"Mich kriegt man nicht klein"

Von Alexander Mey
Timo Glock, Toyota
© Getty

München - Wer die ersten Interviews von Timo Glock nach dem Deutschland-GP liest, kann kaum fassen, dass dort derselbe Mann spricht, der nur wenige Stunden zuvor mit voller Wucht in die Boxenmauer geknallt ist.

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"Supergut geht's mir, ich habe nicht einmal Muskelkater", sagte Glock bestens gelaunt der "Bild"-Zeitung. "Mich kriegt man eben nicht so schnell klein."

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"Timo kann viel öfter wieder aufstehen"

Sich nicht so schnell klein kriegen lassen. Das ist nicht nur das Motto nach diesem Unfall, es ist die Einstellung, die Timo Glock über weite Umwege zurück in die Formel 1 geführt hat.

"Timo kann nach Rückschlägen viel öfter wieder aufstehen als andere", beschreibt sein Manager Hans-Bernd Kamps Glock im Gespräch mit SPOX.com. Harte Zeiten bei den Champ Cars in den USA und in der Nachwuchsschmiede GP2 haben aus Glock einen noch härteren Kämpfer gemacht als er ohnehin schon war.

Toyota von Glocks Ehrgeiz überrascht

Als "Terrier" bezeichnet ihn Toyota-Chefingenieur Dieter Gass, weil er sich so lange an einem Problem festbeißt, bis er es gelöst hat.

"Am Anfang haben die Ingenieure schon komisch geschaut, als ich zehn Mal in vier Wochen im Werk in Köln war", beschreibt Glock im Gespräch mit SPOX.com die Reaktionen im Team auf seinen Ehrgeiz.

"Mittlerweile haben sie sich aber an meine Einstellung gewöhnt", erklärt Glock weiter. "Sie klopfen mir zwar nicht alle fünf Minuten auf die Schultern, aber ab und zu spürt man die Anerkennung."

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Ehrlich währt am längsten

Es ist schwer zu sagen, wer von den momentan fünf deutschen Stammfahrern das größte Talent hat. Fest steht aber, dass es Glock in Sachen Ehrgeiz und Fleiß mit allen anderen aufnehmen kann.

Dazu kommt eine nahezu entwaffnende Ehrlichkeit. "Timo zeichnet sich dadurch aus, dass er Fehler zugeben kann", sagt Manager Kamps und erklärt, woher Glock seine mentale Stärke nimmt.

"Man braucht klare Fakten, um sagen zu können: Ich kann das nicht. Solche Fakten gibt es bei Timo nicht, also kann er es."

"Ich stehe zu meinen Zielen"

Alles ist möglich. Das hat sich Glock wohl auch gesagt, als er im Vorfeld zum Deutschland-GP verlauten ließ, er wolle 2010 Weltmeister werden. Und das, obwohl er dann erst in seinem dritten Formel-1-Jahr und wahrscheinlich nicht im besten Team wäre.

"Ich muss mir Ziele setzen", hält Glock denjenigen entgegen, die sich über seinen Übermut lustig gemacht haben. "2010 werde ich mich dann hinsetzen und sehen, ob ich mein Ziel erreicht habe, oder warum ich es nicht geschafft habe. Ich stehe zu meinen Zielen. Die einen belächeln das, andere finden es aber auch gut."

Glock setzt alte Binsenweisheit außer Kraft

Gut ist, dass sich Glock nicht unterkriegen lässt. Immerhin hat er allein durch seine Rückkehr in die Formel 1 eine uralte Binsenweisheit ad absurdum geführt. "They never come back", sagt man im Allgemeinen. Wer einmal aus der Formel 1 draußen ist, schafft es nie wieder zurück.

Glock ist zurückgekommen. "Wenn man aus einem Job rausfliegt, weil man es einfach nicht packt, dann mag es sein, das man nie mehr zurückkommt. Wenn man aber sagt: Ich muss mich woanders noch weiterentwickeln, komme dann aber wieder, dann ist das etwas anderes", erklärt Kamps die Beweggründe dafür, dass Glock die Formel 1 2004 nach kurzer Zeit wieder verlassen hat.

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Toyota ist "genau das richtige Team"

Jetzt ist der gereifte Glock bei Toyota gelandet, laut Kamps "genau das richtige Team für Timo". Dort ist er mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet und genießt Vertrauen und Anerkennung.

Wenn da nur nicht der starke Teamkollege wäre. Jarno Trulli ist in der Form seines Lebens und lässt Glock vor allem im Qualifying allzu oft älter aussehen als ihm das lieb ist.

Doch dafür hat Glock eine plausible Erklärung: "Viele haben schon nach zwei Rennen erwartet, dass ich Jarno schlage. Doch da muss man mal die Kirche im Dorf lassen. Viele vergessen nämlich auch, dass das meine erste komplette Formel-1-Saison ist."

Jetzt fehlt nur noch der Durchbruch

Das vergisst man in der Tat ab und zu, wenn man Glock so reden hört, als sei er bereits ein erfahrener Pilot.

Er wirkt eben nicht wie ein blutjunger Welpe, der vorsichtig versucht, seine ersten Schritte zu gehen. Eher wie besagter Terrier, immer bissig, immer hellwach.

Jetzt muss er nur noch auf den richtigen Moment warten, die Gelegenheit zum Durchbruch - und dann ganz fest zubeißen.

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