Der tiefe Graben

Von Johannes Blumau
Sander, Petrik
© Getty

München - Es gehört zum Geschäft, dass Bundesligatrainer in die Kritik geraten. 

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Es gehört auch zum Geschäft, dass Bundesligatrainer entlassen werden, wenn sich der erwartete Erfolg nicht einstellen will. Doch was sich dieser Tage um den FC Energie Cottbus abspielt, verwundert den Außenstehenden dann doch.

Die Infragestellung von Erfolgscoach Petrik Sander nach dem verpatzten Saisonstart erschreckte sogar die Konkurrenz. Felix Magath, Franz Beckenbauer und Armin Veh ergriffen öffentlich Partei für den 46-Jährigen. 

Viele Namen im Gespräch

Am Sonntagvormittag verkündete der FC Energie Cottbus dann auf einer Pressekonferenz die Trennung von Sander. Einen Nachfolger präsentierte der Verein noch nicht. Vorerst wird Assistenztrainer Thomas Hoßmang das Training leiten. Namen kursierten schon viele. Nach SPOX-Informationen sind Falko Götz, Jörg Berger, Winfried Schäfer, Wolfgang Wolf und Energie-II-Coach Heiko Weber im Gespräch. Das "ZDF" nannte Michael Frontzeck, Jürgen Kohler und Lothar Matthäus.

Dass Sander in Cottbus einen schweren Stand hat, wusste die Republik seit der vorletzten Woche. Die "Sport-Bild" hatte von einem Quasi-Ultimatum für den Trainer berichtet und unter Berufung auf "höchste Klub-Kreise" über dessen Ablösung spekuliert.

Das war vor dem Stuttgart-Spiel, das 0:3 verloren ging. Zum Schicksalsspiel wurde dann die Partie gegen Wolfsburg gemacht. Energie unterlag am Samstag 1:2.

Spät in der Nacht 

"Es gibt eine klare Festlegung, dass sich bei einer Niederlage die Gremien zusammensetzen und es um 21 Uhr eine Pressemitteilung gibt, wie es weitergeht", erklärte Manager Steffen Heidrich wiederholt in einem etwas hölzernen Live-Interview mit Premiere.

Mehr wollte sich der Ex-Profi nicht entlocken lassen. Und Sander wusste zeitgleich nicht, woran er war: "Ich gehe von gar nichts aus", sagte er.

Gegen 23 Uhr war es dann soweit, dass die Meldungen von der ersten Trainerentlassung der Saison über den Äther gingen.

Keine Kommunikation

Petrik Sander wird seit geraumer Zeit gewusst haben, dass seine Zukunft im Fußball-Geschäft nicht in Cottbus liegt. Zu tief ist der Graben zwischen ihm und dem starken Mann beim FC Energie, Präsident Ulrich Lepsch.

In der Vergangenheit kaschierte der Erfolg die Unvereinbarkeit der beiden eigenwilligen Charaktere, die laut eines Insiders kein gutes, aber auch kein schlechtes Verhältnis zueinander haben, sondern gar keines.

Kommunikation finde zwischen den beiden "Dickköpfen" nicht statt. Selbst über den großen Erfolg im vergangenen Frühjahr, als Energie drei Spieltage vor Saisonschluss schon den Klassenerhalt perfekt machte, tauschte man sich nicht persönlich aus.

Der Klub-Chef bedachte das kleine sportliche Wunder mit einer SMS.

Heftiges Sommergewitter 

Im Sommer entluden sich die Spannungen, als Sander mit den Umständen seiner gescheiterten Vertragsverlängerung an die Öffentlichkeit ging und damit Stimmung im Umfeld in eigener Sache machte.

Auch beim Verkauf der beiden Topstars Radu und Munteanu nach Wolfsburg war von einer gemeinsamen Sprachregelung nichts zu spüren.

Altes Establishment 

Im November 2004 übernahm Sander den Posten des Cheftrainers bei Energie. Er bewahrte den Klub vor dem Abstieg in die Regionalliga, schaffte im Jahr darauf den Aufstieg und dann zuletzt den Klassenerhalt. Immer übertraf die Mannschaft dabei die allgemeinen Erwartungen um Längen. 

Er gehörte zum alten Cottbuser Establishment, um den früheren Präsidenten Dieter Krein, Manager Klaus Stabach und den Kult-Trainer Eduard Geyer, denen Lepsch vorwarf, den Verein fast in den Ruin getrieben zu haben.

Mit der Ablösung von Sander hätte Lepsch, der an der Entmachtung des alten Präsidiums um Krein maßgeblich beteiligt war, den Verein, den er im Mai 2005 hochverschuldet übernahm und der inzwischen schwarze Zahlen schreibt, komplett umgekrempelt.

Es war abzusehen, wer den Machtkampf gewinnen würde. Aber das gehört nun mal zum Geschäft.

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