesundheit zulässt, auszuüben. Angst kenne ich nicht. Im Gegenteil: Ich bin dankbar, Fußballprofi geworden zu sein und die Möglichkeit zu haben, mich erneut heranzukämpfen.

SPOX: Zu Beginn der Sommerpause pochte die Eintracht darauf, dass Sie sich einer Kernspintomographie unterziehen. Sie wollten aber nicht. Was war denn da genau los?

Amanatidis: Zuallererst: Was ich tun und lassen soll, entscheide immer noch ich. Mir wurde nahe gelegt, eine Untersuchung zu machen, um zu sehen, wie es mit dem Knie genau aussieht und ob es den Belastungen standhält. Ich habe aber seit Anfang April in vollem Umfang mit der Mannschaft trainiert und bin seitdem auch gesund geschrieben. Daher sah ich da keinerlei Notwendigkeit, einen gesunden Spieler erneut untersuchen zu lassen.

SPOX: Lag dies möglicherweise nicht darin begründet, dass die Eintracht wissen wollte, ob man mit Ihnen überhaupt für die kommende Saison planen kann?

Amanatidis: Das ist völliger Irrsinn. Ich war ja gesund, seit April war und ist alles in Ordnung. Dafür braucht man keine Untersuchung und kein gar nichts. Man kann nicht einfach einen gesunden Spieler dazu verdonnern, eine Kernspin zu machen. Dazu wurde dann halt auch wieder viel Blödsinn geschrieben. Die Berichterstattung war und ist für mich und den Verein völlig irrelevant.

SPOX: Blicken wir auf die kommende Spielzeit. Drei Griechen stehen nun im Eintracht-Kader. Hat man Sie wieder nach Ihrer Meinung gefragt?

Amanatidis: Genau, das war ja schon immer so. Ich kenne ja schließlich genügend griechische Spieler und dann wird dementsprechend darüber diskutiert. Bisher hat das auch immer ganz gut geklappt. Die bisherigen Griechen, die hier waren, haben den Verein jeweils verstärken können.

SPOX: Giorgios Tzavellas ersetzt auf der Linksverteidigerposition Ex-Kapitän Christoph Spycher. Auf welch einen Typen muss sich die Bundesliga einstellen?

Amanatidis: Er ist ein sehr robuster und kopfballstarker Spieler - und das, obwohl er nur knapp über 1,80m groß ist. Er hat einen starken linken Fuß und kann gut flanken. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir nächste Saison das eine oder andere Mal offensiv über links kommen. Das war in der Vergangenheit ja nicht immer der Fall.

SPOX: Inwiefern ist es denn ein Risiko, den Kapitän durch einen Spieler zu ersetzen, der noch nie in einer großen Liga gespielt hat?

Amanatidis: Ich sage es mal so: In der Bundesliga laufen mittlerweile ganz andere 'Kaliber' herum. Da hat er auf jeden Fall die Qualität, in der Liga zu bestehen. Er ist zwar noch jung, aber er wird uns weiterhelfen. Davon bin ich überzeugt.

SPOX: Mit Theofanis Gekas, Martin Fenin, Halil Altintop und Ihnen hat die Eintracht nun vier gute Stürmer im Kader. Spielen werden aber nur zwei. Wird Ihnen da bange?

Amanatidis: Ich gehe davon aus, dass ich gesund und fit bleibe. Nicht nur ich, sondern auch andere sagen ja, dass ich in guter Frühform bin. Bleibt dies der Fall, werde ich auch spielen.

SPOX: Sind Sie also Frankfurts bester Stürmer, wie Heribert Bruchhagen sagte?

Amanatidis: Ich spreche ungern über mich selbst. Aber wenn so etwas Leute aus der Branche sagen, die Ahnung vom Fußball haben, dann kann man davon ausgehen, dass Sie recht haben. So etwas sagt man nicht, nur weil man die ersten drei Wochen der Vorbereitung gesehen hat.

SPOX: Sie wirken sehr selbstbewusst, obwohl Sie schon lange nicht mehr auf dem Platz standen. Ganz simpel gefragt: Woher nehmen Sie Ihr Selbstbewusstsein?

Amanatidis: Ich finde nicht, dass das damit zu tun hat, dass ich schon eine Weile nicht mehr gespielt habe. Mein Selbstbewusstsein beruht auch auf Fakten. Wenn man ein bisschen etwas vom Fußball versteht und dieses Wissen auch gut einschätzen kann, dann sieht man, ob der eine oder andere Spieler etwas kann oder nicht. Ich bin von mir überzeugt, da ich glaube, dass ich genau verstehe, worum es im Fußball geht und auch in der Lage bin, dies zu vermitteln und auf dem Feld zu zeigen. Man kann immer mal verletzt sein oder einen schlechten Tag erwischen. Das heißt aber nicht, dass man das Fußballspielen verlernt hat. Fußballspielen verlernt man nicht. Man kann es oder man kann es eben nicht. Ich muss mich nicht immer wieder neu beweisen. Das weiß ich und das weiß auch der Verein. Auch bundesweit ist bekannt, dass ich locker über zehn Tore erzielen kann, wenn ich fit bin. Ich muss mich vor X oder Y nicht verstecken. Ich weiß, dass ich ordentlich Fußball spielen kann. Da braucht mir keiner irgendetwas anderes zu erzählen.

