"Ich frage mich, ob das alles stimmt"

Von Interview: Martin Gödderz
2009 wurde Dennis Endras zum Rookie des Jahres in der DEL gewählt
© Getty

Dennis Endras ist der Shootingstar im deutschen Eishockey. Noch vor zwei Jahren spielte er in der zweiten Liga. Mittlerweile ist er wertvollster Spieler der Weltmeisterschaft, DEL-Vize-Meister und kommender NHL-Torwart.

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Kurz vor dem Saisonstart in die für Endras letzte DEL-Saison sprach SPOX mit dem bodenständigen Goalie über dessen besondere Verbindung zu Augsburg, den Traum NHL und die fantastische Weltmeisterschaft.

SPOX: In gut einer Woche startet die neue DEL-Saison. Spüren Sie schon wieder die Vorfreude, bald auf dem Eis zu stehen?

Dennis Endras: Ja klar, die Vorbereitung macht sehr viel Spaß, weil viele neue Jungs da sind und wir uns gerade noch kennenlernen. Ich bin auf jeden Fall heiß darauf, dass es bald los geht. Wir müssen uns mit Augsburg aber noch zwei Tage länger gedulden, weil wir gegen Kassel gespielt hätten.

SPOX: Was können Sie bisher über neuen Kollegen sagen und wie schätzen Sie die Mannschaft in diesem Jahr ein?

Endras: Es ist immer sehr aufregend, wenn die ganzen neuen Spieler kommen. Natürlich braucht man auch ein bisschen Zeit, um sich alle neuen Namen merken zu können, aber das ist ja normal. Die neuen Spieler sind allerdings alle gut drauf, menschlich so wie auf dem Eis.

SPOX: Welche Ziele haben Sie mit den Panthern in der neuen Saison?

Endras: Ich denke, dass wir auch dieses Jahr wieder erfolgreich sind, sicher kann man sich aber nie sein. Die Liga ist noch enger zusammengerückt gegenüber dem letzten Jahr und jeder Punkt zählt. Wir müssen einfach schauen, dass wir die Spiele gewinnen. Ziel ist letztlich Platz 10.

SPOX: Platz 10 wäre also als Erfolg zu bewerten?

Endras: Kein Mensch in Augsburg rechnet jetzt damit, dass wir Deutscher Meister werden. Wir haben im letzten Jahr selbst erlebt, dass man auch, wenn man in die Pre-Playoffs muss, weit kommen kann. Ist man erstmal in den Playoffs, ist alles machbar.

SPOX: Sie gehen in Ihre vorerst letzte DEL-Saison und werden im nächsten Jahr den Sprung in die NHL zu den Minnesota Wild wagen. Dort haben Sie auch bereits einen Vertrag unterschrieben. Fällt es da nicht schwer, die volle Konzentration auf die DEL zu lenken?

Endras: Nein, absolut nicht. Ich habe hier noch ein Jahr Vertrag. Das wusste ich auch schon vorher, unabhängig vom Vertrag in der NHL. Ich konzentriere mich ganz normal auf die neue Saison und mache mir keinen Kopf, was nächstes Jahr ist. Ich hoffe sogar, dass mich der NHL-Vertrag ein bisschen beflügeln wird.

SPOX: Die NHL bewegt sich auf einem ganz anderen Niveau und in Minnesota haben Sie mit Niklas Bäckström starke Konkurrenz. Wurde Ihnen von Anfang an klar gemacht, dass Sie nur als Backup eingeplant sind oder trauen die Verantwortlichen in Minnesota Ihnen mehr zu?

Endras: Es ist eigentlich ganz egal, um welches NHL-Team es sich handelt. Jedes Team hat gute Torhüter, da muss ich mich natürlich erstmal hinten anstellen. Aber es ist ein nächster Schritt in meiner Karriere. Ich hoffe, dass ich das Beste daraus mache und mich dort durchbeißen kann. Vielleicht bin ich irgendwann mal ein erster Torhüter in der NHL. Mehr Gedanken mache ich mir dazu aber noch nicht, ich konzentriere mich jetzt erstmal auf Augsburg.

SPOX: Wären Sie auch bereit den Weg über die Minor League zu gehen?

Endras: Ich denke mal, dass jeder Spieler da durch muss. Das wäre okay. Ich hoffe, dass ich mich dann mit guten Leistungen ins Rampenlicht spielen kann.

SPOX: Sie waren bereits im Rookie-Camp der Minnesota Wild und konnten Stadt sowie Kollegen kennenlernen. Welchen Eindruck haben Sie?

Endras: Der erste Eindruck war durchweg positiv. Minnesota ist eine sehr schöne Stadt. Der Manager und der gesamte Trainerstab waren sehr nett und alle kamen sofort auf mich zu. Ich hatte gar nicht das Gefühl, dass ich nicht dazugehöre oder die Verantwortlichen eingebildet wären, nur weil sie eben aus der NHL kommen. Der gesamte Rahmen hat gepasst. Ich kann nichts Schlechtes berichten.

