"Andersen-Entlassung kam aus dem Nichts"

Von Interview: Haruka Gruber
Jörn Andersen (M.) führte Mainz zum Aufstieg. Nach dem Pokal-K.o. wurde er jedoch entlassen
© Imago

Die erste Trainer-Entlassung der Bundesliga-Saison ist perfekt - dabei wurde noch kein einziges Spiel ausgetragen. Nach dem 1:2-Pokal-Aus in Lübeck entließ der FSV Mainz 05 überraschend seinen Trainer Jörn Andersen.

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"Wir haben als Mainz 05 ein klares Anforderungsprofil, wie ein Trainer mit der Mannschaft und im Verein arbeiten soll. Unsere Stärken sind Teamwork, die Nähe zur Mannschaft und die interne Kommunikation", sagte Manager Christian Heidel.

"Unser Ansatz und der von Jörn Andersen haben nicht mehr übereingestimmt, weil der Trainer sich in eine andere Richtung entwickelt hat." Nachfolger wird der bisherige U-19-Coach Thomas Tuchel, der beim Aufsteiger einen Zweijahresvertrag bis zum 30. Juni 2011 erhält.

Wenige Minuten nach Andersens Rauswurf erreichte SPOX Innenverteidiger Niko Bungert am Telefon. Der mehrfache deutsche Junioren-Nationalspieler, dem in Lübeck die zwischenzeitliche Führung gelang, spricht über die Stimmung in der Kabine und das angeblich zerrüttete Verhältnis zwischen Andersen und der Mannschaft.

SPOX: Herr Bungert, wie haben Sie von Jörn Andersens Entlassung erfahren?

Niko Bungert: Wir wurden um 12.30 Uhr angerufen. Dabei wurde uns mitgeteilt, dass Jörn Andersen nicht mehr unser Trainer ist. Für mich kommt die Entlassung aus dem Nichts. Ich habe nichts geahnt.

SPOX: Wie wurde die Entlassung erklärt?

Bungert: Uns wurde gesagt, dass sie nichts mit der Pokalniederlage zu tun hat. Das war die einzige Info. Offenbar haben andere Gründe eine Rolle gespielt. Es wäre ja auch zu einfach gewesen, alles nur an einem Spiel festzumachen.

SPOX: Was könnten die wahren Gründe sein?

Bungert: Ehrlich gesagt weiß ich es nicht.

SPOX: Angeblich war das Verhältnis zwischen der Mannschaft und Andersen zerrüttet. Als Indiz wurde der jüngste Vorfall herangezogen, als Andersen aus Disziplinargründen private Fotos aus den Spinden der Spieler entfernen ließ.

Bungert: In den Medien wurde es eindeutig übertrieben dargestellt. Die Stimmung nach dem Pokal-Aus war gedrückt, aber es ging nie so aufgeheizt zu, wie es dargestellt wurde. Ich glaube auch nicht, dass es zwischen dem Trainer und den Spielern zu einem Bruch gekommen ist. Nicht nur ich finde es sehr schade, dass er weg ist.

SPOX: Ein zweiter Vorwurf: Andersen habe zu hart trainieren lassen, weswegen die Mainzer Verletztenmisere erst ausgelöst worden sei.

Bungert: Das ist nicht nachzuvollziehen. Weder Andersen noch sein Trainingsprogramm können doch etwas dafür, wenn Aristide Bance an Malaria erkrankt oder Srdjan Baljak vom Fahrrad stürzt und sich das Schlüsselbein bricht. Natürlich ist es anstrengend gewesen, aber mindestens 90 Prozent aller Ausfälle sind nicht auf das Training zurückzuführen.

SPOX: Hat sich Andersen womöglich mit Manager Christian Heidel überworfen?

Bungert: Da habe ich zu wenig Einblick, um darüber urteilen zu können.

SPOX: Andersens Nachfolger wird wohl Thomas Tuchel, der die Mainzer U 19 zur deutschen Meisterschaft geführt hat. Wer ist Tuchel?

Bungert: Ehrlich gesagt kenne ich ihn nicht wirklich. Ich hatte bisher noch keinen Kontakt zu ihm - außer, dass ich ihn hier und da auf dem Trainingsplatz gesehen habe.

SPOX: War Andersen als Trainer zu hart? Braucht der FSV einen Jürgen-Klopp-Typ?

Bungert: Schwer zu sagen, ich bin ja erst nach Mainz gekommen, als Jürgen Klopp schon weg war. Auf jeden Fall kam ich mit Herrn Andersen sehr gut zurecht, nicht umsonst hat er mich aus Offenbach nach Mainz mitgenommen. Ich finde es sehr bedauerlich - aber jetzt müssen wir als Mannschaft gemeinsam das Geschehene abhaken und uns auf den Bundesliga-Start konzentrieren. Jetzt gibt es keine Ausreden.

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