Frank Rost beim HSV: Angriff auf ein Denkmal

Von Stefan Moser
Mit Jaroslav Drobny bekommt Frank Rost in Hamburg vermutlich bald namhafte Konkurrenz
© Getty

In Frank Rost hat Hamburgs Charaktertest ein überraschendes erstes Opfer: Mit der Verpflichtung eines neuen Torhüters bricht der HSV alte Hierarchien auf. Auch um Kapitän David Jarolim halten sich hartnäckige Wechselgerüchte.

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Frank Rost tappte etwas unruhig von einem Fuß auf den anderen: "Nein. Ähm. Wirklich nicht. Ich will dazu nichts sagen." Der Torhüter des Hamburger SV holte tief Luft, räusperte sich - und griff dann zur Floskel: "Noch hat sich nichts geändert. Ich bin die Nummer eins. Punkt."

Frank Rost ringt selten um Worte und nimmt noch seltener ein Blatt vor den Mund. Doch die Nachricht, dass die Hamburger einen neuen Torhüter verpflichtet haben, hat den 37-Jährigen offenbar doch leicht aus der Fassung gebracht.

"Wir wollen auf dieser Position Konkurrenz haben", hatte der neue HSV-Trainer Armin Veh beim Trainingsauftakt lapidar erklärt: "Sportchef Bastian Reinhardt hat ihm mitgeteilt, dass wir noch einen Torwart holen wollen."

Drobny kommt

Die Wahl ist auf Jaroslav Drobny von Absteiger Hertha BSC gefallen. Die Berliner bestätigten den Wechsel am Freitag auf ihrer Homepage. Sportlich ist die Verpflichtung eines ablösefreien tschechischen Nationalspielers nach zuletzt zwei starken Jahren in Berlin durchaus nachvollziehbar. Trotzdem überrascht die jüngste Entwicklung nicht nur Frank Rost.

Denn auch die bisherige Nummer eins des HSV gehörte in den letzten Jahren regelmäßig zu den besten Torhütern Deutschlands, trug zeitweise die Kapitänsbinde und war für die Fans fast eine Art sakrosankte Symbolfigur, ein Denkmal für ehrliche Arbeit und Identifikation.

Rosts Vertrag läuft zum Saisonende aus; dass er wirklich das Risiko eingeht, sich ein Jahr lang auf die Bank zu setzen und sich so reichlich ruhmlos vom Profifußball zu verabschieden, kann sich in Hamburg kaum jemand vorstellen. Sollte Drobny wirklich kommen, wird sich Rost wohl verabschieden - und vermutlich nicht ganz geräuschlos.

Frank Rost intern in der Kritik

Dass sich die neue sportliche Leitung damit gleich in den ersten Tagen der Saison eine ziemlich komplizierte Baustelle aufmacht, hat offenbar nicht nur sportliche Gründe, sondern zusätzlich eine politische Dimension: Das Verhältnis zu den Klub-Oberen ist belastet.

Zum ersten Mal geriet Rost intern in die Kritik, als er sich öffentlich gegen Roman Grill als neuer HSV-Sportchef aussprach - der Wunschkandidat der Vorstände Bernd Hoffmann und Katja Kraus. In der Vorbereitung auf das Europa-League-Halbfinale gegen Fulham sorgte er erneut für Schlagzeilen, als er ohne Absprache mit Mannschaft und Trainern einen kleinen Kreis von Spielern ins Kino einlud. Nach einem Rüffel von Bruno Labbadia trat er schließlich trotzig aus dem Mannschaftsrat zurück.

Rost distanziert sich von der Mannschaft

Und auch wenn Rost während der charakterlosen Auftritte der Mannschaft in der abgelaufenen Saison öffentlich oft als Fels in der Brandung angesehen, hat er im Team nicht nur Freunde. Mit seiner oft zynischen "früher war alles besser"-Attitüde distanzierte er sich zuletzt zusehends von der Mannschaft.

Bernd Hoffmann hatte im Frühjahr angekündigt, er werde aus der peinlichen Rückrunde des HSV seine Schlüsse ziehen und den Kader genauestens auf Sekundärtugenden wie Mentalität, Loyalität und Teamfähigkeit hin überprüfen - und Rost scheint dabei als erster durchgefallen zu sein.

"Wir hatten nach Saisonende ein sehr offenes, aber auch sehr ehrliches Gespräch miteinander", sagt Katja Kraus. Angeblich war es auch ein durchaus heftiges Gespräch - das am Ende ohne gemeinsamen Nenner blieb. Dafür erhält Rost nun die Quittung und auf der steht "Jaroslav Drobny".

HSV bricht alte Hierarchien auf

Es sieht so aus, als würde der HSV bewusst versuchen, die Hierarchien im Kader aufzubrechen und die Gruppendynamik innerhalb der Mannschaft zu beeinflussen: Ein notwendiger Schritt für den ebenso notwendigen Neuaufbau. So hat auch Guy Demel den Charaktertest nicht bestanden, Reinhardt hat ihn bereits wissen lassen, "ihm bei einem Angebot keine Steine in den Weg legen zu wollen."

Und schließlich hält sich auch seit einigen Wochen das Gerücht, Kapitän David Jarolim hätte bei Armin Veh einen schweren Stand. "Er wird beim HSV bleiben. David Jarolim steht nicht zur Disposition", dementierte Pressesprecher Jörn Wolf zwar hartnäckige Wechselgerüchte. Und tatsächlich zweifelt auch niemand in Hamburg an der Integrität des 31-jährigen Musterprofis.

Allerdings scheint der Trainer sportlich seine Zweifel zu haben. Das offenkundige Interesse am Berliner Gojko Kacar gilt dafür ebenso als Indiz wie Vehs Idee, Piotr Trochowski zum Sechser umzuschulen.

Allerdings: Noch haben die Hamburger keinen Transfer abgeschlossen. Und Jarolim galt schon vor dem Amtsantritt von Bruno Labbadia als Streichkandidat - am Ende war er der letzte, der dem Trainer noch Gefolgschaft leistete.

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