Cockpitschutz Halo spaltet die Formel 1: Der "Alien" auf meinem Auto

SID
Der Cockpitschutz Halo steht in der Kritik.
© getty

Am ersten Testtag in Barcelona feierte der neue Cockpitschutz Halo seine Premiere unter Wettkampfbedingungen.

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Toto Wolff würde am liebsten kurzen Prozess machen. "Wenn man mir eine Kettensäge gibt, schneide ich den Halo einfach ab", sagte der Mercedes-Motorsportchef bei der Präsentation des neuen Silberpfeils. Auch Weltmeister Lewis Hamilton mag sich nicht so recht mit dem "Alien" anfreunden, der die Sicherheit in der Formel 1 weiter erhöhen soll - und den der Engländer am Montag beim Auftakt der Testfahrten aus seinem Cockpit genau in Augenschein nehmen konnte.

Keine Frage, die Fahrzeugdesigner haben sich alle Mühe gegeben, den vom Weltverband FIA oktroyierten Titanbügel harmonisch in den Look der neuen Boliden einzufügen. Beim neuen Ferrari von Sebastian Vettel etwa - der Heppenheimer greift in Barcelona erst am Dienstag ins Lenkrad - ist der "Heiligenschein" genauso knallrot wie weite Teile des SF71H. Besser kaschieren kann man den Cockpitaufsatz kaum. Und doch bleibt der Halo ein Zankapfel in der Formel 1.

Denn in Zeiten der Digitalisierung und des sich wandelnden Konsumverhaltens kämpft auch die Motorsport-Königsklasse um jeden Fan. Gerade die Altvorderen fürchten durch Einführung des Halo einen weiteren Verlust an Attraktivität. "Fürchterlich, der Halo ist der größte Rückschritt", sagt etwa der dreimalige Weltmeister Niki Lauda: "Jeder soll sich entscheiden, ob er einen Kiosk aufmachen oder in der Formel 1 fahren will."

Der 69-jährige Lauda, seit 2012 Aufsichtsratsboss beim Mercedes-Team, fuhr noch in einer Zeit, als der Tod an den Rennstrecken allgegenwärtig war. Die immanente Gefahr machte den Sport aber auch sexy. In der modernen Formel 1 gehen selbst heftigste Unfälle oft glimpflich aus, seit dem Tod des legendären Ayrton Senna vor fast 24 Jahren in Imola starb allein Jules Bianchi an den Folgen eines Rennunfalls.

Hamilton: "Wir werden uns daran gewöhnen"

Und Studien legen den Schluss nahe, dass auch der Halo den Franzosen nicht gerettet hätte, als dieser beim Japan-Grand-Prix 2014 mit seinem Wagen auf regennasser Strecke unter ein Bergungsfahrzeug rutschte.

Dennoch, und das räumt jeder Halo-Kritiker wenigstens mit einem Halbsatz ein, gibt es vom Sicherheitsaspekt kaum Argumente gegen die Einführung eines Cockpitschutzes. Laut einer FIA-Studie soll die Überlebenschance durch den Halo in verschiedenen Unfallszenarien um 17 Prozent steigen, weil die zwei seitlichen Titanstreben, die mittig im Sichtfeld des Fahrers zusammenlaufen, größere Teile oder Reifen effektiv aufhalten können.

"Am Anfang sieht es seltsam aus, aber so ist das bei Regeländerungen. Wir werden uns daran gewöhnen", sagte Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas. Er gehört zu den Fahrern, die sich mit den Gegebenheiten arrangiert haben.

Hülkenberg: "Ich fühle mich nicht sicherer"

Doch es gibt weiter Widerstand. Renault-Pilot Nico Hülkenberg erklärte am Montag nach 73 absolvierten Runde zwar, dass er sich in der Sicht "nicht behindert gefühlt" habe. Allerdings wollte der Emmericher nicht von seinem Gesamturteil abrücken: "Der Halo sieht immer noch grässlich aus, ich fühle mich auch nicht sicherer dadurch. Wegen mir kann er weg."

Der "Heiligenschein" fristet ein Dasein auf Bewährung in der Formel 1 - zumal der rund 14 kg schwere Halo auch das Fahrverhalten der Boliden verändert. Deswegen war am Montag die Zeit für Experimente angebrochen, fast alle Teams schickten ihre Piloten mit kleinen Flügeln auf dem Titanbügel auf den Circuit de Catalunya.

Bleibt der Widerstand gegen den Halo aber groß, wird die FIA alternative Systeme testen. Das wäre nicht nur im Sinne von Toto Wolff, der sagt: "Die Sicherheit der Fahrer ist wichtig, aber wir brauchen etwas, das besser aussieht."

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