Formel 1 - Kommentar zu Kimi Räikkönens Aus bei Ferrari: Der falsche Zeitpunkt

Kimi Räikkönen (r.) und sein Nachfolger bei Ferrari, Charles Leclerc.
© getty

Kimi Räikkönen wird Ferrari nach Saisonende verlassen und 2019 für Sauber an den Start gehen. Im Tausch steigt Charles Leclerc zur Scuderia auf und wird damit Sebastian Vettels künftiger Teamkollege. Eine richtige Entscheidung zum falschen Zeitpunkt, meint SPOX-Redakteur Dominik Geißler.

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Seit seiner Rückkehr zu Ferrari 2014 zog Kimi Räikkönen gegen seine Teamkollegen stets den Kürzeren. Erst fuhr ihm Fernando Alonso um die Ohren, anschließend sah er gegen Sebastian Vettel kein Land.

Während Vettel bislang 13 Siege im Ferrari-Dress feierte, wartet Räikkönen seit rund fünfeinhalb Jahren vergeblich auf einen Triumph. Nicht umsonst wurde die Liaison zwischen der Scuderia und dem Iceman daher jährlich in den Medien für so gut wie beendet erklärt, nur damit der Rennstall dann doch im zwölfmonatigen Turnus den Vertrag verlängerte.

Bis jetzt.

Noch sieben Rennen darf Räikkönen für die Italiener bestreiten, dann schließt sich für ihn das Kapitel Ferrari nach insgesamt acht Jahren. Er wird sein Cockpit mit Nachwuchsfahrer Charles Leclerc tauschen und zu Sauber wechseln. Ein Schritt, der für Ferrari grundsätzlich Sinn macht, aber - je nachdem, wie man es nimmt - zu früh oder zu spät kommt. Auf jeden Fall aber zum falschen Zeitpunkt.

Räikkönen diente in den letzten Jahren oft nicht mal mehr als Nummer-zwei-Fahrer. Während sich Vettel im Weltmeisterschaftsduell gegen Lewis Hamilton die Zähne ausbiss, gelang es dem Finnen viel zu selten, der Konkurrenz von Mercedes wertvolle Zähler zu entreißen. Wäre Räikkönen vor die Tür gesetzt worden, er hätte sich nicht beschweren dürfen.

Kimi Räikkönen bei Ferrari aktuell in Topform

Doch nun? Fährt der 38-Jährige plötzlich so gut wie lange nicht. Er stand 2018 in Monaco und Monza auf der Pole und hätte beim Italien-GP um ein Haar gewonnen. Zumindest aber zeigte er gegen Hamilton einen spektakulären Fight um den Sieg. Mit einer Motivation, die man in der Vergangenheit selten beim Schweiger aus Espoo sah.

Ja, Räikkönen erlebt im Spätherbst seiner Karriere einen zweiten Frühling - und ist dabei fast schon zu gut unterwegs. Er fährt streckenweise auf Augenhöhe mit Vettel, war mit seiner Pole in Italien einer von mehreren Faktoren, warum der Heppenheimer mit Hamilton kollidierte und nahm diesem jetzt schon mehrere Punkte aus der Hand. Das könnte Vettel die WM kosten. Ein strategischer Fehler allerdings von Ferrari, das im Gegensatz zu Mercedes (bislang) auf eine Stallorder verzichtet. Räikkönen kann man hier nichts vorwerfen.

Einen Fahrer trotz schwacher Ergebnisse immer wieder mit einem neuen Vertrag zu beschenken, ihn dann aber im Moment seines Leistungshochs auszuquartieren, hinterlässt folglich mehr als nur ein Fragezeichen.

Kimi Räikkönens Formel-1-Bilanz seit 2014

Saison

WM-Punkte

Endplatzierung

2018*

164

3.

2017

205

4.

2016

186.

6.

2015

150

4.

2014

55

12.

*Saison noch nicht beendet.

Charles Leclercs Aufstieg kommt zu früh

Dem Vernehmen nach soll der kürzlich verstorbene Fiat-Manager Sergio Marchionne noch den Transfer von Leclerc zu Ferrari einfädelt haben. Angeblich wollte man den Ex-Präsidenten nicht posthum um seinen Willen bringen. Zudem ist mit Nicolas Todt der Sohn von FIA-Präsident Jean Todt der Manager von Leclerc - bei einem Wechsel-Veto befürchtete Ferrari womöglich politische Nachteile.

Nichtsdestotrotz geht Ferrari mit dem Fahrertausch ein unnötiges Risiko. Beim Gesamtpaket Räikkönen kennt man den Inhalt. Als Fan-Liebling und Freund von Vettel hatte er wichtige Fürsprecher auf seiner Seite. Er ist Teamplayer, stellt sich im Zweifelsfall hinten an und sorgt für gute Stimmung im Team.

Ob der aufstrebende Leclerc ebenso gut mit Vettel harmoniert, bleibt abzuwarten. Daniel Ricciardo hat gezeigt, dass der viermalige Weltmeister durchaus seine Probleme mit hochtalentierten Youngstern haben kann. Der Australier wechselte 2014 bei Red Bull und rüttelte so lange an Vettels Status, bis dieser entnervt zu Ferrari flüchtete.

Auf der anderen Seite: Sollte Leclerc nach ein paar Monaten nicht mit Vettel mithalten, werden die als nicht gerade zimperlich bekannten italienischen Medien den Monegassen und auch Ferrari hinterfragen. Wie groß der Druck bei den Roten ist, weiß Leclerc. Nicht umsonst versprach er am Dienstag: "Ich werde härter denn je arbeiten, um euch nicht zu enttäuschen."

Ein zusätzliches Jahr mehr bei Sauber hätte bei diesem Plan wohl geholfen.

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