SPOX: Mitte Mai sagte Bruchhagen, dass man Altintop, Gekas, Fenin und Sie nicht zusammen im Kader haben wird, da die finanziellen Mittel nicht ausreichen. Wer von Ihnen hat denn Verzicht geübt?

Amanatidis: Diese Frage müssen Sie den anderen Spielern stellen. Ich habe seit langem einen gültigen Vertrag und bei mir hat sich jedenfalls nichts geändert (lacht). Ich kann nicht sagen, ob Gekas oder Altintop dem Verein etwas entgegen gekommen sind.

SPOX: Unter Michael Skibbe hat sich die Eintracht spielerisch enorm weiterentwickelt. Außerhalb des Spielfelds kam es jedoch immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Bruchhagen. Wie betrachtet man das als Spieler?

Amanatidis: Auch der Verein will ja die bestmöglichen Spieler in seinem Kader haben. Das ist aber nun mal nicht immer realisierbar. Da ich in meiner Rehazeit außerhalb von Frankfurt war, kann ich auch nicht genau sagen, um welche Themen es zwischen den beiden im Detail ging. Das läge sowieso nicht in meinem Arbeitsbereich, diese Dinge zu kommentieren. Unter dem Strich haben wir es erneut geschafft, den Verein mit unseren Mitteln zu verstärken.

SPOX: Ist es überhaupt möglich, die vergangene Saison zu toppen oder hat man da für den Moment schon ein gewisses Maximum erreicht?

Amanatidis: Spielerisch war das letzte Jahr auf jeden Fall ein großer Schritt nach vorne. 2007/2008 hatten wir aber auch schon 46 Punkte auf dem Konto. Nun ist aber die Qualität im Kader eindeutig höher und wir spielen auch ganz anderen Fußball - auch gegen große Vereine. Das hat uns nach vorne gebracht. Wir müssen die letzte Saison natürlich jetzt bestätigen.

SPOX: Wie sehr hat es Sie vergangene Saison getroffen, dass Ihnen Skibbe die Kapitänsbinde wegnahm?

Amanatidis: Seine Erklärung war ja, dass er schlechte Erfahrungen damit gemacht hat, wenn ein Stürmer Kapitän ist. Da kann jeder seine eigene Meinung haben. Ich habe schließlich Skibbes Meinung akzeptiert.

SPOX: Aber nicht gleich zu Beginn...

Amanatidis: Natürlich war ich überrascht. Damit hatte ich eben nicht gerechnet und ich fand diese Entscheidung auch nicht notwendig. Der Trainer wollte, dass ich zweiter Kapitän werde. Das hat für mich persönlich aber keinen Sinn gemacht, denn wenn sich Spycher jemals verletzt hätte, wäre ich als Stürmer ja wieder Kapitän gewesen. Und genau das wollte ja der Trainer nicht. Daher bin ich dann auch aus dem Mannschaftsrat ausgetreten und habe mich nur noch auf mich selbst konzentriert. Das hat auch sehr gut geklappt.

SPOX: Auf dem Platz geben Sie immer alles und sind ein Leader, doch in der vergangenen Saison hatten Sie sich ein paar Mal nicht im Griff.

Amanatidis: Was meinen Sie genau damit, was soll ich denn getan haben?

SPOX: Beispielsweise die Trainingsrangelei mit Habib Bellaid, kurz nachdem Sie als Kapitän abgesetzt wurden. Oder Ihr Wutanfall am vorletzten Spieltag, als Sie gegen Hoffenheim nicht eingewechselt wurden.

Amanatidis: Beide Ereignisse sind fast ein Jahr auseinander und stehen nicht in direktem Zusammenhang. Das muss man differenziert sehen.

SPOX: Dann differenzieren Sie bitte.

Amanatidis: Bei dem Trainingszweikampf mit Bellaid habe ich große Schmerzen davon getragen. Habib ist ein junger Mann, der erst seit ein paar Jahren Profi ist. Da erwarte ich einfach gewissen Respekt von jungen gegenüber älteren Spielern. Wenn das nicht der Fall ist, muss man diese Spieler daran erinnern und notfalls auch zurechtweisen. Das hatte nichts mit der Kapitänsentscheidung zu tun. Ich habe ja auch gleich am ersten Spieltag zwei Tore gemacht und meine Leistung gebracht, wie man es von einem Profi erwartet.

SPOX: Das stimmt. Und was war gegen Hoffenheim los?

Amanatidis: Da habe ich mich erstens dermaßen aufgeregt, dieses Spiel nach einer guten ersten Halbzeit aus der Hand zu geben und einen negativen Saisonabschluss vor eigenem Publikum zu haben. Zweitens hat es mich aufgeregt, dass mein Landsmann Nikos Liberopoulos in seinem letzten Heimspiel nicht eingewechselt wurde. Da ging es gar nicht um meine eigene Einwechslung. Schön, dass wir das nun aber alles einmal geklärt haben (lacht).

Ioannis Amanatidis im Steckbrief