Der lachende Dritte

Von Alexander Mey
ferrari, bmw-sauber, mclaren
© xpb

München - Ferrari ist beim Frankreich-GP an diesem Wochenende der Favorit Nummer eins auf den Sieg.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Roten führen mit 73 Punkten die Konstrukteurswertung an und blicken auf eine glanzvolle Serie in Magny-Cours zurück. Seit Beginn der Schumacher-Ära 1996 haben die Roten sieben von zwölf Rennen gewonnen und 16 von 36 Podestplätzen geholt.

2007 fuhren die Roten einen souveränen Doppelsieg ein, Kimi Räikkönen gewann vor Felipe Massa. Lewis Hamilton wurde im McLaren-Mercedes hinter den beiden Dritter.

"In den vergangenen Jahren lagen unserem Auto die Strecken in Frankreich und Großbritannien immer besser als dem McLaren", sagte Massa vor dem achten Saisonlauf. "Aber ich denke, das kann man in diesem Jahr nicht mehr so sagen. Denn abgesehen von ein paar anderen Faktoren gibt es da das BMW-Team als Variable in der Gleichung."

Kubica führt WM an

BMW-Sauber stellt mit Robert Kubica nach sieben Rennen den Führenden in der Fahrerwertung und liegt auch in der Konstrukteurs-WM nur drei Punkte hinter Ferrari auf Platz zwei.

Die Weiß-Blauen sind mittendrin im WM-Kampf, obwohl sie eigentlich nicht das Auto dazu haben. Dem F1.08 fehlen nach wie vor pro Runde zirka zwei Zehntelsekunden auf den Speed von Ferrari und McLaren.

Favoriten leisten sich Totalausfälle

Dennoch ist das Team der lachende Dritte, weil es das Optimum aus seinem Auto herausholt, selbst keine Fehler macht und von Pleiten, Pech und Pannen der großen Gegner profitiert.

Hamilton und Massa haben sich schon zwei Totalausfälle geleistet, Räikkönen, den geerbten achten Platz aus Melbourne eingeschlossen, sogar fast schon drei. Kubica sah dagegen nur in Australien nicht die Zielflagge, sonst war er immer mindestens Vierter.

"Wir setzen das, was wir können, mit einer erstaunlichen Konstanz in Punkte um", zitiert das Fachmagazin "auto, motor und sport" Teamchef Mario Theissen.

Seine Devise: "Eigene Stärken nutzen und bei Fehlern der Konkurrenz zur Stelle sein. Mit dieser Einstellung sehe ich eine gute Chance, die Erwartungen auch in dieser Saison zu übertreffen."

Erste Gedanken an den Titel

Erfüllt sind die Erwartungen, zur Spitze aufzuschließen und ein Rennen zu gewinnen, schon. Jetzt geht es um mehr. "Wenn wir weiter konstant punkten und vom Speed zu Ferrari und McLaren aufschließen können, warum sollten wir dann nicht Weltmeister werden?", sagte Kubica. "Manchmal gewinnt nicht der schnellste Fahrer mit dem schnellsten Auto die WM, sondern der konstanteste Fahrer - und in dieser Position sind wir im Moment."

Bei Theissen hört sich das noch deutlich defensiver an, aber auch in seinen Worten schwingt eine Menge Selbstbewusstsein mit: "Wer nach sieben Rennen an der Spitze der Fahrerwertung liegt, der steht dort nicht durch Zufall. Wir werden jetzt sicher nicht nachlassen, sondern richtig Gas geben. Über das Resultat unterhalten wir uns dann am Saisonende."

Planung für 2009 durcheinander geworfen

Ein Problem hat BMW-Sauber allerdings. Der unerwartete Erfolg weckt interne Begehrlichkeiten. Wenn man schon an der Spitze dran ist, will man den Kampf auch bis zum Ende austragen.

Verständlich, aber es wirft die komplette Planung für die kommende Saison durcheinander. Eigentlich wollte BMW-Sauber jetzt schon damit anfangen, intensiv am Auto für die Saison 2009 zu bauen. Ein wesentlicher Teil der Ressourcen sollte dafür abgezogen werden.

Jetzt sieht das ein bisschen anders aus. "Ich gebe alles für den Titel und erwarte, dass mein Team hundertprozentig hinter mir steht", forderte Kubica.

Und das Team gehorcht. "Wir müssen diskutieren, ob wir nicht Entwicklungskapazität für das 2009er Auto opfern, um das aktuelle schneller zu machen", sagte Theissen. "Wir werden vor allem im Bereich Aerodynamik die verfügbare Kapazität sehr genau und themenbezogen einteilen."

Vorbereitung auf 2009 wichtig wie nie

Eins ist klar: Wenn BMW-Sauber in der Entwicklung des aktuellen Autos nur einen Deut nachlässt, dann ist der WM-Zug ganz schnell abgefahren. Ferrari und McLaren werden nicht mehr oft Fehler machen. Um sie mit nur 95 Prozent Einsatz schlagen zu können, sind sie viel zu stark.

Eine zu späte Fokussierung auf die kommende Saison kann dagegen langfristige Folgen haben. Denn gerade auf die Saison 2009 muss man wegen neuen Antriebs-Konzepts, stark beschnittener Aerodynamik und Rückkehr zu Slicks besonders gut vorbereitet zu sein.

Schwieriger Spagat

Der Spagat zwischen konservativer Weiterentwicklung des Teams und dem Traum vom großen WM-Coup ist groß. Nun ist genau die Bodenständigkeit gefragt, die ein Schweizer-bayerisches Team von Natur aus eigentlich haben sollte.

"Das ganze Team ist hoch motiviert und will den bisherigen Erfolgen weitere hinzufügen. Wir werden deshalb aber nicht unsere Linie verlassen", lautet das Credo von Mario Theissen.

Klingt irgendwie bodenständig.

Artikel und Videos zum Thema