SPOX: Wie ist Ihr derzeitiger Kontakt nach Minnesota? Telefonieren Sie regelmäßig mit den Verantwortlichen?

Endras: Klar haben wir Kontakt, aber das hält sich in Grenzen. Wenn, dann habe ich mit den Sekretärinnen Kontakt, weil die noch einige Unterlagen von mir brauchen. Sportlich wird wenig diskutiert, sie lassen mich hier in Ruhe spielen. Der Torwarttrainer kommt zwei- bis dreimal im Jahr nach Augsburg, beobachtet mich und arbeitet mit mir, was auch nicht schlecht ist.

SPOX: Stellen wir uns mal vor, dass Niklas Bäckström sich schwer verletzt und auch Backup Josh Harding länger ausfällt. Wäre es möglich, dass Sie bereits früher nach Minnesota wechseln könnten?

Endras: Um ehrlich zu sein, weiß ich das selbst gar nicht. Mir wurde natürlich erklärt, dass es nicht so weit kommen wird. Wenn es aber tatsächlich geschieht, dann weiß man nicht, was dann passiert. Ich hoffe in diesem Fall natürlich, dass ich schon ein paar Spiele in der NHL kriege. Das ist aber alles noch ungewiss.

SPOX: Die Minnesota Wild gastieren für zwei Pflichtspiele und ein Freundschaftsspiel in Europa. Werden Sie auch da anwesend sein?

Endras: Ja, es ist auf jeden Fall geplant, dass ich nach Finnland fliege, um das Team besser kennen zu lernen und schon einmal in den NHL-Alltag hinein zu schnuppern. Meine genauere Rolle für diese Zeit ist aber noch nicht geklärt.

SPOX: Nach Ihren eindrucksvollen Leistungen hatten Sie sicher nicht nur ein Angebot aus der NHL. Warum haben Sie sich ausgerechnet für Minnesota entschieden?

Endras: Es stimmt, dass ich viele Gespräche mit NHL-Klubs hatte. Mein einziger Wille bei allem war, ein weiteres Jahr in Augsburg zu spielen, war ich dem Verein und der Stadt viel zu verdanken habe. Die Tatsache, dass Minnesota eines der einzigen Teams war, welches dazu bereit war, mich jetzt schon unter Vertrag zu nehmen und in Augsburg zu parken, war dabei ausschlaggebend. Außerdem ist es eben so, dass man bei bestimmten Menschen ein besseres Gefühl hat als bei anderen.

SPOX: Ilja Kowaltschuk, Dany Heatley, Rick Nash. Was sagen Ihnen diese Namen?

Endras: Das sind alles sehr gute Eishockeyspieler...

SPOX: Und nebenbei haben sie alle schon einmal den Titel als wertvollster Spieler einer Weltmeisterschaft erhalten. Genau wie Sie! Haben Sie mittlerweile eigentlich realisiert, was Sie mit dem Team und auch persönlich bei der WM erreicht haben?

Endras: Nicht wirklich. Es ist zwar jetzt schon einige Monate her, aber es ist noch immer alles zu viel. Das unglaubliche Auftaktspiel auf Schalke, der vierte Platz, das All-Star-Game, die Ernennung zum MVP und davor die Vize-Meisterschaft mit Augsburg. Besser hätte man es nicht schreiben können. Ich denke oft zurück und frage mich, ob das alles stimmt. Auch meine Familie fasst sich nur noch an den Kopf, wie schnell alles ging. Es ist einfach noch immer nicht zu glauben.

SPOX: Wie viel haben Ihnen denn Spieler wie Christian Ehrhoff bereits von der NHL erzählt und welche Eindrücke haben Ihre deutschen Teamkollegen von den USA?

Endras: Eigentlich habe ich wenig mit ihnen darüber gesprochen, weil ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht in Betracht gezogen hatte, irgendwann mal in der NHL zu spielen. Nach meinen ersten Kontakten in den USA habe ich mich aber natürlich noch einmal bei meinen Teamkollegen erkundigt. Das war praktisch.

SPOX: Sie haben also auch generell viel Kontakt zu den Kollegen aus der deutschen Nationalmannschaft?

Endras: Auf jeden Fall. Mit dem größten Teil habe ich ständig Kontakt. Sei es über Facebook oder über Handy. Außerdem ist die Eishockey-Welt so klein, dass man sich immer über den Weg läuft.

SPOX: Ihre ganze Karriere geht einen sehr steilen Weg nach oben. Es ist gar nicht so lange her, dass sie noch in unteren deutschen Ligen gespielt haben. Wie empfinden sie die letzten Jahre persönlich?

Endras: Vor sieben Jahren habe ich noch in der Bayernliga Eishockey gespielt und bin erst mit 18 das erste Mal von meiner Heimat weg. Da wusste ich nicht, wohin meine Reise geht. Mein großer Traum war es immer bei meinem Heimatverein, dem ERC Sonthofen, in der ersten Mannschaft zu spielen. Dass ich jetzt DEL-Torhüter in Augsburg geworden bin und mittlerweile einen NHL-Vertrag unterschrieben habe, das kann ich noch immer nicht fassen.